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Das Verlies

Das Verlies

Titel: Das Verlies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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davon war er überzeugt. Nein, keine hundert Jahre, dachte er, während er sich eine weitere Zigarette anzündete, es dauert höchstens vierzig oder fünfzig Jahre. In mir steckt noch viel mehr als nur der große Autoverkäufer. Ich werde mich noch stärker um die Armen und Schwachen kümmern, werde soziale Einrichtungen mit meinem Geld unterstützen und dabei selbst noch reicher werden, denn ich werde auch andere Reiche von meinen wohltätigen Plänen überzeugen, sie werden bei mir investieren, ich werde expandieren und so weiter. Aber erst muss ich mir diese Teufelsbrut hier vom Hals schaffen.
    Sein Blick war weiterhin auf seine beiden Opfer gerichtet. Er hoffte, sie würden bald die Augen aufmachen, und wenn nicht,dann wollte er nachhelfen. Ach Mama, wenn du das hier sehen könntest, du wärst stolz auf mich. Aber du hast dieses Haus so ja noch nie gesehen, diese Gegend ist eben nicht deine Gegend. Ich weiß ja, welch fürchterliche Erinnerungen du hier begraben hast, aber irgendwer muss dieses Grab doch pflegen. Und ich tue das. Ich tue das alles nur für dich. Du hast mir so viele Dinge beigebracht, du warst immer für mich da, wenn ich dich brauchte. Sicher, manchmal habe ich nachgeholfen, wenn du nicht gleich gekommen bist, aber das hat doch seit jeher zu meinem Spiel gehört, und das weißt du genau. Und im Laufe der Zeit habe ich gelernt, es zu vervollkommnen – bis zur Perfektion. Leider werde ich dir nie von diesem unglaublichen Triumph erzählen können, denn auch du wirst älter, und alte Menschen verplappern sich leicht. Also muss ich das hier ganz allein erledigen. Ich bin gespannt, was die Polizei sagen wird, denn die denken ja, dass Werner und Gabi mich umbringen wollten. Und doch werde ich von den Toten auferstehen wie Phönix aus der Asche, und dann fängt das Leben erst richtig an.
    Er schenkte sich ein Glas Wasser ein, trank in kleinen Schlucken und lachte auf. Er legte eine CD von AC/DC ein und drehte die Lautstärke bis zum Anschlag. »Highway to Hell«. Der ganze Raum vibrierte, ein Krach, der selbst Tote zum Leben erwecken musste. Seine Frau bewegte sich als Erste, zunächst die Arme, dann der Kopf, den sie langsam hob, der aber wie von allein wieder nach vorne fiel. Er ging zu ihr und stellte sich vor sie, fasste sie am Kinn und sagte leise: »Hallo, Schatz, Zeit, um aufzustehen.«
    Sie öffnete die Augen und sah ihn anfangs wie durch einen Nebel, bis die Konturen immer klarer wurden. Sie riss an den Handschellen. Ihre Hände und Arme waren taub von der unnatürlichen Stellung, die sie die ganze Nacht über eingenommen hatte, an ihren Handgelenken waren breite rote Streifen, ihr ganzer Körper schmerzte.
    »Mach mich los, bitte«, flüsterte sie mit heiserer Stimme.
    »Wie bitte?«, schrie er, beugte sich nach unten und grinste dabei. »Ich kann dich nicht hören, die Musik ist so laut!«
    Er ging zur Anlage und stellte sie aus. Er konnte diese Musik sowieso nicht leiden, nur dieses eine Lied.
    »Mach mich los, bitte«, wiederholte sie ihre Worte.
    »Mach mich los, mach mich los! Nein, mein kleiner Liebling, ich kann dich nicht losmachen. Das ist die Strafe dafür, dass du mich verraten hast. Und du weißt, einen wie mich betrügt man nicht. Und du schon gar nicht. Hast du Durst?«
    Sie schüttelte den Kopf wie ein trotziges kleines Kind, obgleich ihr Mund und ihr Hals wie ausgetrocknet waren.
    »Natürlich hast du Durst, du musst sogar einen gewaltigen Durst haben. Hier, ich hab schon etwas für dich vorbereitet, davon wirst du garantiert wach. Und keine Angst, ich will euch nichts tun, ich bin ja kein Unmensch. Ich will euch nur eine Lektion erteilen.«
    Nachdem er die Handschelle der rechten Hand gelöst hatte, um sie gleich darauf um die Eisenstange einschnappen zu lassen, reichte er ihr den Becher. Sie trank ihn schnell leer. Allmählich kam sie zu sich, sah ihren Mann mit kaltem Blick an und sagte: »Du willst uns eine Lektion erteilen? Und wie soll die aussehen? So wie immer?« Sie konnte sich den spöttischen Unterton nicht verkneifen, doch im Gegensatz zu sonst schlug er diesmal nicht zu, sondern reagierte mit einem zynischen Lachen.
    »O nein, Liebste, nicht wie immer. Du solltest inzwischen wissen, dass ich ein innovativer Mensch bin, ständig auf der Suche nach etwas Neuem. Ich liebe die Herausforderung, und dies ist eine. Aber wollen wir nicht erst mal deinen lieben Freund und … Stecher wecken? Ich frage mich, wie er so lange schlafen kann. Na ja, ich werd ihn schon wach

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