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Das verlorene Land

Das verlorene Land

Titel: Das verlorene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Birmingham
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hingegen ist, genau wie ich, nur Journalist. Sein Einfluss hätte niemals genügt, um mir eine sichere Ausreise aus Kuwait nach dem Holocaust zu garantieren.«
    Sie lächelte ihn müde an. »Sadie, du hast meinem Mann einen großen Gefallen getan. Das bedeutet nur, dass ich dir auch etwas schuldig war.«
    »Und deshalb stehe ich nun in deiner Schuld«, sagte Mirsaad in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. »Laryssa, kümmere du dich um die Kinder. Ich werde nicht lange wegbleiben. Ich spreche mit Caitlin darüber, wie ich ihr helfen kann. Wir gehen runter in Ahmets Lokal.«
    Die Alarmglocken im Kopf seiner Frau schienen alle auf einmal zu klingeln, aber bevor sie Einspruch erheben und einen Ehestreit vom Zaun brechen konnte, bewegte sich das Baby und begann zu schreien.
    »Ach, dann geh doch. Aber bleib nicht länger als eine Viertelstunde weg«, sagte sie.
    »Es dauert drei Minuten, bis ich angezogen bin, und fünf, um dorthin zu kommen. Ich bin dann um halb eins wieder zurück«, sagte er.
    Aber Laryssa hatte sich schon umgedreht, um das Baby aus der Wiege zu heben.
     
    Ahmets Lokal war ein kleines Kaffeehaus, in dem geraucht werden durfte, und befand sich nur wenige Schritte von Mirsaads Wohnung entfernt. Bevor sie losgingen, fuhr Caitlin ihren X5 in die Tiefgarage von Sadies Wohnhaus. Sie war sich sicher, dass vermeintliche Autoknacker das von Echelon eingebaute Sicherheitssystem ganz bestimmt nicht austricksen konnten. Trotzdem sah sie nach, ob die LED-Anzeige auf ihrem Autoschlüssel funktionierte, damit sie sofort mitbekam, wenn der Alarm des Autos ausgelöst
wurde. Die Anzeige leuchtete grünlich, die Batterie war voll, die Verbindung hergestellt.
    Sie gingen ein paar Schritte durch die für die Jahreszeit ungewöhnlich kalte Nacht. Allerdings schlug das Wetter seit der großen Katastrophe derartige Kapriolen, dass man kaum noch von echten Jahreszeiten sprechen konnte. Mirsaad schwieg zunächst eine Weile. Die Emser Straße war einst von Bäumen gesäumt gewesen, die aber während der Giftstürme ihr Laub verloren und sich noch immer nicht erholt hatten. Eigentlich sollten sie sommerlich grün sein, sie sahen aber noch immer kränklich und karg aus. Ähnlich wie Mirsaad.
    »Es tut mir leid, dass ich so unangekündigt hier aufgekreuzt bin, Sadie. Aber so ist es besser, glaub mir.«
    Mirsaad seufzte und vergrub sich noch tiefer in seinem alten braunen Mantel, den er sich für den kurzen Weg übergeworfen hatte.
    »Meine Frau wird mir die Hölle heißmachen deswegen, aber für Bret bin ich bereit, so ein Opfer zu bringen. Für dich auch, wenn es stimmt, dass du geholfen hast, uns dort rauszuholen. Auf eurer Hochzeit hat er ja einiges angedeutet. Es war übrigens sehr nett von euch, uns einzuladen. Ihr habt wirklich eine hübsche Farm, und wir haben uns dort sehr wohlgefühlt. Obwohl Laryssa sich viele Sorgen gemacht hat.«
    »Wegen dir?«
    »Wegen der Regierung. Dieser Howard ist ein ziemlicher Hardliner, nicht wahr? Viel härter, als Blair jemals war.«
    Caitlin rieb sich die Hände wegen der Kälte. Ihr Atem dampfte in der kalten Luft. Es war kaum zu glauben, dass das Wetter so lange Zeit nach dem Effekt immer noch verrückt spielte. Sie hatte tatsächlich einigen Einfluss ausgeübt, damit Mirsaad von Kuwait aus in die EU einreisen durfte und zu seiner Frau und den damals noch zwei Kindern
zurückkehren konnte. Obwohl er mit einer Deutschen verheiratet war, reichte das in den wirren Tagen nach der Energiewelle nicht aus, um zurückkehren zu dürfen. Bret hatte darauf bestanden, ihm zu helfen, denn der Jordanier hatte ihn aus dem Chaos während des amerikanischen Rückzugs aus dem Irak gerettet. Aber natürlich hatte Caitlin nicht nur aus uneigennützigen Motiven gehandelt, als sie Mirsaad die nötigen Papiere besorgte. Nicht in der vergifteten Atmosphäre des Jahres 2003. Sie hatte sich für ihn eingesetzt, weil sie wusste, dass er eines Tages für sie wichtig sein könnte. Und dieser Tag war nun gekommen.
    Aber all das sagte sie natürlich nicht laut.
    »Die Briten sind gar nicht so schlimm«, sagte sie, um auf seine Klage über den Premierminister der Tories zu antworten. »Du darfst nicht vergessen, dass es ihnen genauso übel hätte ergehen können wie den Franzosen. Ein paar Wochen lang sah es so aus, als würde auch ihr Land zerbrechen.«
    »Und was ist mit den Zwangsdeportationen? Den Ghettos? Das sind schon ziemliche Auswüchse. Jetzt noch viel mehr als damals. Die eigentliche Krise ist ja

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