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Das Verlorene Labyrinth

Das Verlorene Labyrinth

Titel: Das Verlorene Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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nicht hier. Madame de l'Oradore und ihr Sohn suchen sie auch. Nach dem, was ich gehört habe, vermute ich, dass sie irgendwo bei Foix festgehalten wird.«
    Auf der untersten Stufe der Treppe drehte Alice sich plötzlich erschreckt um.
    »Will, ich hab meinen Rucksack in der Bibliothek vergessen«, sagte sie entsetzt. »Hinter dem Sofa, zusammen mit dem Buch.« Plötzlich überkam Will der unbändige Wunsch, sie zu küssen. Der Zeitpunkt hätte schlechter nicht sein können, sie waren in etwas verstrickt, was er nicht verstand, und Alice hatte kein wirkliches Vertrauen zu ihm. Und doch erschien es ihm wie das einzig Richtige.
    Ohne zu überlegen, hob Will den Arm und wollte die Hand an ihre Wange legen. Ihm war, als wüsste er genau, wie weich und kühl ihre Haut sich anfühlen würde, als hätte er diese Geste schon zahllose Male gemacht. Doch dann fiel ihm wieder ein, wie sie sich ihm im Café entzogen hatte, und er hielt inne, seine Hand nur Millimeter von ihrer Wange entfernt.
    »Verzeih mir«, sagte er, als könnte Alice seine Gedanken lesen. Sie blickte ihn an, und ein flüchtiges Lächeln huschte über ihr angespanntes und nervöses Gesicht. »Ich wollte dir nicht zu nahe treten«, stotterte er. »Es ...«
    »Es ist nicht wichtig«, sagte sie, aber ihre Stimme klang sanft. Will seufzte erleichtert auf. Er wusste, dass das nicht stimmte. Es war wichtiger als alles auf der Welt, aber zumindest war sie ihm nicht böse.
    »Will«, sagte sie, diesmal ein wenig schärfer. »Mein Rucksack. Da ist alles drin. Alle meine Unterlagen und Notizen.«
    »Ja, klar«, sagte er sofort. »Entschuldige. Ich hol ihn und bring ihn dir ins Hotel.« Er versuchte sich zu konzentrieren. »Wo wohnst du?«
    »Hotel Petit Monarque. Am Place des Epars.« »Alles klar«, sagte er und sprang die Stufen hinauf. »In dreißig Minuten bin ich da.«
    Will drehte sich noch einmal um und sah ihr nach, bis sie um die Ecke verschwunden war, dann trat er ins Haus. Unter der Tür zum Arbeitszimmer war Licht zu sehen.
    Plötzlich öffnete sich die Tür, und Will sprang dahinter, drückte den Rücken gegen die Wand. Fran c ois-Baptiste kam heraus und ging Richtung Küche. Will hörte, wie die Tür zum Durchgang aufschwang und wieder zufiel, dann nichts mehr.
    Will drückte das Gesicht an den Türspalt, spähte hindurch und sah Marie-Cecile. Sie saß an ihrem Schreibtisch und betrachtete etwas, etwas, das glänzte und das Licht einfing, wenn sie es bewegte.
    Als Marie-Cecile aufstand und eines der Gemälde an der Wand hinter ihr abnahm, vergaß Will, was er eigentlich vorhatte. Es war Marie-Ceciles Lieblingsgemälde. Sie hatte ihm einmal alles darüber erzählt, ganz am Anfang ihrer Beziehung. Es war ein goldenes Ölbild mit leuchtenden Farbtupfen, das französische Soldaten darstellte, wie sie die umgestürzten Säulen und Palastruinen des Alten Ägyptens bestaunen. »Blick auf das Sandmeer der Zeit - 1799«, das wusste er noch. Aber mehr auch nicht.
    In der Wand hinter dem Bild war eine kleine schwarze Metalltür eingelassen und daneben ein elektronisches Tastenfeld. Sie tippte sechs Zahlen ein. Ein helles Klicken ertönte, und der Safe öffnete sich. Marie-Cecile nahm zwei schwarze Päckchen heraus und legte sie behutsam auf den Schreibtisch. Als sie die Päckchen öffnete, versuchte Will angestrengt, etwas zu erkennen.
    Er war so konzentriert, dass er die Schritte hinter sich nicht wahrnahm.
    »Keine Bewegung.«
    »Fran c ois-Baptiste, ich ...«
    Will spürte die kalte Mündung einer Pistole, die ihm in die Rippen gepresst wurde.
    »Und halt die Hände so, dass ich sie sehen kann.«
    Er wollte sich umdrehen, doch Fran c ois-Baptiste packte ihn im Nacken und rammte ihm das Gesicht gegen die Wand. »Qu'est-ce qui se passe?«, rief Marie-Cécile.
    Fran c ois-Baptiste versetzte ihm noch einen Schlag.
    »Je m'en occupe«, sagte er. Ich habe alles im Griff.
     
    Alice sah wieder auf die Uhr.
    Er kommt nicht.
    Sie stand an der Rezeption des Hotels und starrte auf die Glastür, als könnte sie Will aus dem Nichts herbeizaubern. Fast eine Stunde war vergangen, seit sie die Rue du Cheval Blanc verlassen hatte. Sie wusste nicht, was sie machen sollte. Portemonnaie, Handy und Autoschlüssel hatte sie in der Jackentasche. Alles andere war im Rucksack. Ihr Name, ihre Anschrift.
    Egal. Mach, dass du wegkommst.
    Je länger sie wartete, desto stärker zweifelte sie an Wills Motiven. Die Tatsache, dass er so plötzlich und unerwartet aufgetaucht war. Wieder und wieder

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