Das verlorene Regiment 02 - Jenseits der Zeit
würden.«
Kal sah sie mit großen Augen an.
»Ich hätte vielleicht zuerst hierherkommen sollen, um die Meldung zu überbringen«, warf O’Donald ein und legte den Arm um Kathleen, »aber ich fand, ihre Ladyschaft sollte die Nachricht als Erste hören.«
Er hielt ein Stück Papier hoch.
»Ein Telegramm von der Tankstation Bangor an der Wolga. ›Kurier der Rusarmee hier eingetroffen. Die Nachricht lautet, dass wir zurückkehren. Sagen Sie Kathleen, dass ich sie liebe.‹ Unterzeichnet, ›Colonel Andrew Lawrence Keane‹.«
»Ich will verdammt sein! Ich wusste, dass der Junge wieder auftaucht!«, brüllte Hans und schlug mit der Faust auf den Tisch. O’Donald, der erfreut grinste, zog eine Zigarre aus der Tasche, ging zu Hans hinüber und steckte sie dem Sergeant in den Mund.
Lächelnd biss Hans das Ende ab und fing an zu kauen. »Ich hatte schon vor, Sie zu fragen. Wo zum Teufel kriegen Sie nur Ihren Tabak her?«
O’Donald lächelte. »Als die Carthas vergangenes Jahr den Handel einstellten, wurde ich argwöhnisch und kaufte jede Zigarre, die ich nur in die Finger bekam.«
»Er übermittelt Ihnen sogar seine Liebe«, sagte Kal leise und blickte Kathleen offen an.
Kathleen blickte sich im Zimmer um. Sie legte sich die Hand auf den Bauch, und eine Wolke des Schmerzes verdunkelte ihr Miene.
»Mädel!«, rief O’Donald und legte erneut den Arm um sie.
»Raus«, flüsterte sie.
Kal sprang auf und lief zu ihr, gefolgt von Hans. O’Donald bückte sich, hob Kathleen auf die Arme und trug sie durch die Tür.
»Die anderen bleiben hier!«, knurrte Hans und knallte die Tür hinter sich zu.
O’Donald lief rasch die Gasse hinunter und verschwand hinter einer Ecke. Kal, der ihm nachsetzte, blieb abrupt stehen, als sich O’Donald mit lausbübischem Grinsen zu ihm umdrehte.
»Jetzt setzen Sie mich ab, Sie Tölpel«, verlangte Kathleen.
»Da gibt es noch mehr zu melden, nicht wahr?« Hans lehnte sich an die Wand und stieß nervös den Atem hervor.
»Na ja, wir mussten Sie dort herausholen«, gestand O’Donald.
»Andrew ist nicht der Typ, der in einem militärischen Telegramm Liebesgrüße übermittelt«, sagte Hans leise, »aber Sie haben mir trotzdem einen fürchterlichen Schrecken eingejagt.«
Kal sah Kathleen an und blinzelte.
»Er musste es verschlüsseln«, erklärte sie. »O’Donald hatte auch einen Verdacht. Da stand nämlich noch ein Satz: ›Alles Liebe von mir auch an unsere beiden neuen Söhne, Revere und Longfellow Keane.‹«
Kal sah Kathleen verwirrt an.
»Und?«
»Wir würden unsere Jungs nie so nennen«, antwortete Kathleen lachend. »Ich brauchte aber ein paar Minuten, um darauf zu kommen. Paul Revere und Longfellow, der ein Gedicht über ihn geschrieben hatte.«
»Was waren das für Leute?«, wollte Kal wissen.
»›Eine, falls sie über Land kommen, und zwei, falls übers Meer‹«, zitierte O’Donald, »und ich will verdammt sein, wenn ich mich an den Rest des Gedichts erinnere.«
»Das heißt, dass er auf dem Seeweg zurückkehrt«, sagte Kathleen.
»Wie in Gottes Namen?«, fragte Hans. »Die Ogunquit pustet ihn aus dem Wasser.«
»Vielleicht baut er eine weitere Ogunquit«, sagte Kal gelassen.
»Und womit?«, wollte Hans wissen.
»Ich weiß nicht. Wir müssen vielleicht noch eine Woche durchhalten oder auch Monate. Ich habe keine Ahnung.«
Kal entfernte sich einen Augenblick lang von der Gruppe.
Explosionen fuhren prasselnd über die Stadt hinweg und erschütterten den Boden unter seinen Füßen. Ein pfeifendes Stöhnen zog über ihm seine Bahn, und er blickte steil nach oben und erblickte eine Mörsergranate, die im langsamen Bogen herabkam.
Kal blickte zu Hans zurück, noch während die Detonation der Granate durch die Stadt dröhnte.
»Was müssen wir auf jeden Fall halten, falls wir weiterkämpfen möchten?«, fragte Kal.
»Natürlich die Fabriken.«
»Schweben sie in unmittelbarer Gefahr?«
»Na ja, sie sind aufgrund des Geländes leicht zu verteidigen. Falls der Feind jedoch alle seine Kräfte an einer einzelnen Stelle in die Schlacht wirft, könnte er sich so einen Weg bahnen.«
»Mal angenommen, wir bringen jede Muskete und jede Kanone, die wir haben, dort zum Einsatz.«
»Das würde unsere Chancen verbessern.«
»Dann gebe ich die Stadt auf«, erklärte Kal entschieden.
»Was?«
»Wir müssen realistisch sein. Wir haben hier in der Stadt kaum mehr als zwölftausend Mann unter Waffen. Alle übrigen sind mit dem Expeditionsheer ausgezogen. Der Rest
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