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Das Verlies

Das Verlies

Titel: Das Verlies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Kullmer.
    »Vielleicht eine organisierte Bande oder auch ein Konkurrent. Wir treffen uns um fünf wieder hier«, sagte Durant und gähnte. Ihr fehlte heute der Elan, das trübe Wetter trug auch nicht dazu bei, ihre Stimmung aufzuhellen, der wenige Schlaf der letzten Wochen machte sich körperlich bemerkbar. Sie ging wortlos neben Hellmer zum Parkplatz. Um zwanzig vor zehn hielten sie neben einem BMW Z8 vor Beckers Kanzlei in Sachsenhausen. Ein kühler Wind wehte von Norden durch die Stadt, der Himmel war seit gestern bedeckt.

Donnerstag, 7.30 Uhr
    Rolf Lura war seit wenigen Minuten wach. Er fühlte sich wie aufgedreht, hatte einige Dinge zurechtgelegt, die er in den nächsten Stunden brauchen würde, und er hatte ausgiebig gefrühstückt. Es hatte ihm selten so gut geschmeckt wie heute. Er strich sich über den Bauch, rülpste laut und warf immer wieder einen Blick auf seine Frau und Werner Becker, deren Köpfe noch immer nach vorne hingen, die Augen geschlossen. Ich hab wohl doch ein bisschen zu viel von dem Schlafmittel reingetan, dachte er grinsend, während er sich eine Zigaretteansteckte und sich zurücklehnte. Das Radio spielte, sie hatten in den Nachrichten in einer kurzen Meldung von dem verschwundenen Autohändler Rolf Lura berichtet, worüber er sich köstlich amüsierte. Er rauchte genüsslich, während seine Augen wie magisch auf den beiden Angeketteten klebten, die in ihren schlimmsten Albträumen nicht ahnen konnten, was ihnen noch bevorstand. Er freute sich diebisch auf die Zeit, wenn sie endlich aufwachen, aber erst noch eine Weile benommen sein würden, bis sie schließlich den Ernst ihrer Lage erkannten. Gestern Nacht war dies alles für sie noch so irreal und wie ein böser Traum gewesen, doch heute würden sie erkennen, dass dieser Traum bittere Wirklichkeit war. Er drückte die Zigarette aus, ging nach oben und schaute nach draußen. Der Himmel war bedeckt, aber es sah nicht nach Regen aus. Er konnte den Regen riechen wie kaum ein anderer, und er konnte Wolkenformationen deuten. Schon als Kind hatte er sich für alles, was mit der Natur zusammenhing, interessiert. Er hatte viele Bücher über Naturphänomene verschlungen, aber nicht nur darüber, ihn interessierte alles, was in der Welt vor sich ging, wie die Naturgesetze funktionierten, wie das Weltall entstanden war und vieles mehr. Eigentlich wollte er nie das Autohaus übernehmen, aber letztlich hatte ihn seine Mutter, liebevoll, wie sie eben so war, dazu überredet. Sein Traumberuf war Naturforscher oder Entdecker, aber auch Psychologe hätte ihm gelegen. Er hatte neben Betriebswirtschaft auch Psychologie studiert und beide Examen mit magna cum laude abgeschlossen, aber das war für die andern bedeutungslos. Viel wichtiger war seiner Mutter, dass er die Familientradition fortführte und somit das Autohaus übernahm. Und so wendete sich sein Leben in eine Richtung, die er zwar so nicht eingeplant, aber aus der er das Beste gemacht hatte. Seine zündende Idee war, das für jeden Proleten, wie er den Mittelstand und alles, was sich darunter angesiedelt hatte, nannte, zugängliche Autohaus zu einem Geschäft zu machen,dessen Zutritt nur einer bestimmten Klientel gestattet war, nämlich all jenen, für die Geld nur eine angenehme Nebensache war, weil sie ohnehin viel zu viel davon hatten.
    Er war ein Genie, er war eben so geboren worden, und er hatte es verstanden, sein geniales Multitalent, das sich auf viele Bereiche erstreckte, auch in die Tat umzusetzen. Er war besser, schneller, effektiver und schlauer als die anderen, und nur deshalb hatte er es so weit gebracht. Er sagte es sich seit vielen Jahren wieder und wieder und stellte dabei ein ums andere Mal fest, dass er einfach nur Recht hatte. Wer wollte ihm schon sagen, was er zu tun und zu lassen hatte, solange diese Kreaturen nicht in der Lage waren, ihr eigenes Leben auf die Reihe zu bringen? Er war etwas Besonderes, zweifelsohne, doch erst jetzt würde er allen zeigen, wie besonders er war. Er würde ein Schauspiel hinlegen, das sich gewaschen hatte, ein Spiel, um das ihn jeder Roman- und Drehbuchautor beneiden würde. Sein Plan war so perfekt, so durchdacht, dass keiner ihm auf die Schliche kommen würde, sein Spiel so geschickt, dass die Polizei auch in hundert Jahren noch denken würde, er sei ein armes Opfer, das sich erst in letzter Sekunde vor dem sicheren Tod retten konnte. In hundert Jahren würde man mit großer Wahrscheinlichkeit eine Straße nach ihm benennen oder eine Schule,

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