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Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl

Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl

Titel: Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William R. Forstchen
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Sprache lerne und den Gedanken, die sie ausdrückt, desto mehr verwirrt es mich.«
    »Wie das?«
    »Warum sollten Menschen von adliger Geburt darum kämpfen, die zu befreien, die dafür geboren wurden, auf der Scholle und im W 7 ald zu arbeiten?«
    »Weil unser Land dafür steht. In Amerika haben wir keine Adligen.«
    »Und dieser Bojar Lincoln, auf den Sie anstoßen?«
    Andrew lachte leise und schüttelte den Kopf. Er hatte schon viele Bezeichnungen für Lincoln gehört. Während der schlimmsten Tage des Krieges, vor Gettysburg, hatte er selbst Lincoln für die törichten Befehlshaber verflucht, die der Präsident für die Potomac-Armee ernannt hatte. Ein Soldat hatte jedoch das Recht, über seine Anführer zu fluchen, und er konnte sich vorstellen, dass Lincoln es verstehen würde. Lincoln als Bojar, das war nun mal was ganz Neues.
    »Lincoln ist kein Bojar und nicht mal ein Adliger. Er entstammt wie Sie und ich dem Bauernstand. Das Haus, in dem er zur Welt kam, unterscheidet sich nicht von den Hütten, in denen ich und meine Männer jetzt hausen. Er ist einer von uns, Kal. In Amerika haben wir keine Adligen, keine Bojaren, keine Bauern, nur freie Menschen, die alle gleich sind. Mancher in unserem Land dachte allerdings anders, und letztlich mussten wir gegen sie kämpfen, um das Übel der Sklaverei zu beenden.«
    Emil lehnte sich zurück und räusperte sich, und sofort wurde sich Andrews des Fehlers bewusst, den er begangen hatte. Die Beziehung zu Iwor war nach wie vor angespannt. Keine Seite wusste schon so richtig, wie das Verhältnis zwischen diesen beiden Gesellschaftsformen zu gestalten war. Im Herzen war Andrew klar, dass sich die Lage wahrscheinlich früher oder später zuspitzen würde. Lieber war es ihm, wenn es später geschah. Sofern sie nur genug Zeit erhielten, konnten sie sich organisieren und notfalls ein Stück Land für sich allein finden, außerhalb des Machtbereichs von Iwor und der übrigen Bojaren, ein Stück Land, das ihnen Zuflucht bot. Oder noch besser, sie entdeckten womöglich einen Weg nach Hause.
    Was er jedoch gerade vorgetragen hatte, war für die Suzdalier revolutionär. Für ihn war es merkwürdig, dass überhaupt eine Gesellschaft ohne jede Vorstellung von persönlicher Freiheit und Gleichheit existieren konnte. Als Historiker wusste er, dass sich die amerikanische Freiheit aus der Gesellschaftsordnung Englands entwickelt hatte. Ebenso wusste er, dass die brutale Autokratie Russlands als ein Mittel entstanden war, unter dem mongolischen Joch zu überleben.
    Dieser Gedanke löste weitere Überlegungen aus. Zweihundert Jahre lang hatten die Russen in der Gefahr völliger Vernichtung geschwebt, falls sie es wagten, den Eroberern zu trotzen. Die Adligen wahrten für ihre Meister im Osten die Ordnung und garantierten somit das Überleben für sich und die Bauern. Während in England die erste Saat einer repräsentativen Regierung gelegt wurde, regierte in Russland aus schierer Notwendigkeit die Peitsche.
    Langsam entstand eine Kombination aus Überlegungen, aber Andrew verkniff sich, weitere Fragen in dieser Hinsicht zu stellen, und wechselte lieber zu einem näher liegenden Problem.
    »Was ich gerade gesagt habe – sind die Informationen für Ihren Fürsten Iwor bestimmt oder Sie selbst?«, erkundigte sich Andrew.
    Kal lächelte und antwortete:
    »Und was denken Sie, würde mein Fürst Iwor über diese Ihre Ideen sagen – diese Union und ihre Bojaren, die aus dem Volk und nicht dem Adel stammen?«
    Immer noch um ein Lächeln bemüht, konnte Andrew darauf nur den Kopf schütteln.
    »Ich denke nicht, dass sie ihm gefallen würden«, sagte er gelassen und blickte Kal dabei direkt in die Augen. Verdammt, das konnte er sich nur zu gut vorstellen! Der riesige Bojar hätte zweifellos einen Schwall von Flüchen ausgestoßen, wie gerade erst bei ihrer gestrigen Begegnung, als Andrew um eine Erhöhung der Lebensmittelzuteilungen bat. Die Flucherei war erst gestillt worden, als Andrew dem Edelmann eine Fahrt an Bord der Ogunquit versprach, die für morgen geplant war.
    »Ich denke, Sie haben Recht«, sagte Kal und lachte in sich hinein, als hätte Andrew ihm einen Witz erzählt.
    Andrew seufzte insgeheim erleichtert. Irgendwie vertraute er diesem Mann, und er spürte, dass der Bauer sich mit Verve ganz auf seine Seite gestellt hatte.
    »Wissen Sie was, Kal?«, meldete sich Emil zu Wort und beugte sich über den Tisch. »Wir sind alle erstaunt darüber, wie schnell Sie unsere Sprache gelernt

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