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Das Verlies

Das Verlies

Titel: Das Verlies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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nicht mehr, ich habe kaum geschlafen, und wenn,dann haben mich fürchterliche Träume gequält. Und als mich Frau Antonioni angerufen hat, da war mir klar, dass meine Träume wahr geworden sind. Träume lügen nicht, das hat mir schon meine Großmutter gesagt. Und sie hat Recht behalten. Ich habe schon immer Dinge geträumt, die letztlich auch eingetreten sind. Und vergangene Nacht war es besonders schlimm. Entschuldigen Sie, aber das wollen Sie bestimmt nicht von mir hören. Ich bin einfach nur durcheinander. Werner und Gabriele! Ich habe geahnt, dass da eine andere ist, aber ich wollte mich nicht damit auseinander setzen. Und jetzt habe ich die Quittung dafür bekommen. Ich hatte zuerst Frau Antonioni in Verdacht, schließlich ist sie eine mehr als attraktive Frau, und ganz ehrlich, ich hätte es ihm nicht einmal verübelt. Gut, so war es eben Gabriele, mit der er geschlafen hat. Ich hätte mit Werner darüber sprechen müssen, vielleicht wäre dann alles noch glimpflich abgelaufen. Aber so?« Sie zuckte mit den Schultern, wirkte aber erstaunlich gefasst, nachdem sie sich vom ersten Schock erholt zu haben schien.
    Julia Durant fielen erst jetzt die Bilder an den Wänden auf, die etwas Magisches hatten, sie war beeindruckt von den kräftigen Farben, den sanft gezeichneten Gesichtern, die allesamt melancholisch wirkten und dennoch nicht lebensüberdrüssig.
    »Von wem stammen diese Bilder? Sie gefallen mir.«
    »Die Bilder sind von mir. Ich habe Kunst studiert, bevor ich Werner kennen lernte. Wir haben ziemlich schnell geheiratet. Und als dann Verena kam, habe ich angefangen, hier zu Hause zu malen. Mit dem Pinsel kann ich viel mehr sagen als mit dem Mund, das ist mein großes Manko. Bilder leben nicht, sie drücken nur etwas aus. Genau wie Bücher oder Musik.«
    »Wie alt sind Sie, wenn ich fragen darf?«
    »Vierunddreißig. Das ist noch kein Alter, oder? Werner ist zehn Jahre älter. Er war ein wundervoller Mann, der nie zornig wurde. Manchmal hat mich das zur Weißglut getrieben, diese stoische Ruhe, dieses alles Hinnehmen, aber ich habe zu spät erkannt,dass er eine Menge Ballast mit sich herumgetragen hat und auch eine Menge geschluckt hat, ohne es zu verdauen. Und das nur wegen mir.«
    »Frau Becker, Sie sollten nicht so streng mit sich ins Gericht gehen. Und mit vierunddreißig sind Sie noch sehr jung und können noch viel erleben.«
    »Glauben Sie vielleicht, ich würde jetzt an die Zukunft denken? Sicher, mein Leben fängt jetzt wohl oder übel neu an, aber ich möchte nur zu gerne wissen, wie dieser Anfang aussehen wird. Bis jetzt ist das alles nur wie ein böser Traum. Aber ich werde nicht aufwachen und denken, es war ja nur ein Traum. Es ist ein Scheißleben.«
    »Sie werden es trotzdem schaffen. Haben Sie jemanden, der in den nächsten Tagen hier bei Ihnen sein kann? Eltern zum Beispiel?«
    »Meine Mutter könnte herkommen. Mein Vater ist zu beschäftigt, er ist im Vorstand einer großen Bank und ständig in der Weltgeschichte unterwegs. Aber meine Mutter kommt bestimmt gerne. Sie wohnt auch nicht weit von hier in Sachsenhausen.«
    »Das ist gut. Am besten rufen Sie sie gleich an.«
    »Warum?«
    »Tun Sie’s bitte, es gibt mir persönlich ein besseres Gefühl.«
    »Machen Sie sich etwa Sorgen, ich könnte mir etwas antun?«, fragte Corinna Becker mit einem undefinierbaren Lächeln.
    »Ich hatte schon mit solchen Fällen zu tun und mache mir noch heute Vorwürfe deswegen.«
    »Keine Angst, ich würde meine Kinder nie im Stich lassen. Aber um Sie zu beruhigen …« Sie stand auf und telefonierte kurz mit ihrer Mutter, ohne den Grund des Anrufs zu nennen. »Sie wird in wenigen Minuten hier sein. Zufrieden?«
    »Ja. Eine andere Frage – hat sich Ihr Mann in den letzten Tagen auffällig verhalten? War er nervöser als sonst, oder wirkte er abwesend?«
    »Nein, er war wie immer. Eine solche Veränderung hätte ich bei ihm sofort gespürt.«
    »Sagen Sie, wie gut kennen Sie Herrn Lura?«
    »Er war oft hier. Werner und Rolf sind oder besser waren gute Freunde. Außerdem war Werner sein Anwalt. Weiß er schon, dass …?«
    Julia Durant überlegte, ob sie ihr die volle Wahrheit sagen sollte, und entschied sich, es zu tun.
    »Haben Sie heute noch keine Zeitung gelesen? Oder hat Ihr Mann Ihnen nichts erzählt?«
    »Nein, ich habe weder Zeitung gelesen noch die Nachrichten gehört. Und was soll mein Mann mir erzählt haben?«
    »Herr Lura ist vorgestern verschwunden und als vermisst gemeldet worden. Und wie es

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