Das verlorene Land
sich erst noch daran gewöhnen, sie als »seine« Männer zu bezeichnen – prüften ihre Ausrüstung zum letzten Mal, bevor sie losgingen. Um sie herum, in den höhlenartigen Überresten des Warenhauses, waren die Mitglieder eines anderen Saif ebenfalls mit Vorbereitungen beschäftigt. Auch sie waren über Land aus dem Norden gekommen und sahen noch nicht wirklich nach einer militärischen Truppe aus. Alle trugen völlig verschiedene Sachen. Zwar waren die meisten mit AK-47-Maschinengewehren bewaffnet, aber ihre sonstige Ausrüstung beschränkte sich auf Taschen mit zusammengesuchten Schutzwesten, Gurten, Helmen, Marschgepäck und einem ziemlichen Durcheinander von Zivilklamotten und militärischer Tarnkleidung sowie allerhand Krempel, den jeder der Männer aus irgendwelchen Gründen für nützlich hielt. Manche hatten extra Wasserflaschen bei sich, bei anderen waren die Hosentaschen ausgebeult, weil sie so viele Energieriegel wie möglich eingesteckt hatten.
Die Männer aus Yusufs Saif hingegen hatten leichtes Gepäck. Auf seine Veranlassung hin hatten sie nur ihre Waffen mit Ersatzmunition, ein Kampfmesser, zwei Feldflaschen mit Wasser und ein Dutzend Wasserreinigungstabletten, einen Stadtplan und einen Erste-Hilfe-Koffer bei sich. Als Kommandant eines Saif hatte Yusuf Anspruch auf ein Nachtsichtgerät, aber es standen nicht genug davon zur Verfügung, und er kam auch ganz gut ohne zurecht. Die meisten Überfälle, an denen er als Mitglied der Göttlichen Befreiungsarmee beteiligt war, hatten nachts stattgefunden, er kannte sich mit derartigen Aktionen aus. Er sah außerdem die Gefahr, dass er von hellen Blitzen geblendet werden könnte, wenn er die Brille trug.
»Tony«, sagte er zu einem seiner Untergebenen. »Mir wurde gesagt, dass du dich in dem Teil der Stadt, in dem wir kämpfen sollen, gut auskennst.«
Der ehemalige Park-Ranger nickte, während er den Gurt seines Gewehrs zurechtzurrte.
»Als ich zum ersten Mal nach New York kam, wurde ich mit vier anderen Männern aus Dar-es-Salaam dort hingeschickt«, sagte er. »Das waren Banditen, aber ihre Sippe hatte ausgehandelt, dass sie dorthin gehen und plündern durften. Im Gegenzug waren sie verpflichtet, die Kämpfer zu versorgen. Ich habe sie beaufsichtigt, während sie einige Straßenzüge durchkämmt haben. Währenddessen hatte ich genug Zeit, mir Notizen zu machen und Straßenkarten zu zeichnen, so wie man es uns beigebracht hat. Ich kenne die Gegend ziemlich gut.«
»Dann wirst du uns dort hinführen«, sagte Yusuf, »wenn wir herausgefunden haben, wo wir am Dringendsten gebraucht werden.«
Der Algerier, ein drahtiger braunhäutiger Fischer namens Selim, dessen Existenz durch den atomaren Niederschlag auf das Mittelmeer nach dem israelischen Nuklearangriff ruiniert worden war, grinste schief. »Die wollen, dass wir zur Hölle gehen, und dahin schicken sie uns auch.«
Er deutete mit dem Daumen unbestimmt in südliche Richtung.
Die anderen Männer lachten vor sich hin und grinsten. Es war ein nervöses Gelächter. Die Kampfgeräusche drangen wie das dumpfe Grollen von in der Ferne ausbrechenden Vulkanen zu ihnen. Selbst wenn der Regen so dicht fiel, dass sein Geräusch es kaum noch ermöglichte, sich im normalen Ton zu unterhalten, war er nicht so laut, die Detonationen der amerikanischen Bomben und das Donnern ihrer Artillerie zu unterdrücken. Seit Yusuf Kommandant eines Saif geworden war, wusste er, dass die Insel,
die er von seinem Unterstand auf Ellis Island gesehen hatte, der Ort war, von wo aus das meiste amerikanische Feuer kam. Die Insel hieß Governors Island, und der Gouverneur von New York, ein Ungläubiger namens Schimmel, hatte da seinen Stützpunkt und befehligte von dort aus seine Miliz. Die kämpfte gemeinsam mit der US-Army in Manhattan, und Yusuf hatte gehört, dass sie kein so großartiger Gegner war wie die amerikanischen Soldaten, auf die er treffen würde. Scheich Özals Offiziere hatten ihn mit detaillierten Informationen bezüglich des Schlachtfelds überschüttet, kaum dass er zum Kommandanten befördert worden war. Sie verlangten, dass er, wann immer er einer Milizeinheit gegenüberstand, voranstürmen sollte. Die Milizeinheiten waren die schwächsten Glieder der gegnerischen Front und konnten am ehesten überrannt werden. Diese Anweisung hatte zur Folge, dass Yusuf seine Männer beinahe zur Verzweiflung trieb, indem er von ihnen verlangte, die genauen Unterschiede zwischen der Uniform und der Ausrüstung der regulären
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