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Das verlorene Land

Das verlorene Land

Titel: Das verlorene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Birmingham
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Gelächter unterbrochen, während er immer wieder Salven aus seinem Maschinengewehr auf sie abgab. Das Gewehr ging immer wieder los und bestrich sie mit unglaublich langem Dauerbeschuss, und das rhythmische Knattern kam ihr wie das Hämmern eines wild gewordenen Spechts vor und übertönte leider nicht diesen völlig blödsinnigen Song und auch nicht das Klimpern der leeren Patronenhülsen, die vom vierten Stock herunter auf den Asphalt regneten. Jules kauerte
sich dicht an den Betonkübel, während zahllose Kugeln um sie herum zischten, den Blätterwald zerfetzten und Holzsplitter, Metallteile und Zementbrocken versprühten.
    Nein, sie würde sich jetzt bestimmt keinen Millimeter mehr bewegen.
    Sie wagte nicht einmal, ihren Kopf zu drehen, um nachzuschauen, was aus Rhino geworden war. Kurz hatte sie den Eindruck, dass er rechts von ihr über einen Haufen von ineinander verkeilten Karosserien von ausgebrannten gelben Taxis sprang, aber wie er es schaffte, seinen massigen Körper derart schnell in Bewegung zu setzen, war ihr völlig schleierhaft. Das Feuer hörte kurz auf, nicht aber die Musik und das Gelächter. Wahrscheinlich musste er nachladen, dachte Jules, wollte ihre Vermutung aber nicht überprüfen, indem sie aufsprang und sich für eine weitere Salve als Ziel anbot. Das hätte sie nur getan, wenn sie nahe genug dran gewesen wäre, um das hohle Klicken zu hören, das einen Magazinwechsel üblicherweise begleitete.
    Das wahnsinnige Trommelfeuer aus der Kalaschnikow ging weiter und zerfetzte das Grünzeug um sie herum, prallte von den Karosserien der Autos ab und zerschmetterte noch nicht zerstörte Fenster. Juliannes Schulter schmerzte, dass es kaum auszuhalten war. Sie war kurz davor, ohnmächtig zu werden. Und dann brach der schreckliche Lärm mit einem Mal ab, nachdem zwei kurze Schüsse aus der P-90-Maschinenpistole zu hören gewesen waren. Das Klimpern von Patronenhülsen wurde übertönt von einem lauten Krachen, das sie erschrocken zusammenzucken ließ.
    »Kein Grund zur Sorge, Miss Julianne«, sagte Rhino, der plötzlich hinter einem der zerquetschten Taxis auftauchte. »Das war nur sein Ghettoblaster, der auf die Straße gefallen ist.«
    »Gott sei Dank«, sagte sie, stand auf und merkte, wie ihre Beine zitterten, als sie den Dreck und die Blätterfetzen
mit ihrem heilen Arm beiseitewischte. »Was war denn mit dem los?«
    Rhino kniff die Augen zusammen und spähte zu dem Gebäude, aus dem der Heckenschütze gefeuert hatte.
    »Keine Ahnung. Vielleicht ist er eingepennt und war sauer, dass er den Spaß unten in Downtown verpasst«, überlegte er. »Scheint aber eher ungewöhnlich, nach allem, was uns die Rangers erzählt haben. Die meinten doch, dass die einzelnen Piratengangs professionell miteinander kooperieren und in größeren Einheiten kämpfen.«
    »Der Feind meiner Feinde …«, murmelte Julianne.
    »So was in der Art«, stimmte er zu und suchte den Häuserblock vor ihnen ab. »Wie auch immer, wir sollten ab jetzt auf der Hut sein. Dieser Teil der Stadt ist offenbar nicht völlig aufgegeben worden. Also lassen Sie uns mal in Deckung gehen und den Stadtplan zurate ziehen.«
    Rhino half ihr, auf die Beine zu kommen und über ein Autowrack zu klettern, dann rannten sie in das Foyer eines Bürogebäudes an einer Ecke und sprangen direkt durch das Loch, das sich ihnen bot, wo ein breites Schaufenster zerborsten war. In der Eingangshalle standen nur kleine Pfützen, wenig Müll war zu sehen, und die verkrusteten Überreste der Verschwundenen, ungefähr ein Dutzend, lagen unberührt herum, was darauf schließen ließ, dass das Schaufenster bis vor kurzem noch intakt gewesen war. Vielleicht hatte der Schütze mit dem Ghettoblaster es ja zerschossen, jedenfalls gab es keine Anzeichen, dass das schlechte Wetter der letzten vierundzwanzig Stunden sich hier bemerkbar gemacht hatte. Die beiden Schmuggler zogen sich von der Straßenfront zurück, wo man sie sehen und unter Beschuss nehmen konnte, und breiteten den nagelneuen Plan von Manhattan aus, den ihnen die Soldaten freundlicherweise überlassen hatten.
    Darauf war der Central Park noch als Niemandsland ausgewiesen, aber die serbischen und tschetschenischen
Gruppen schienen auf der anderen Seite dieser Wildnis wesentlich stärker zu sein, als Rhino es sich aufgrund seiner Informationen vorgestellt hatte. Sie lagen sich an der 64. Straße direkt gegenüber, und auf dem Plan war vermerkt, dass die Army damit rechnete, dass die Tschetschenen in den Park

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