Das Verlies
weit von zu Hause weg sein. Möglich, dass sie den Kofferraum ausgelegt hatten, aber ebennicht gründlich genug. Ich schätze, sie haben ihn umgebracht, als er nicht mehr im Wagen war. Doch das ist natürlich nur Spekulation, wie alles, was wir besprechen. Aber gut, sie haben sofort danach Beckers Auto geholt, sind zusammen nach Höchst gefahren, um den Mercedes zu parken, und danach hat Becker die Lura heimgebracht. Das Ganze kann sich innerhalb von nur einer Stunde abgespielt haben. Wann hat Luras Sekretärin bei ihr angerufen?«
»Halb zehn rum«, murmelte Durant. »Solltest du Recht haben, müsste die Leiche von Lura unweit seiner Wohnung im Schwanheimer Wald zwischen Schwanheim und Flughafen zu suchen sein. Dort gibt es viele schwer einsehbare und auch höchstens von Wildschweinen oder Rehen besuchte Stellen. Der Zeitplan müsste dann aber wirklich sehr genau eingehalten worden sein, denn Becker hatte seinen Gerichtstermin auch um halb zehn. Das heißt, es blieb ihm maximal eine halbe Stunde, um von Höchst nach Schwanheim und von dort zum Gericht zu kommen, was um diese Uhrzeit gar nicht so einfach ist.«
»Aber nicht unmöglich«, wurde Durant von Kullmer unterbrochen. »Von der Emmerich-Josef-Straße nach Schwanheim schaffst du es in zehn bis zwölf Minuten. Von dort zum Gericht schätze ich mal zwanzig bis maximal fünfundzwanzig Minuten. Vielleicht ist er fünf Minuten zu spät gekommen, aber das lässt sich doch herausfinden, oder? Als Erstes würde ich ihn fragen.«
»Das werden wir tun. Aber wie wir alle wissen, lässt sich ein Verbrechen zwar sehr exakt planen, doch an der Ausführung hapert es meistens. Was, wenn nur eine Kleinigkeit dazwischengekommen wäre? Sagen wir ein Stau, oder sie hatten sich eine Stelle ausgesucht, wo sie Lura entsorgen konnten, aber mit einem Mal waren dort völlig unerwartet Leute. Einen solchen Zeitplan so genau einzuhalten erscheint mir beinahe unmöglich. Irgendwer müsste doch was gemerkt haben. Und noch was – die Lura muss den Terminkalender ihres Mannes gekannt haben, und sie muss auch gewusst haben, dass seine Sekretärin sofortanruft, wenn er sich verspätet. Es war ein Spiel mit der Zeit, wenn’s die beiden denn waren.«
»Julia«, sagte Hellmer, »wir haben es doch schon mit Verbrechen zu tun gehabt, wo wir uns gefragt haben, wie der Täter uns derart an der Nase rumführen konnte. Wir haben alle Varianten durchgespielt, und der Täter war uns eine ganze Weile immer einen Schritt voraus. Bis er einen Fehler gemacht hat. Das Problem ist nur, Lura ist aller Wahrscheinlichkeit nach keinem Serienkiller zum Opfer gefallen, sondern es handelt sich bei ihm um eine Einzeltat, von der wir bis jetzt nicht wissen, aber wenigstens ahnen können, wer sie ausgeführt hat. Knöpfen wir uns Becker noch mal vor. Es wird zwar verdammt schwer werden, aber bisher haben wir jede Nuss geknackt. Wenn wir ihm nachweisen können, dass er eine Affäre mit der Lura hat, wird’s verdammt eng für die beiden. Ich werde jedenfalls nicht lockerlassen …«
»Und wenn die beiden keine Affäre haben, was dann?«, fragte Durant trocken.
»Wie schon gesagt, dann fangen wir wieder bei null an. Und jetzt lass uns fahren, ich will ein bisschen Spaß haben.«
»Deinen morbiden Humor möchte ich haben …«
»Den braucht man bei unserem Job, oder, Chef?«, sagte er grinsend und sah Berger an, der sich das Grinsen ebenfalls nicht verkneifen konnte.
»Wenn Sie meinen. Hauen Sie schon ab. Aber trampeln Sie nicht wie eine wild gewordene Elefantenherde in Beckers Kanzlei herum.«
»Hat die Spurensicherung sonst noch was im Mercedes gefunden?«
»Fingerabdrücke. Aber die werden uns nicht viel weiterhelfen, denn von seiner Frau und seinem Sohn sind mit Sicherheit welche dabei und wahrscheinlich auch von andern Personen. Ansonsten Fehlanzeige.«
»Also gut, dann wollen wir mal«, sagte Durant und erhob sich.»Auf zu Becker.« Sie warf einen Blick auf die Uhr und meinte: »Er müsste jetzt eigentlich schon in der Kanzlei sein, oder?«
»Außer er hat einen Gerichtstermin.«
»Was für ein Anwalt ist er überhaupt?«, wollte Durant wissen.
»Wirtschafts- und Steuerrecht«, antwortete Hellmer. »So’n richtig blasierter Anwalt eben.«
»Ciao und bis später. Peter und Doris, ihr beide vernehmt noch mal alle Angestellten von Lura und versucht herauszufinden, ob es nicht doch jemanden gibt, der ihn aus dem Weg haben wollte.«
»Und an welche Möglichkeit denkst du nun dabei?«, fragte
Weitere Kostenlose Bücher