Das verlorene Land
wollte es ihre Worte unterstreichen. Sie waren jetzt am Eingang zum Treppenhaus angelangt. Die Sonne war noch nicht vollständig aufgegangen, aber es war hell genug, dass man sie gut erkennen konnte. Caitlin schob die junge Frau ins Treppenhaus, damit sie nicht entdeckt wurden.
»Du musst nicht sehr weit gehen«, sagte sie. »Aber du musst aus diesem Gebäude hier verschwinden, denn hier werden sie bestimmt nach dir suchen. Wenn du ein Stück weiter die Straße runter Schutz suchst, verschanz dich dort, zieh den Kopf ein, dann wirst du bestimmt durchkommen.«
Donna Gambaro sah alles andere als überzeugt aus, als sie die Treppe hinunterstieg, aber nachdem sie einen Blick zurück auf das Plaza Hotel geworfen hatte, schien ihr klarzuwerden, dass sie hier dringend wegmusste.
»Also gut«, sagte sie. »Wenn Sie meinen.«
»Und nicht vergessen«, sagte Caitlin. »Du darfst nicht zum Hotel zurückgehen. Lauf so schnell du kannst, und bring dich in Sicherheit. In einer halben Stunde werden sie merken, dass Jukic verschwunden ist.«
Sie klopfte der jungen Frau beruhigend auf die Schulter, wandte sich ab und rannte die Treppenstufen hinunter.
Hätte Caitlin sich an ihre Regeln gehalten, dann wäre Donna Gambaro jetzt auch tot oder zumindest gefesselt und geknebelt und irgendwo gut verstaut, damit sie ihr nicht in die Quere kam. Aber da sie selbst schon mal als Gefangene missbraucht worden war, schreckte sie davor zurück. Die Richtlinien waren ihr sowieso scheißegal.
Viel Glück, Mädchen, dachte sie noch.
47
New York
Der Einkaufstrip war eine einzige Enttäuschung. Julianne hatte gehofft, sie könnte in der Fifth Avenue ein oder zwei schöne Sachen erbeuten, als Souvenir für ihren New-York-Besuch, aber alle Geschäfte waren vollständig ausgeräumt. Das Takashimaya-Kaufhaus war ausgebrannt, davor baumelte eine kopflose Leiche, die man an den Füßen aufgehängt hatte. Und bei Saks hatte sie sowieso noch nie etwas gefunden, also warum sollte sie sich überhaupt die Mühe machen, zumal gerade in dieser Straße um das Rockefeller Center besonders viele Dschihad-Deppen und Piraten-Arschgeigen herumgeisterten – die Formulierung von diesem Polen hatte ihr wirklich gefallen.
Jules schaute durch ihr Fernglas, um von ihrem Versteck inmitten der Schutthalde, die einstmals die St. Patrick’s Cathedral gewesen war, die Avenue zu beobachten. Dort schien ziemlich viel los zu sein, was bedeutete, dass es nicht mehr lange dauern konnte, bis die Air Force eingriff. Immer dann, wenn die Piraten sich in größerer Zahl zusammenrotteten, wurden sie unter Beschuss genommen.
»Sieht so aus, als wollten sie dort einen Gefechtsstand einrichten«, sagte Rhino und kaute dabei auf seiner kalten Zigarre herum. Er wurde immer ungeduldiger und nervöser und schüttelte den monströsen Kopf, auf dem weiterhin der absurde Wikingerhelm saß.
»Sollten wir den Kaufrausch nicht bald mal beenden, Miss Jules?«, fragte er. »Wir wären besser mal an der Madison
geblieben. Die Fifth Avenue ist völlig überlaufen mit diesen Touristen da.«
Jules erwiderte nichts. Sie war sauer, weil sie ihn dazu überreden musste, seinen fetten Arsch durch die Ruinen der Kathedrale zu schleppen, auf der Suche nach einem sicheren Aussichtspunkt, von dem aus sie die Aktivitäten auf der Fifth Avenue beobachten konnten. Im Saks-Kaufhaus schienen sich jede Menge dieser Kopftuchfuzzies einzufinden. Die Fenster des Gebäudes waren allesamt zerstört, und die Hälfte der Waren lag auf einem riesigen Haufen draußen auf der Straße. Sie sah, wie Dutzende von Kämpfern aus dem Haus kamen, aber anstatt sich zu zerstreuen und ins Rockefeller Center zu gehen, rannten sie alle nach Downtown.
»Was soll das denn bedeuten?«, murmelte sie vor sich hin.
»Das bedeutet, dass die US Air Force demnächst jeden in Grund und Boden bomben wird, der dumm genug ist, sich auf der Fifth Avenue herumzutreiben«, sagte Rhino. »Kommen Sie, wir haben alle Sonderangebote abgegriffen und alles, was man auskundschaften kann, gesehen. Wir wissen jetzt, dass hier überall dieses Gesindel herumkriecht. Aber das kann uns egal sein, solange sie uns nicht bemerken. Wir sollten zur Park Avenue zurückgehen. Da ist es ruhiger, da ist mehr Platz. Dort fühlt sich ein durchschnittlicher Dickhäuter wie ich viel wohler. Und hier werden Sie sowieso nichts Nettes für sich finden. Sie sind einfach ein bisschen zu spät dran für eine Shoppingtour.«
»Sie haben Recht«, gab sie zu und schob den
Weitere Kostenlose Bücher