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Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl

Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl

Titel: Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William R. Forstchen
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Furcht nur einen Gegenpol bildete zur Angst der Menschen hier. Die Bürger von Suzdal wollten zwar unbedingt einen Blick auf die Fremden werfen, wichen jedoch zurück, wo sich ihnen die Kolonne näherte. Viele senkten die Augen und hoben die Hände zu einer Geste des Schutzes vor dem bösen Blick. Die Kolonne zog weiter bis auf den großen Platz, der mehrere hundert Meter durchmaß. Vincent betrachtete erstaunt das einsame gemauerte Bauwerk, das die Stadtmitte beherrschte. Es handelte sich erkennbar um eine Art Kirche, denn die dem Platz zugewandte Mauer war bedeckt mit Ikonenmalerei, wobei die einzelnen Bilder über fünfzehn Meter hoch bis zum Dachvorsprung aufragten. Links von der Haupttür erhob sich ein riesenhaftes Standbild von geisterhafter Erscheinung, eingehüllt in schwarze Gewänder.
    Vincent deutete auf die Gestalt und sah Kal an.
    »Perm. Gottvater.«
    Rechts von der Tür stand eine weitere Gestalt, diesmal ein weißes Standbild mit goldenem Bart. Zu Vincents Erstaunen erblickte er hinter dieser Figur ein Kreuz.
    »Jesus?«, fragte er zögernd.
    »Da, da, Kesus.«
    Überrascht blickte sich Vincent unter seinen Kameraden um, die die gewaltige Statue ebenfalls bemerkt hatten.
    »Na, ich will verdammt sein!«, sagte Hinsen, und die anderen musterten ihn angewidert. Irgendwie befanden sie sich vielleicht doch noch auf der Erde, überlegte Vincent hoffnungsvoll.
    Die beiden Standbilder wurden ihrerseits flankiert von dunklen Gestalten mit beinahe dämonisch wirkenden Gesichtern, langen haarigen Leibern, spitzen Ohren, schrägen Augen und scharfen glänzenden Zähnen. Sie erinnerten Vincent sofort an die Holzstatuen entlang der Straße. Um die Füße dieser Standbilder waren die kleineren Gestalten von Männern und Frauen mit gesenkten Köpfen versammelt.
    »Und die da?«, fragte Vincent vorsichtig.
    Kal schien einen Augenblick lang zu zögern.
    »Wer sind die?«, wiederholte Vincent etwas nachdrücklicher.
    Kal schüttelte den Kopf und wandte sich ab.
    Wer war das?, fragte sich Vincent. Er konnte erkennen, dass der rundliche Bauer Angst hatte, auf dieses Thema einzugehen.
    Waren es Dämonen? Was auch immer – die Bilder an der Kirchenmauer starrten mit Augen voller Lust auf sie herab, und Vincent erkannte, dass Kal es schon beim bloßen Anblick mit der Angst zu tun bekam.
    Die Kolonne überquerte den Platz. Mehrere Ritter hatten sich vor Keane gesetzt und winkten ihm, er möge ihnen folgen. Ein mächtiger Holzbau erhob sich gegenüber der Kathedrale, stärker verziert als jedes andere Haus, das Vincent bislang erblickt hatte. Ein korpulenter Mann in einem fließenden burgunderroten Gewand kam aus diesem Haus zum Vorschein und blieb am oberen Absatz der Holztreppe stehen. Verblüfft sah Vincent, dass der Mann eine Brille trug. Das leise Murmeln der Menge auf dem Platz sank zu einem Flüstern herab, und zu Tausenden verneigten sich die Suzdalier tief und strichen dabei mit den ausgestreckten rechten Händen über den Boden.
    »Kompanie halt!«
    Schilder trat aus der Reihe hervor.
    »Kompanie, stillgestanden! Präsentiert das Gewehr!«
    Vincent nahm Haltung an und präsentierte die Waffe.
    Auf dem Platz war es still. Keane schwang sich aus dem Sattel, und Dr. Weiss folgte dem Beispiel. Keane klopfte sich Staub von der Uniform und blickte zu seinen Leuten zurück.
    »Sergeant Schuder, stellen Sie zwölf Mann unter Sergeant Barry ab, die mir folgen. Machen Sie die Kanone einsatzbereit und stellen Sie die restlichen Männer im Viereck darum auf, in Rührt-euch-Haltung. Sie führen hier draußen das Kommando, Schuder. Kümmern Sie sich um jedes Problem, wie Sie es für richtig halten.«
    Schuder sah die Männer an. »Die ersten drei Reihen: Sie folgen dem Colonel; der Rest bildet ein offenes Viereck. Jetzt munter ans Werk, Männer!«
    Vincent bemerkte, dass er zur Begleitmannschaft des Colonels abgeordnet war.
    »Gewehr an Schulter!«, bellte Sergeant Barry, und mit Vincent als Vordermann traten die zwölf Soldaten vor, um hinter Keane Aufstellung zu beziehen.
    Ohne einen Blick zurück stieg der Colonel die Treppe hinauf, gefolgt von seiner Truppe. Auf dem oberen Treppenabsatz angekommen, nahm Keane vor Iwor Haltung an und salutierte.
    »Colonel Keane vom 35. Maine«, sagte er gelassen und wurde von Kal schnell übersetzt.
    Iwor schätzte ihn mit den Augen ab und demonstrierte den Tausenden auf dem Platz seine Tapferkeit. Mit abschätzigem Schnauben drehte er sich um und ging ins Haus zurück. Sergeant Barry

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