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Das verlorene Regiment 02 - Jenseits der Zeit

Das verlorene Regiment 02 - Jenseits der Zeit

Titel: Das verlorene Regiment 02 - Jenseits der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William R. Forstchen
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Mittagszeit stets brummten.
    Die Frage der Zeitmessung auf diesem Planeten zu klären war eine faszinierende Erfahrung gewesen. Sie nahm ihren Anfang, als sich ein Lehrling Vincents an die Reparatur von Andrews rostiger Taschenuhr machte, die wie alle anderen Uhren im Lichttunnel beschädigt worden war. Es gelang dem Jungen schließlich, und er wurde über dieser Arbeit selbst zu einem Meisterhandwerker. Allerdings schien der Tag auf Waldennia eine Stunde kürzer zu sein, was Andrew faszinierte, ebenso wie die andere merkwürdige Eigenschaft des Planeten, ein um fast vierzig Tage längeres Jahr zu haben. Man führte eine lebhafte Debatte darüber, ob man einen Tag mit dreiundzwanzig Stunden etablieren sollte oder einen mit vierundzwanzig. Vincent Hawthorne, der als Erster an Uhren gebastelt und sie auf diesem Planeten eingeführt hatte, errang schließlich den Sieg für die Vierundzwanzig-Stunden-Seite, indem er auf die Symmetrie dieser Regelung hinwies und darauf, dass die Uhrwerke so leichter einzustellen waren. Obwohl Andrew wusste, dass es unlogisch war, so konnte er sich doch nicht des Gefühls erwehren, dass ihm an einem Ende kostbare Zeit gestohlen wurde, nur um sie am anderen Ende zurückzuerhalten.
    Er fummelte nach der Uhr und absolvierte seine tägliche Routine, sie eine Stunde vorzustellen, ehe er dieses kostbare Erinnerungsstück-ein Geschenk, das ihm 1863 die Männer der Kompanie B gemacht hatten, seines ersten Kommandos im Regiment – in die Westentasche zurücksteckte.
    Während er die Treppe zurückließ, die noch vom alten Palast übrig geblieben war, nickte Andrew den Menschen grüßend zu, die ihm gut gelaunte Bemerkungen zuriefen oder ihn in den meisten Fällen einfach mit einer Bewunderung anschauten, die an Ehrfurcht grenzte. Blumengeschenke waren eine Rustradition, an die er sich noch immer nicht gewöhnt hatte, aber Kathleen strahlte glücklich, als eine Schar Kinder zu ihr lief und ihr aufgeregt kichernd einen Strauß überreichte. Sie bückte sich und küsste das jüngste auf die Wange, und das kleine Mädchen wurde rot und wich zurück.
    Andrew blieb vor der Kutsche stehen und nahm sie sorgfältig in Augenschein, ehe er Kathleen half einzusteigen. Die Kutsche war fast so gut wie die zu Hause, wies Metallfederung auf und leichte eisenbeschlagene Räder. Trotzdem war sie mehr russisch als amerikanisch, viel schwerer als alles, woran er gewöhnt war. Das Gespann wirkte unpassend, ein ehemaliges tugarisches Kriegspferd, größer als ein Clydesdale.
    Eine Kutsche einhändig zu lenken, das machte Andrew immer noch nervös. Als Reiter fühlte er sich vollkommen wohl und seiner Sache sicher, aber andererseits schien Mercury die Behinderung des Reiters auch irgendwie zu spüren.
    Unbeholfen packte er die Zügel, drehte die Kutsche und fuhr über den Platz. Im Zentrum entdeckte er eine Reihe besonderer Marktstände und stoppte das Pferd sachte.
    »Ich hoffe, „die Geschäfte laufen heute gut!«, rief er auf Lateinisch einem Kaufmann in der langen Toga der Roum zu.
    Eine neugierige Menge versammelte sich gerade um diese Reihe aus einem halben Dutzend Markständen und betrachtete erstaunt nicht nur das Angebot an silbernen Halsketten und Armreifen und bestickten Leinenkleidern, sondern auch die geheimnisvollen Kaufleute.
    »Gut, sehr gut«, antwortete einer von ihnen stockend in gebrochenem Rus.
    »Er ist nur der Erste von vielen«, erklärte Andrew der neugierigen Menge. »Der Handel zwischen seinem Volk und unserem wird uns allen nur nützen. Vergesst aber nicht, dass es eine Zeit lang dauern wird, ehe sie Papiergeld annehmen.«
    »Und sie werden unsere eigenen Silberschmiede ruinieren!«, rief eine wütende Stimme aus der Menge. »Sie sind billiger.«
    »Dafür sind deine Preise zu hoch, Basil Andrejewitsch«, bemerkte jemand spöttisch.
    Der Protest löste unverzüglich eine Diskussion aus, und wohl wissend, dass es nur zu einem weiteren Vortrag über das System des freien Marktes führen würde, wenn er blieb, rang sich Andrew ein Lächeln ab und setzte das Pferd wieder in Bewegung.
    »Sie sind heute Morgen mit dem Zug gekommen«, erzählte Kathleen. »Das muss vielleicht ein Anblick gewesen sein! Eine Gruppe Kaufleute, die von den Römern abstammen und einen amerikanischen Zug nehmen, um in einer mittelalterlichen russischen Stadt Handel zu treiben.« Sie lehnte sich zurück und lachte.
    »Es ist erst der Anfang«, sagte Andrew leise. »Die Ideen sind es, woran ich am meisten interessiert bin.

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