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Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl

Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl

Titel: Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William R. Forstchen
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hinter dem Jungen.
    »Da haben Sie Recht, mein Junge«, sagte Andrew und betrachtete das Mädchen. »Da haben Sie Recht.«
    »Na ja, ich habe gesehen, dass die Tür offen steht, und dachte, ich sage mal hallo. Am besten gehen wir wieder, Sir.«
    Andrew lächelte, als das Paar in die Dunkelheit spazierte, und seine Gedanken wandten sich wieder Kathleen zu.
    Was war da nur passiert?, fragte er sich. Seit jenem Zwischenfall vor über vier Monaten mit James blieb sie abgesondert, verbrachte viel Zeit mit Emil und kümmerte sich um das konstante Rinnsal von Kranken, die es immer gab, sowie um die Männer, die noch nicht vom Wahnsinn genesen waren; und abends ging sie allein spazieren.
    Höflich hatte sie jeden Vorschlag von ihm zu einem Ausritt oder einem Besuch in der Stadt abgelehnt. Lag es letztlich an ihm? Hatte ihn Mary so tieferschüttert, dass er sich nie wieder öffnen konnte, und hatte Kathleen das gespürt und sich einfach zurückgezogen? Oder lag es am Blut des Krieges, das sich so tief in seine Seele eingegraben hatte, dass Kathleen ihn nur als eine weitere Mordmaschine betrachten konnte, die nur allzu leicht auch selbst in Gefahr schwebte umzukommen? Konnte er je wieder das Glück finden, fragte er sich, oder war ihm diese Möglichkeit zur Hälfte von Mary versperrt und bei Gettysburg für immer verschlossen worden – sodass ihm nichts weiter blieb als die Furcht vor Verletzung und die Albträume von seinem Bruder, die ihn nach wie vor heimsuchten?
    »Dein Colonel sieht immer so traurig aus, so fern von allem«, sagte Tanja leise und drückte den warmen Körper an Hawthornes Flanke.
    »Ich verstehe ihn.«
    »So wie die Trauer, die immer noch in deinen Augen ist.«
    Hawthorne schwieg. Jede Nacht verfolgte ihn der Blick, mit dem ihn dieser Mann angesehen hatte, während das Leben aus ihm schwand, oder der Schrei Sadlers oder der Augenblick, als er am Strick hing und ins Dunkle glitt. Wie konnte er das je erklären?
    »Du bist am Leben, Hawthorne. Wir kennen ein Sprichwort: Das Leben ist für alle da, Bauern und Adlige; Liebe ist für die jungen Leute und mit Kesus’ Gnade Zufriedenheit und Frieden für die alten.«
    Zitternd stellte sie sich vor Hawthorne und blickte ihm in die Augen.
    »Ich liebe dich«, flüsterte sie, zog ihn an sich heran und drückte ihre Lippen auf seine.
    »Du zitterst ja, Tanja.« Und er legte die Arme um sie und hielt sie fest, und in diesem Augenblick war jeder Gedanke an die Albträume verschwunden.
    »Geh mit mir fort. Geh heute Abend mit mir fort«, flüsterte sie zwischen einzelnen Küssen.
    »Was sagst du da?« flüsterte er seinerseits und strich über ihre dunklen, flatternden Haare.
    Sie brach in Tränen aus.
    »Geh einfach mit mir weg«, flüsterte sie. »Wir flüchten nach Osten. Vielleicht wird dir dort niemand weh tun.«
    »Desertieren?« Er lachte leise. »Tanja, Tanja, ich bin Soldat! Ich kann nicht desertieren. Das hier, das ist mein Volk, das sind meine Freunde.«
    »Bitte, mein Liebster!« Und er entdeckte das Grauen in ihrem Blick.
    »Was ist denn?« Er packte ihre schlanken Arme fester. »Warum hast du solche Angst?«
    »Das darf ich nicht sagen«, wisperte sie. »Oh mein Liebster, vertraue mir! Wir könnten noch heute Abend fortgehen, lange, lange bevor …«
    Sie wurde still. Sie fürchtete sich, ihm zu sagen, dass sie Gewissheit von einem neuen Leben in ihrem Leib hatte, einem neuen Leben, das sie niemals in Gefahr bringen wollte. Die geflüsterten Gespräche zwischen ihrem Vater und seinen Freunden ängstigten sie. Sie fürchtete, dass ihn dieser wilde Traum verrückt gemacht hatte, den sie ausbrüteten. Denn ganz gewiss würde er scheitern. Kal würde sterben, wie auch ihr Geliebter, und selbst wenn sie selbst verschont blieb, würde man das jetzt noch ungeborene Kind zur Strafe in die Gruben schicken, sobald die Tugaren eintrafen.
    »Der Colonel hat diesen Rasnar unter Kontrolle. Fürchte dich nicht vor dem, was der anstellen könnte.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Darum geht es nicht.«
    »Worum dann?«
    »Das darf ich nicht sagen. Geh einfach mit mir fort, ehe es zu spät ist! Es gibt Menschen, die wir die Wanderer nennen, die fortwährend nach Osten ziehen. Wir könnten uns ihnen anschließen und wären in Sicherheit.«
    »Tanja, was verschweigst du mir?«
    Sie wandte das Gesicht ab, und das Schluchzen erschütterte ihren Körper.
    »Sind es die Tugaren?«, fragte Hawthorne leise.
    Erschrocken blickte sie ihn wieder an, das nackte Grauen in den

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