Das Verlorene Symbol
dahinratternden U-Bahn-Waggon rutschte Katherine Solomon unbehaglich auf dem harten Plastiksitz hin und her. Die helle Neonbeleuchtung schmerzte in ihren Augen; sie kämpfte gegen den Impuls an, die Lider zu schließen, und sei es nur für eine Sekunde. Langdon saß neben ihr in dem leeren Abteil und starrte geistesabwesend auf die lederne Umhängetasche zu seinen Füßen. Seinen Augen nach zu urteilen, kämpfte auch er gegen die Müdigkeit und das monotone Rattern des Zuges, das ihn immer wieder kurz einnicken ließ.
Katherine dachte an den seltsamen Inhalt von Langdons Tasche. Was will die CIA mit dieser Pyramide? Bellamy hatte angedeutet, dass Sato womöglich hinter der Pyramide her sei, weil sie um deren wahres Potenzial wisse. Doch selbst wenn diese Pyramide einen Hinweis auf einen Ort enthielt, an dem uralte Geheimnisse verborgen lagen, konnte Katherine sich nur schwer mit dem Gedanken abfinden, dass eine Verheißung mystischen Wissens der Vorzeit ein Thema für die CIA sein könnte.
Andererseits, sagte sie sich, war die CIA öfter dabei ertappt worden, dass sie sich mit Parapsychologie oder PSI-Phänomenen befasste, die an alte Magie und Mystik grenzten. Im Jahre 1995 hatte der ›Stargate/Scangate‹-Skandal ein Geheimprogramm der CIA aufgedeckt, das die sogenannte Fernbeobachtung erforschte – eine Art telepathischer Reise, die einen ›Seher‹ befähigte, sein geistiges Auge an irgendeinen Ort der Welt zu entsenden und dort zu spionieren, ohne körperlich zugegen zu sein. Natürlich war die Technik nichts Neues. Die Mystiker nannten sie Astralprojektion, die Yogis außerkörperliche Erfahrung. Die entsetzten amerikanischen Steuerzahler nannten das Ganze absurd, und das Programm war gekippt worden. Zumindest stand es so in den Zeitungen.
Ironischerweise sah Katherine auffallende Verbindungen zwischen den fehlgeschlagenen CIA-Programmen und ihren eigenen Forschungsergebnissen in den Noetischen Wissenschaften.
Zu gerne hätte sie die Polizei angerufen, um nachzufragen, ob sie in Kalorama Heights etwas entdeckt hatten, doch Langdon und sie waren jetzt ohne Handy, und Verbindung zu den Behörden aufzunehmen wäre in dieser Situation vermutlich sowieso ein Fehler gewesen. Keiner konnte wissen, wie weit Satos Einfluss reichte.
Geduld, Katherine. Innerhalb von Minuten würden sie in einem sicheren Versteck sein, Gäste eines Mannes, der erklärt hatte, er könne ihnen ihre Fragen beantworten. Katherine hoffte, dass seine Antworten, wie sie auch ausfallen mochten, ihr helfen würden, ihren Bruder zu retten.
Sie warf einen Blick auf den Netzplan. »Robert?«, flüsterte sie. »Bei der nächsten Station müssen wir raus.«
Langdon tauchte aus seinem Wachtraum auf. »Ach ja, danke.« Als der Zug sich der Station näherte, nahm Langdon seine Umhängetasche vom Boden auf und warf Katherine einen unsicheren Blick zu. »Hoffen wir, dass unsere Ankunft ohne Probleme verläuft.«
Als Turner Simkins wieder zu seinen Leuten stieß, war der U-Bahn-Steig bereits geräumt worden. Das Team fächerte aus und ging hinter den Stützpfeilern in Stellung, welche die Länge des Bahnsteigs säumten. Ein fernes Grollen hallte im Tunnel am anderen Ende des Bahnsteigs wider und wurde lauter. Simkins spürte einen Schwall abgestandener warmer Luft hereinwehen, den der Zug vor sich herschob.
Das war's dann wohl, Mr. Langdon.
Simkins wandte sich den beiden Agenten zu, die er zu sich auf den Bahnsteig befohlen hatte. »Dienstmarke und Waffe bereithalten. Diese Züge sind automatisiert, doch sie haben alle einen Schaffner, der die Türen öffnet. Sucht ihn.«
Die Scheinwerfer des Zuges erschienen nun im Tunnel, und das Geräusch quietschender Bremsen durchschnitt die Luft. Als der Zug in die Station einfuhr und langsamer wurde, standen Simkins und die beiden Agenten bereits an der Bahnsteigkante, winkten mit ihren CIA-Dienstmarken und versuchten die Aufmerksamkeit des Schaffners auf sich zu ziehen, bevor dieser die Türen öffnen konnte.
Der Zug bremste immer mehr ab. Im dritten Waggon sah Simkins schließlich das verblüffte Gesicht des Schaffners, der sich einen Reim darauf zu machen versuchte, warum drei Männer in Schwarz auf dem Bahnsteig standen und hektisch mit irgendwelchen Ausweisen wedelten. Simkins rannte neben dem Zug her, der nun fast schon zum Stehen gekommen war.
»CIA!«, rief Simkins und hielt seine Erkennungsmarke hoch. »Die Türen nicht öffnen!« Während der Zug langsam ausrollte, lief er neben dem Abteil
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