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Das verlorene Land

Das verlorene Land

Titel: Das verlorene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Birmingham
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angegriffen haben?«, fragte er.
    »Papa?«, fragte Sofia mit dünner Stimme und weit aufgerissenen Augen.
    Miguel seufzte und schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass Leute aus Houston sich so weit vorwagen. Und ich habe nicht bemerkt, dass die Kerle, die uns angriffen, irgendwelche Gefangenen bei sich hatten.«
    D’Age sah ihn betroffen an. »Aber das kann doch nur bedeuten …«
    Miguel schnitt ihm mit einer abrupten Geste das Wort ab.
    »Nein. Die Männer, die unsere Familie umgebracht haben, wollten keine Gefangenen machen oder Geiseln mitnehmen. Sie wollten gar nichts. Ein paar haben sich mit Essensvorräten eingedeckt, aber das war auch alles.«
    Er bemühte sich, D’Age einen ermunternden Blick zuzuwerfen. »Die Bande, die Sie überfallen hat, war auf Beute aus. Die werden Ihre Frauen und Ihre Rinder immer noch haben.«
    Überrascht hörte er, wie Sofia mit fester Stimme zu reden begann.
    »Aber dann müssen wir Ihnen doch helfen, Papa«, sagte sie und klang für einen kurzen Moment wie ihre Mutter. Seine erste Reaktion war, einen Streit mit ihr anzufangen, aber als er ihren wütenden Blick bemerkte, hielt er inne. Offensichtlich hatte sie sehr genau darüber nachgedacht. Er nahm sich kurz die Zeit, sie prüfend anzuschauen. Zum ersten Mal seit dem gestrigen Tag bemerkte er eine starke Gefühlsbewegung bei ihr, die etwas anderes als abgrundtiefe Traurigkeit war.
    Sie war ungeheuer zornig, verspürte den Drang zu töten, und das machte ihm große Sorgen.
    Er seufzte leise.

    »Sie sind auf der Suche nach ihnen, richtig?«, fragte er. Es war mehr eine Feststellung als eine Frage.
    Aronson nickte. »Wir sind ihnen Richtung Norden gefolgt, so gut es ging, aber wir sind keine richtigen Landleute. Ich bin eigentlich Soziologe. Ich war zu einem Forschungsprojekt in Schottland, in Edinburgh, als die Energiewelle kam. Wir sind alle zurückgekommen, als der Effekt wieder verschwunden war. Wir haben alles versucht, Mr. Pieraro, aber …«
    Miguel konnte sehen, dass der Mann dabei war, seine Fassung zu verlieren. Das war nicht überraschend. Als ehemaliger Stadtmensch ein Leben am Rand der Zivilisation führen zu müssen und ganz auf sich allein gestellt zu sein, stellte die meisten Menschen vor unlösbare Aufgaben. Aber diese armen Kerle hatten sich nicht nur mit widerspenstigen Tieren und steinigem Boden herumplagen müssen, sie waren auch ein Opfer von Verrat und Hinterlist geworden.
    Miguel war jetzt klar, was er zu tun hatte.
    »Hier in Leona gibt es einen Laden«, sagte er, »mit einem gut gefüllten Vorratskeller. Die Sachen sind vor Regen und Hitze gut geschützt. Sie können sich dort mit Nahrungsmitteln eindecken. Ich werde es Ihnen gleich zeigen. Was die Road Agents betrifft: Wenn sie auf dem Weg nach Norden sind, dann müssen sie für ein paar Tage in Crockett Station machen. Die Stadt wurde noch nicht neu besiedelt und ist zum größten Teil erhalten geblieben. Ich glaube, dort ist nach dem Effekt die Energieversorgung ausgefallen. Wenn Sie einverstanden sind, will ich Ihnen helfen, das, was Ihnen weggenommen wurde, wieder zurückzuholen.«
    Die Männer starrten ihn staunend an, als wäre er eine Erscheinung. Ihm war klar, dass er, so wie er aussah, in ihren Augen genauso rau und unglaubwürdig wirken musste wie die Banditen, die sie überfallen hatten. Die nächsten Fragen brachen in rascher Folge aus ihnen hervor.

    »Das würden Sie tun?«
    »Sie wollen uns helfen?«
    »Sind Sie sicher, dass sie dorthin gegangen sind?«
    »Warum?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Wir sind auch auf dem Weg nach Norden. Es ist sicherer für meine Tochter und mich, wenn wir in Gesellschaft reisen, auch wenn wir dann womöglich mehr Aufmerksamkeit erregen. Wenn Sie uns als Begleiter akzeptieren, will ich Ihnen gerne helfen. Sofia allerdings, darauf bestehe ich, muss geschützt werden. Wenn gekämpft werden muss, dann werde ich das tun.«
    Er schaute sie herrisch an, um jeden Widerspruch zu ersticken, aber sie blitzte ihn wütend an.
    »Ich will diese Männer genauso zur Rechenschaft ziehen wie du, Papa«, stieß sie zwischen den Zähnen hervor.
    Miguel verschränkte die Arme und schüttelte den Kopf. »Es sind nicht die gleichen Männer, Sofia. Und selbst wenn sie es wären, hättest du nicht die Aufgabe, diese Angelegenheit zu regeln. Das ist ganz allein meine Sache. Deine Mutter, Gott möge ihrer Seele gnädig sein, hätte es genauso gehalten. Und das weißt du auch.«
    Die Mormonen schauten taktvoll zur Seite und

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