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Das verlorene Ich

Das verlorene Ich

Titel: Das verlorene Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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spitzbübisch.
    Diesmal gab sie das Tempo vor, ein geradezu atemberaubendes, und Landers meinte, ihr Schrei müßte die Toten drüben auf dem Friedhof aus ihrer Ruhe schrecken.
    »Durst?« fragte sie keuchend, nachdem sie neben ihn geglitten war. Ihre Hand verschwand neben dem Bett und kam mit einer geöffneten Flasche Krimsekt wieder zum Vorschein, die sie ihm hinhielt.
    »Nein«, wehrte er ab, »darauf nicht.«
    Sie setzte die Flasche an den Mund. Schäumend perlte ihr der Sekt über Lippen und Kinn, rann weiter über ihren Hals bis hin zu ihren Brüsten. Landers' Finger verrieben das Naß auf ihren Brustwarzen, die sich unter der Kühle und den Berührungen verhärteten.
    »Nicht schon wieder«, ächzte sie lächelnd, entwand sich ihm und lief hinaus auf den Balkon, nackt wie sie war.
    Er folgte ihr. Der Anblick ihrer Kehrseite, die sie ihm provozierend entgegenhielt, während sie sich auf das schmiedeeiserne Gelände stützte, ließ Landers' Glied sich von neuem aufrichten. Er trat hinter sie, drang in sie ein, rührte sich aber weiter nicht.
    Gemeinsam blickten sie hinüber zu den Gräbern des Peres-Lachai-se. Schweigend, eine ganze Weile lang.
    »Möchtest du mich noch immer an Vautier ausliefern?« fragte Hector Landers schließlich. Natürlich kannte er ihre Antwort. »Nein«, sagte sie denn auch, »sicher nicht.« »Und wenn ich dich darum bitten würde?« »Warum solltest du das tun?«
    »Vielleicht, weil ich mich mit Vautier unterhalten möchte«, sagte Landers. »Und wo?«
    Hector Landers starrte hinab auf den Peres-Lachaise .
    *
    Stunden waren vergangen. Stunden, in denen Alain Bruneaus Unbehagen sich stetig gesteigert hatte, bis an die Grenze des Unerträglichen und schließlich darüber hinaus. Obgleich nichts geschehen war, das dieses Unbehagen gerechtfertigt hätte.
    Es lag allein an seiner Gegenwart. Als hinge ihm noch immer ein spürbarer Hauch jener Kälte an, in der er Jahre zugebracht hatte. Sah man jedoch davon ab, daß er unnatürlich bleich war - ganz so eben, wie jemand aussehen mußte, der seit langer Zeit von keinem Sonnenstrahl berührt worden war -, wirkte er wie ein Mensch.
    Er .?
    Es!
    Bruneau war dem Anschein zum Trotz nicht bereit, diese Kreatur auch nur in Gedanken als Menschen zu bezeichnen. Es war ein Wesen, das seine Menschlichkeit eingebüßt hatte und zu etwas anderem geworden war. Zu einem Geschöpf, nichts weiter.
    »Sehen Sie, Ihre Befürchtungen waren unbegründet«, meinte Gior-dan Vautier lächelnd. Seit einer halben Stunde saß er nun schon hin-ter seinem riesigen Schreibtisch und tat kaum etwas anderes, als die Kreatur anzustarren, die sie erweckt hatten. Das Wesen schien seinen Blick zu erwidern, tatsächlich jedoch mochte es so sein, daß der Blick dieser eisfarbenen Augen durch alles hindurchging. Gesprochen hatte das Wesen auch noch kein Wort. Was seine Unheimlichkeit, jedenfalls für Alain Bruneau, nur noch verstärkte.
    »Vielleicht ist es ja noch nicht ganz aufgetaut«, versuchte er sich mit einem müden Scherz, den Vautier mit einer flüchtigen Bewegung seiner Lippen quittierte, weit entfernt von einem Lächeln.
    »Es - wie das klingt«, meinte er dann. »Er hat sich doch sehr zu seinem Vorteil verändert. Sehen Sie ihn sich an.«
    Bruneau erinnerte sich natürlich daran, daß sie auch diesen Mann - oder vielmehr den Mann, der dieses Wesen einmal gewesen war -am Ufer der Seine aufgelesen hatten: stinkend und schmutzig, in Lumpen gekleidet. Insofern hatte Vautier nicht einmal so unrecht; der Anzug, den das Geschöpf jetzt trug, saß zwar nicht ganz wie maßgeschneidert, aber er trug sein Teil dazu bei, über das wahre Wesen der Kreatur hinwegzutäuschen.
    Nur um das ihm unangenehme Thema zu wechseln, deutete Bru-neau zum Telefon hin.
    »Was, wenn sie sich nicht meldet? Vielleicht ist Landers ihr entkommen und ...«
    Vautier schüttelte sacht den Kopf.
    »Der Engel wird sich melden. Ich bin ganz sicher. Ich spüre, daß dies die Nacht ist, auf die ich lange gewartet habe.«
    Dumpfes Donnergrollen, durch die Spezialglasscheiben gedämpft, untermalte seine Worte dramatisch.
    Und als hätte es nur eines Stichwortes bedurft, schlug das Telefon an.
    Vautier meldete sich mit einem knappen »Ja«, hörte dann nur zu und legte mit einem »Oui« auf.
    »Und?« fragte Bruneau.
    »Sie war es«, nickte Vautier. Sein Gesicht schien sich zu verdüstern, als verändere sich das Licht im Raum.
    »Was hat sie gesagt?«
    »Sie will sich mit uns treffen.«
    »Wo?«
    Giordan Vautier

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