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Das verlorene Land

Das verlorene Land

Titel: Das verlorene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Birmingham
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Wir bereiten einen vernichtenden Gegenangriff vor, der die Amerikaner zersprengen wird wie
eine mächtige Sturmwelle, die ein Schiff gegen einen Fels schmettert.«
    Die Stimmung im Raum wandelte sich sofort. Die Kämpfer wurden wieder aufmerksamer. Yusuf merkte, dass seine eigenen Leute sich um ihn scharten und ihre Köpfe erwartungsvoll zum Emir hoben, der nun auf ein Möbelstück gestiegen war, das wie ein Schrank aus einer Parfümerieabteilung aussah.
    »Wir brauchen Zeit, um diesen Angriff zu planen. Ich fürchte, ich muss euch bitten, mir diese Zeit zuzugestehen. Es bedeutet sogar, dass ich euch bitten muss, dass ihr mir eure Leben gebt.«
    Eine einzelne Stimme schrie laut: »Unsere Leben! Unsere Seelen! Dir wollen wir alles geben, o Scheich!«
    Die Menge schrie auf und stimmte lautstark zu. Yusuf merkte, wie er gemeinsam mit den anderen brüllte.
    »Es gibt noch mehr zu sagen«, rief der Emir über den Lärm hinweg aus, aber wirklich laut schreien musste er nicht. Er schien seine Worte so deutlich äußern zu können, dass sie jeden der Anwesenden direkt erreichten. »Ich fürchte, es kann diesmal nicht einfach nur darum gehen, dass ihr euer Leben im Kampf opfert. Diesmal geht es auch darum, Frauen und Kinder zu verteidigen, die von dem Angriff der Amerikaner bedroht sind.«
    Yusuf war erstaunt. Er hatte keine Ahnung gehabt, dass sich noch Familien auf der Hauptinsel der Stadt befanden. Obwohl er noch keine eigene Frau hatte, wusste er, wie wichtig es war, dass die Familien der Krieger-Siedler vor den Kämpfen in Sicherheit gebracht wurden. Wenn er sich vorstellte, dass sie in Kippers zerstörerisches Inferno gerieten, reagierte er genauso wie seine Kameraden mit größter Wut. Der Emir hob erneut die Arme und bat um Ruhe, bevor die Männer in ihrem gerechten Zorn davonstürmten.
    »Eine kleine Gruppe hat vor einigen Tagen riskiert, sich nach Downtown Manhattan vorzuarbeiten, nachdem wir
gehört hatten, dass es dort größere Lebensmittellager gibt, die noch unberührt sind. Diese Gruppe ist losgegangen, bevor die Kämpfe begonnen haben, die noch immer andauern, und wollte Verpflegung für das große Familienlager beschaffen, als sie von der amerikanischen Artillerie unter Feuer genommen wurde. Dann wurde sie von Soldaten angegriffen und hat sich nun in einer nahe gelegenen öffentlichen Bibliothek verschanzt. Die Zivilisten sind noch immer dort, beschützt von einer Handvoll unserer Männer. Die Amerikaner sind nicht sehr zahlreich, es ist nur ein kleiner Trupp der Miliz, aber es werden sicherlich noch mehr dazukommen. Wir müssen unsere Leute dort rausholen, zusammen mit den Vorräten, die sie erbeutet haben, und dann müssen wir diesen Posten so lange wie möglich halten. Das ist eure Aufgabe. Wenn euch das gelingt, wenn ihr mir genügend Zeit gebt, dann werde ich den Ungläubigen eine Falle stellen, die ihre Kampfkraft brechen wird. Ich frage euch nun als Männer des Fedajin Özal, der mein bester Krieger ist – wer von euch ist bereit, sein Leben für das unserer Frauen und Kinder und den Untergang unserer Feinde zu opfern?«
    Die begeisterte Antwort übertönte das laute Rauschen des Regens und das Dröhnen der Geschütze.
     
    Sie rannten, ohne auf den Regen zu achten, der ihnen heftig entgegenschlug und es manchmal unmöglich machte, mehr als einen halben Block weit zu sehen. Sie rannten, ohne auf die vielen Hindernisse zu achten, die auf ihrem Weg lagen. Halbüberschwemmte Trümmer und Schutthaufen, über die man stolpern und sich ein Bein brechen konnte. Gefährliche Vertiefungen und offene Löcher, gähnende Betonschächte an Stellen, wo die Eisenträger nachgegeben hatten, die nun ihre rostigen Spitzen in die Höhe hielten und nur darauf warteten, dass jemand leichtsinnig genug war, das Gleichgewicht zu verlieren und kopfüber
hineinzufallen. Sie rannten, sprangen über Barrikaden von verkeilten Autowracks und tauchten ins Innere von ausgeraubten Geschäften, wenn das dumpfe rhythmische Dröhnen der Rotorblätter durch die Straßenschluchten hallte und das Herannahen eines amerikanischen Hubschraubers verkündete. Sie rannten, mit dem Gewicht ihrer Waffen und der Extramunition beschwert, die sie tragen konnten, weil sie auf die Verpflegung verzichtet hatten, die sie ohnehin nicht brauchten. Sie rannten, selbst wenn ihre Beine schmerzten und die Muskeln zu zittern begannen und schreckliche Schmerzen durch ihren Körper schossen, sie mit Nadelstichen im Magen oder heißem Brennen in der Lunge

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