Das verlorene Gesicht
Familie größere Gefahr drohte als Vandalismus. Er musste Vertrauen schaffen. Und dann einen Weg finden, ihren Widerstand zu überwinden und sie auf seine Seite zu ziehen. Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und fing an, die Möglichkeiten durchzuspielen.
»Hallo.« Margaret steckte ihren Kopf durch die Tür des Labors. »Die Leute, die das Labor einrichten sollen, sind da. Können Sie Ihren Platz eine Stunde lang räumen und sie ihre Arbeit machen lassen?«
Eve runzelte die Stirn. »Ich sagte doch, dass es nicht nötig ist.« »Das Labor ist nicht perfekt. Deshalb ist es nötig. Ich mache keine halben Sachen.« »Aber nur eine Stunde.« »Ich habe ihnen gesagt, dass Sie nicht behelligt werden wollen und dass sie ihr Geld nicht kriegen, wenn sie länger brauchen. Und außerdem müssen Sie was essen.« Sie sah auf die Uhr. »Es ist fast sieben. Wollen Sie mit mir eine Suppe und ein Sandwich essen, solange wir warten?« »Ich komme gleich.« Sie legte das Brett mit Mandys Knochen vorsichtig in die oberste Schreibtischschublade. »Sagen Sie ihnen, sie sollen den Schreibtisch nicht anrühren.« »Natürlich.« Margaret wandte sich ab und verschwand. Eve nahm ihre Brille ab und rieb sich die Augen. Eine Pause würde ihr wahrscheinlich gut tun. Sie hatte in mehreren Stunden nur bescheidene Fortschritte gemacht und ihre Frustration wuchs. Aber ein kleiner Fortschritt war besser als gar keiner. Nach dem Essen würde sie die Arbeit wieder aufnehmen. Sie traf im Flur auf sechs Männer und zwei Frauen, die bunte Kissen, Sessel und Teppiche trugen, und sie musste sich an die Wand drücken, um nicht überrollt zu werden. »Hier lang.« Margaret nahm sie beim Arm, manövrierte sie um zwei Männer herum, die einen zusammengerollten Teppichboden schleppten, und geleitete sie in die Küche. »Das Unternehmen ist nicht so gewaltig, wie es aussieht. Eine Stunde, ich versprech’s.« »Ich hab ja keine Stoppuhr. Ein paar Minuten mehr oder weniger spielen keine Rolle.« »Geht’s Ihnen nicht gut?«, fragte Margaret mitfühlend. »Zu schade.« Sie betraten die Küche und Margaret wies auf die zwei gedeckten Plätze am Küchentisch. »Ich habe Tomatensuppe und Käsesandwiches gemacht. Ist das okay?« »Prima.« Eve nahm Platz und breitete ihre Serviette auf dem Schoß aus. »Ich bin nicht besonders hungrig.« »Ich verhungere fast, aber ich bin auf Diät und bemühe mich, brav zu sein.« Sie setzte sich Eve gegenüber und betrachtete sie vorwurfsvoll. »Sie haben offensichtlich noch nie in Ihrem Leben eine Diät gemacht.« Eve lächelte. »Tut mir Leid.« »Das soll es auch.« Sie langte nach der Fernbedienung für das Fernsehgerät, die auf der Anrichte lag. »Stört es Sie, wenn ich den Fernseher anschalte? Der Präsident gibt eine Pressekonferenz. John hat mich gebeten, sie aufzunehmen, mir alles anzuhören und ihm zu berichten, wenn es etwas Interessantes gibt.« »Ich hab nichts dagegen.« Eve fing an zu essen. »Wenn es Sie nicht stört, dass ich mich nicht darum kümmere. Politik interessiert mich nicht.« »Mich auch nicht. Aber John ist ziemlich besessen davon.« »Ich habe nur von den Spendengeschichten gehört. Glauben Sie, er will selbst in die Politik?« Margaret schüttelte den Kopf. »Er würde den Schwachsinn nicht ertragen.« Sie blickte einen Moment zum Fernseher. »Chadbourne ist verdammt gut. Er strömt buchstäblich Wärme aus. Wussten Sie, dass man ihn den charismatischsten Präsidenten seit Reagan nennt?« »Nein. Er hat eine große Aufgabe und Charisma erledigt die Arbeit nicht.« »Aber es kann einem helfen, gewählt zu werden.« Sie wies mit dem Kopf zum Fernseher. »Sehen Sie sich ihn an. Alle meinen, er könnte dieses Mal den Kongress für sich gewinnen.« Eve sah hin. Ben Chadbourne war ein großer Mann Ende vierzig mit einem ansehnlichen Gesicht und grauen Augen, die vor Lebenslust und Humor sprühten. Er beantwortete die Frage eines Reporters mit einer freundlichen Frotzelei. Der Saal brach in Gelächter aus. »Beeindruckend«, bemerkte Margaret. »Und Lisa Chadbourne ist auch nicht gerade ein armes Würstchen. Haben Sie ihr Kostüm gesehen? Valentino, wette ich.« »Keine Ahnung.« »Eher kein Interesse.« Margaret verzog das Gesicht. »Also, mich interessiert’s. Sie nimmt an jeder Pressekonferenz teil und das Einzige, was mich dabei anmacht, ist zu sehen, was sie anhat. Irgendwann werde auch ich so dünn sein, dass ich solche Kostüme tragen kann.« »Sie ist sehr attraktiv«, stimmte Eve zu.
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