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Das verlorene Land

Das verlorene Land

Titel: Das verlorene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Birmingham
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diesen Römern sind nicht weggeblieben, Jed. Mir fällt da zum Beispiel ein gewisser Julius Cäsar ein.«
    Culver schüttelte den Kopf. »Blackstone ist kein Cäsar, genauso wenig, wie MacArthur einer war. Aber er ist auch kein Dummkopf, für den viele in Seattle ihn halten. Mit Politik hatte er nie viel am Hut, genau wie Sie«, fügte er hinzu und deutete auf die Truman-Biografie auf Kippers Sitzplatz. Kipper stellte seine Rückenlehne aufrecht und schaute aus dem Fenster.
    Die Air Force One überflog erneut den Missouri, diesmal auf der östlichen Seite des Stadtzentrums. An den Brücken hingen zahlreiche Lampen. Sie erinnerten Kipper an mit Tautropfen benetzte Spinnennetze in den mondbeschienenen Sommernächten seiner Kindheit. Der Verkehr strömte über die Brücken, während ein Lastkahn mit landwirtschaftlichen Geräten sich auf den wiedererrichteten Hafen am nördlichen Flussufer zu bewegte. Dort würde man die Geräte auf Eisenbahnwaggons umladen und nach Claycomo transportieren, wo sie weiterverarbeitet wurden. Auf dem nördlichen Missouri-Ufer verströmten Straßenlaternen ein gelbliches Licht. Dort wohnten die meisten Bürger der Stadt, die Gegend wurde schlicht Nordstadt genannt. Futuristische Bürotürme und langgestreckte Verwaltungsgebäude strahlten hell vor dem dunklen Himmel.
    Culver warf einen Blick aus Kippers Fenster. »Das ist der Cerner Campus, wo das Territorialgouvernement untergebracht ist. Wenn alles nach Plan geht, wird die Gegend hier sich noch vor den nächsten Wahlen als Heartland-Staat konstituieren. Das könnte nützlich für uns sein.«
    »Cerner? Haben die nicht was mit medizinischer Technologie zu tun?«, fragte Kipper.

    Culver nickte. »Ja, 2003 waren viele ihrer Mitarbeiter in Übersee beschäftigt. Die meisten sind jetzt wieder zurück in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung, aber es sind nicht so viele, dass sie den ganzen Komplex benötigten. Die Territorialregierung hat freie Bürokapazitäten übernommen im Tausch gegen Steuererleichterungen.«
    Kipper fragte sich, wie Culver derart viele Details im Kopf behalten konnte.
    »Guten Morgen, Mr. President und alle Passagiere an Bord der Air Force One«, ertönte die Stimme von Colonel Lowry im Lautsprecher. »Wir landen in Kürze auf dem Charles-B.-Wheeler-Flughafen. Bitte sichern Sie Ihr Gepäck, und bereiten Sie sich auf die Landung vor. Angehörige der Sicherheitstruppe und Crew-Mitglieder bitte auf ihre Posten.«
    »Cäsar oder nicht, was getan ist, ist getan …« Kipper wandte sich vom Fenster ab und schaute seinen Stabschef direkt an. »Die Frage ist nur, was als Nächstes getan werden muss. Die zu beantworten ist Ihre Aufgabe, mein Freund. Ich zähle auf Ihre Verschlagenheit und ihre Intelligenz und gehe davon aus, dass Sie mir einen grandiosen Plan liefern werden.«
    Culver nahm einen Schluck von seinem Bourbon. »Im Augenblick schlage ich vor, gar nichts zu tun. Aber nur für den Moment, während wir uns mit New York befassen. Es gefällt mir gar nicht, wie uns die Situation dort aus den Händen geglitten ist. Das riecht gar nicht gut. Ich habe tatsächlich einige Ideen, was Texas betrifft, aber Sie haben Recht, wir sollten uns zunächst mit dem Piratenproblem beschäftigen. Vor allen Dingen deshalb, weil es sein könnte, dass wir es mit etwas Schlimmerem als nur Piraten in New York zu tun haben.«
    »Aber wenn wir nichts bezüglich der ethnischen Säuberungen in Texas tun, wo wir jetzt doch wissen, was dort passiert, dann sieht das so aus, als wären wir einverstanden,
und man wird uns dafür verantwortlich machen«, sagte Kipper.
    Culver schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht, Mr. President. Nicht angesichts der Kämpfe in New York. Die Leute werden denken, dass sie auf einen günstigen Moment warten, einen Anlass, um einzugreifen.« Culver nippte wieder an seinem Bourbon.
    »Diesen Anlass hat er mir noch nicht geliefert«, sagte Kipper.
    Culver deutete auf die Papiere auf dem unbesetzten Sessel neben dem Präsidenten. »Gibt es in diesen Dokumenten Berichte von Ihren Offizieren? Irgendwelche offiziellen Einschätzungen?«
    Kipper schaute ihn ausdruckslos an. »Nein, wieso? Solche Berichte kann ich natürlich anfordern, denke ich. General Franks wird mir sicherlich alles, was ich haben will, zur Verfügung stellen. Aber was soll das bringen?«
    »Nun, zum einen würden Sie erfahren, was andere Offiziere von Blackstone denken. Seine Personalakte ist ja sehr interessant. Ich habe sie genauestens studiert.

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