Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das verlorene Observatorium

Das verlorene Observatorium

Titel: Das verlorene Observatorium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
nicht genau, wie lange, solche Dinge haben meines Wissens nicht immer einen klar definierten Anfang, in Sie verliebt bin. Ich habe nicht einen Moment geglaubt, daß Sie meine Gefühle erwidern würden, und deshalb habe ich auch nie darüber gesprochen. Ich war zufrieden, jeden Tag in Ihrer Nähe zu sein. Auf Ihre früheren Freunde, die realen wie die fiktiven, war ich unendlich eifersüchtig, und ich hoffe, Sie werden mir die Unverschämtheit nachsehen, wenn ich ein kleines Photo von mir beifüge, ein Photo aus glücklicheren Tagen, als ich noch Haare hatte. Wenn Sie es nicht behalten möchten, kann ich es verstehen. Falls aber doch, dann wäre es bestimmt kein Fehler, wenn Sie es in Ihrem Wohnzimmer über den Flecken an der Wand hängen, wo einst Mr. Magnitt zu finden war. Ich habe gestern abend daran gedacht, als wir die Treppe hinauf zu Ihrer Wohnung gingen und Sie erwähnten, wie praktisch es wäre, wenn der Fahrstuhl wieder funktionieren würde. Diese Bemerkung erinnerte Sie, fürchte ich, an Mr. Magnitts bedauernswertes Ende. Sollte mein Photo Ihnen auf irgendeine Weise helfen können, den Verlust des anderen Photos, welches Sie, wie ich fürchte, höchstwahrscheinlich nie wiedersehen werden, zu überwinden, dann behalten Sie es bitte.
    In großer Liebe, Peter
    So endete die Zeit der Erinnerungen.

IV  DAS OBSERVATORIUM UND TEARSHAM PARK
Gedenken an Peter Bugg
    Zwanzig, Anna Tap und ich waren als Zeugen dort. Peter Bugg wurde in einer billigen Kiste aus dürftig verkleideten Spanplatten in das städtische Krematorium gebracht. In der Kapelle, in die wir geführt wurden, befanden sich Stühle für vierzig oder mehr Personen, aber wir benötigten nur drei. Wir kamen uns so merkwürdig vor, die Haupttrauergäste zu sein, daß wir uns in die zweite Reihe setzten, so als rechneten wir damit, es kämen noch andere Leute. Der Priester kam den Gang heraufgerannt, trieb die Sargträger an und schaute nervös auf seine Uhr. Er hatte eine Hautkrankheit, große, gelbe, schuppige Entzündungen blühten auf seinen Wangen. Als der Sarg aufgestellt war, legte ich das Photo von Peter Bugg senior darauf, woraufhin mir der Priester einen mißbilligenden Blick zuwarf, ohne es allerdings wieder wegzunehmen. Mit einer Photokopie von Peter Buggs Geburtsurkunde in der Hand begann er, bedeutungslose Worte über jemanden mit dem Namen Ronald Peter Bugg zu sprechen und wäre es nicht so traurig gewesen, hätte ich bestimmt angefangen zu kichern. Wir sangen ein Lied und während der dritten Strophe drehte der Mann, der auf einem elektronischen Tasteninstrument spielte, sollten wir glauben, es sei eine Orgel?, die Lautstärke ein wenig hoch, damit wir alle wussten, dass jetzt der Moment gekommen war, um Peter Bugg ein letztes Mal anzusehen. Sobald das Lied zu Ende war, wurden wir hinausgedrängt, jedoch durch eine andere Tür als die, durch die wir hereingekommen waren, denn durch diese traten andere Menschen mit einem anderen Sarg, die von einem anderen Priester zur Eile getrieben wurden. Wir gingen nach Hause.
    Claire Higg hatte beschlossen, in Wohnung 16 za bleiben. Die Fahrt zum Krematorium sei für sie zu lang, sagte sie. Ich weiß nicht, ob sie das Photo von Peter Bugg, wie von ihm vorgeschlagen, an die Wand hängte. Ich durfte ihre Wohnung nicht mehr betreten. Niemals wieder, sagte sie. Und tatsächlich, ich sah sie nie wieder. Entgegen ihrem Versprechen steckte Miss Higg den Stecker ihres geliebten Fernsehers doch wieder in die Dose und setzte ihr früheres Privatvergnügen fort, wenn auch, wie ich annehme, mit deutlich geringerem Enthusiasmus. Wenn es mal wieder zu einem Stromausfall kam, brachte man sie eine Zeitlang zu ihrem kleinen Spaziergang nach draußen, aber bei diesen Gelegenheiten wurde sie von zwei anderen Begleitern gestützt: Anna Tap und dem Pförtner. Auch der Pförtner fehlte bei Peter Buggs Abschied, er hatte einen Container unter Buggs Fenster stellen lassen und warf alle Sachen des einstigen Bewohners, die nicht irgend jemandem hinterlassen worden waren, aus dem Fenster in diesen Container. Darunter auch die wenigen, die erbärmlich wenigen Seiten von Buggs nun für immer unvollendet bleibendem Buch. Der Rückstand von Buggs Leben füllte den Container nicht. Ein nur halb gefüllter Container wurde abgeholt.
    Ich dachte darüber nach, wie viele Containerladungen jeder Bewohner des Observatoriums wohl füllen mochte. Mein Leben würde viele Containerladungen benötigen. Auch Mutter würde mit Sicherheit mehr als

Weitere Kostenlose Bücher