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Das Verlorene Labyrinth

Das Verlorene Labyrinth

Titel: Das Verlorene Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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Wiese im Frühling, doch darunter lauerte eine tödliche Gefahr. Einheimische machten einen weiten Bogen um das Gebiet.
    Alaïs kletterte auf einen Baum, um besser sehen zu können. François wusste entweder nicht, wohin Sajhë wollte, oder es war ihm egal, denn er gab seinem Pferd unverdrossen die Sporen. Er holte ihn ein. Sajhë strauchelte und wäre fast gestürzt, doch er konnte sich gerade noch auf den Beinen halten, flitzte im Zickzack durch das Dickicht, stürmte zwischen Brombeerbüschen und Distelsträuchern hindurch.
    Plötzlich stieß François einen Wutschrei aus, der sogleich in Angst umschlug. Sein Pferd war mit den Hinterbeinen im Morast eingesackt. Das Tier schlug panisch mit den Vorderhufen, doch jeder verzweifelte Versuch ließ es nur noch tiefer in den tückischen Schlamm einsinken.
    François warf sich aus dem Sattel und versuchte zum Rand des Sumpfes zu schwimmen, aber sein Körper sank tiefer und tiefer, wurde in den Schlamm hineingesogen, bis nur noch seine Fingerspitzen zu sehen waren.
    Dann trat Stille ein. Es kam Alaïs so vor, als hätten selbst die Vögel aufgehört zu singen. Aus Angst um Sajhë sprang sie von dem Baum, um ihn zu suchen, als er plötzlich auftauchte. Sein Gesicht war aschfahl, seine Unterlippe bebte vor Erschöpfung, und er hielt noch immer das Holzkästchen umklammert.
    »Ich habe ihn in den Sumpf gelockt«, sagte er.
    Alaïs legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Ich weiß. Das war schlau von dir.«
    »War er auch ein Verräter?«
    Sie nickte. »Ich glaube, das wollte Esclarmonde uns sagen.« Alaïs presste die Lippen zusammen, froh, dass ihr Vater nicht mehr hatte erfahren müssen, dass er ausgerechnet von François verraten worden war. Sie verdrängte den Gedanken aus ihrem Kopf. »Aber was hast du dir denn bloß dabei gedacht, Sajhë? Wieso um alles in der Welt hast du das Kästchen bei dir? Das hätte dich fast das Leben gekostet.«
    »Menina hat gesagt, ich soll gut darauf aufpassen.«
    Sajhë spreizte die Finger auf der Unterseite des Kästchens so weit, dass er auf beide Seiten gleichzeitig drücken konnte. Ein helles Klicken ertönte, und nun konnte er das Unterteil so drehen, dass ein flaches Geheimfach zum Vorschein kam. Er griff hinein und nahm ein Stück Stoff heraus.
    »Das ist eine Landkarte. Menina hat gesagt, die würden wir brauchen.«
    Alaïs begriff sofort. »Sie wird nicht mit uns kommen«, sagte sie dumpf, während sie die drohenden Tränen unterdrückte.
    Sajhë schüttelte den Kopf.
    »Aber warum hat sie mir denn nichts gesagt?«, fragte sie mit zittriger Stimme. »Hat sie kein Vertrauen zu mir?«
    »Ihr hättet sie nicht gehen lassen.«
    Alaïs ließ den Kopf nach hinten gegen den Baum sinken. Die Größe der Aufgabe, die vor ihr lag, überwältigte sie. Sie wusste nicht, wie sie ohne Esclarmonde die Kraft finden sollte, das zu tun, was von ihr verlangt wurde.
    Als hätte er ihre Gedanken gelesen, sagte Sajhë : »Ich werde auf Euch aufpassen. Und es wird ja nicht lange dauern. Wenn wir Harif das Buch der Wörter übergeben haben, kommen wir zurück und finden sie. Si es atal es atal.« Es kommt, wie es kommen wird.
    »Wenn wir doch nur alle so klug wären wie du.«
    Sajhë wurde rot. »Da müssen wir hin«, sagte er und zeigte auf die Karte. »Es steht nicht auf der Karte, aber Menina sagt, das Dorf heißt Los Seres.«
    Natürlich. Nicht nur der Name der Hüter, sondern auch ein Ort. »Versteht Ihr?«, sagte er. »In den Sabarthès -Bergen.«
    Alaïs nickte. »Ja, ja«, sagte sie. »Ich glaube, jetzt endlich habe ich verstanden.«

Rückkehr in die Berge

Kapitel 63
Sabarthès -Berge
     
    Freitag, 8. Juli 2005
     
    A udric Baillard saß an einem Tisch aus dunklem, glänzend poliertem Holz in seinem Haus im Schatten des Berges. Die Decke des Hauptraums war niedrig, und der Boden war mit großen quadratischen Platten in der Farbe der roten Bergerde gefliest. Er hatte nur wenig verändert. So weit weg von der Zivilisation gab es keinen Strom, kein fließendes Wasser, keine Autos oder Telefone. Das einzige Geräusch war das Ticken der Uhr, die das Verstreichen der Zeit anzeigte.
    Auf dem Tisch stand eine erloschene Öllampe, daneben ein großes Glas, das fast bis zum Rand mit Guignolet gefüllt war, der seinen feinen Duft nach Alkohol und Kirschen im Raum verbreitete. Am anderen Ende des Tisches standen auf einem Messingtablett zwei Gläser, eine ungeöffnete Flasche Rotwein und eine kleine Holzschale mit pikantem Gebäck, das mit einem weißen

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