Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das verlorene Land

Das verlorene Land

Titel: Das verlorene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Birmingham
Vom Netzwerk:
Routineangelegenheit. Es war wirklich kaum zu glauben, dass sie mit einem Mal davon berührt und verunsichert wurde. Sie schob es auf ihre Erschöpfung, kämpfte das eigenartige Gefühl so weit wie möglich nieder und rannte weiter. Unter ihren Stiefeln spritzte das Schmutzwasser der braunen Pfützen auf. Der Eingang zur Feuertreppe befand sich neben den Aufzügen. Sie lud ihre Schrotflinte durch, bevor sie das Treppenhaus betrat.
    Hier war es dunkel, und niemand schien in der Nähe zu sein. Es war so wenig Licht vorhanden, dass sogar ihr Nachtsichtgerät Schwierigkeiten hatte, die Umgebung aufzuhellen. Sie stieg drei Stockwerke hinauf und verließ das Treppenhaus, nachdem sie den Korridor nach möglichen Widersachern abgesucht hatte. Niemand war da, dennoch spürte sie dieses eigenartige Gefühl, das sie an einen Satz von Shakespeare erinnerte, den sie während ihrer Ausbildung an der Akademie in Colorado Springs gehört hatte:
    »Nun lasset euch gemahnen eine Zeit,
Wo schleichend Murmeln und das spähnde Dunkel
Des Weltgebäudes weite Wölbung füllt.«
»Halt bloß den Mund, verdammt nochmal«, brummte sie vor sich hin, während sie durch den unbeleuchteten, modrig riechenden Korridor des dritten Stocks lief. Sie probierte die Tür der nächstliegenden Wohnung, weil sie hoffte, von dort aus einen guten Blick auf die Park Avenue zu haben, aber sie war verschlossen. Sie schob ihr Nachtsichtgerät nach oben und trat mit voller Wucht gegen die Tür, genau auf der Höhe des Türknopfs. Der Rahmen splitterte, und die Tür sprang auf. Graues Licht fiel aus dem Apartment in den Flur.
    Mit wenigen Sprüngen war sie an dem zweiflügeligen Fenster angelangt, von dem aus sie den wild wuchernden Grünstreifen der Park Avenue überblicken konnte. Sie sah die kleine Gruppe von Männern, die sie eben noch unten auf der Straße beobachtet hatte. Durch ihr Fernglas hindurch zählte sie acht Personen. Zwei von ihnen waren bereits zu Boden gegangen, der eine war schon tot, ihm fehlte die eine Hälfte seines Schädels. Der andere wälzte sich herum und brüllte vor Schmerz, nachdem ihm der Unterarm direkt unter dem Ellbogen von einer Salve abgetrennt worden war. Eine Blutfontäne spritzte aus der Wunde. Keiner seiner Kameraden tat etwas, um ihm zu helfen. Sie waren viel zu sehr damit beschäftigt, die Eingangshalle des Gebäudes, das ihr Ziel war, zu beschießen. Nach der Heftigkeit des Gegenfeuers zu schließen, das ziemlich präzise, wenn auch zügellos abgegeben wurde, konnten sich im Haus höchstens zwei oder drei Personen befinden. Ihre Salven kamen wesentlich genauer, ließen also darauf schließen, dass man es hier mit Profis zu tun hatte, die ganz offensichtlich über einen guten Vorrat an Munition verfügten. Sie suchte die Fassade des Gebäudes mit ihrem Fernglas ab, ob irgendwo die Standorte der Schützen zu sehen waren, die das Feuer der Angreifer erwiderten.
    Aber es gab keine Anzeichen dafür, dass jemand hinter den Fenstern aktiv war. Das bedeutete, dass Jukic gelogen
hatte, obwohl sie ihm heftige Schmerzen zugefügt hatte, oder dass er falsche Informationen gehabt hatte. Vielleicht hatte sich die Situation einfach schon wieder geändert. Die Air Force hatte alle Orte bombardiert, wo sich Kommandozentralen der Feinde befanden, wodurch die Anführer der Dschihad-Kämpfer gezwungen waren, ständig in Bewegung zu bleiben.
    »Na, das ist ja wirklich großartig«, sagte sie laut. »Wieder ein toller Plan im Arsch.«
    Ihre Idee war gewesen, sich möglichst rasch und unbemerkt über die Kommandohierarchie nach oben zu arbeiten, um nahe genug an ihre Zielperson zu kommen, um sie auszuschalten. Das bedeutete natürlich, dass sie an jedem Punkt ihrer Operation Gefahr lief, scheitern zu können. Aber es wäre noch viel ärgerlicher, zu scheitern, bevor sie überhaupt richtig angefangen hatte.
    Caitlin wandte sich wieder den Aktivitäten auf der Straße zu. Ein weiterer Angreifer war zu Boden gegangen. Jetzt waren es noch fünf. Sie nahm sie genauer ins Visier. Keiner von denen sah aus, als würde er aus Afrika oder aus der Karibik stammen, offenbar gehörten sie nicht zu den Piraten, die sich mit Baumers Fedajin verbündet hatten. Diese Typen sahen eher aus, als hätten sie früher mal in diese Umgebung gehört. Offenbar waren es Latinos, vielleicht Mexikaner, oder sie kamen von noch weiter südlich. Das konnte man von hier aus natürlich nicht erkennen. Jedenfalls trug keiner von ihnen ein Kopftuch oder Rastalocken oder einen

Weitere Kostenlose Bücher