Das Verlorene Symbol
schwache Stimme. Im Türspalt erschien das verwitterte Gesicht eines alten Mannes. Er trug Priesterkleidung, und seine Augen starrten weiß und blind, umwölkt vom grauen Star.
»Mein Name ist Robert Langdon«, erhielt er zur Antwort, »und das ist Katherine Solomon. Wir bitten um Asyl.«
Der Blinde atmete auf. »Gott sei Dank. Ich habe Sie bereits erwartet.«
KAPITEL 80
Warren Bellamy verspürte einen plötzlichen Hoffnungsschimmer.
Im ›Dschungel‹ hatte Direktor Sato einen Anruf von einem ihrer Agenten erhalten und in den Hörer geschrien: »Dann bewegt eure Ärsche und findet sie, verdammt noch mal! Uns läuft die Zeit weg!«
Nun ging sie vor Bellamys Augen unruhig auf und ab, als versuche sie sich darüber klar zu werden, was sie als Nächstes tun solle.
Schließlich blieb sie direkt vor ihm stehen und wandte sich ihm zu. »Mr. Bellamy, ich frage Sie nur ein Mal.« Sie sah ihm scharf in die Augen. »Haben Sie irgendeine Ahnung, wo Robert Langdon jetzt sein könnte?«
Bellamy hatte mehr als nur eine Ahnung, doch er schüttelte den Kopf. »Nein.«
Satos durchdringender Blick wich nicht von seinem Gesicht. »Es ist Teil meines Jobs zu durchschauen, wann Menschen lügen – so wie Sie jetzt.«
Bellamy wandte den Blick ab. »Es tut mir leid, aber ich kann Ihnen nicht helfen.«
»Architekt Bellamy«, sagte Sato, »heute Abend haben Sie kurz nach sieben Uhr, als Sie in einem Restaurant außerhalb der Innenstadt zu Abend speisten, einen Anruf von einem Mann erhalten, der Ihnen gesagt hat, er habe Peter Solomon entführt.«
Bellamy spürte, wie es ihm kalt über den Rücken lief. Er richtete den Blick wieder auf Sato. Woher weiß sie das?
»Dieser Mann«, fuhr Sato fort, »hat zu Ihnen gesagt, er habe Robert Langdon zum Kapitol geschickt, um dort eine Aufgabe zu lösen … eine Aufgabe, die Ihre Hilfe erfordere. Er hat Sie gewarnt, wenn Langdon bei dieser Aufgabe versage, werde Ihr Freund Peter Solomon sterben. Voller Panik haben Sie sämtliche Telefonnummern Solomons durchprobiert, ohne ihn erreichen zu können. Daraufhin sind Sie zum Kapitol gefahren, so schnell Sie konnten.«
Bellamy hatte keine Ahnung, wie Sato von diesem Anruf erfahren hatte.
»Als Sie aus dem Kapitol geflohen sind«, fuhr Sato unnachgiebig fort, »haben Sie Solomons Entführer eine Textnachricht geschickt, in der Sie ihm versicherten, Sie und Langdon hätten die Freimaurerpyramide in Ihren Besitz gebracht.«
Woher hat sie diese Informationen?, fragte sich Bellamy. Nicht einmal Langdon weiß, dass ich eine SMS geschickt habe.
Gleich nachdem sie den Tunnel zur Kongressbibliothek betreten hatten, war Bellamy kurz in einem Schaltraum verschwunden, um die Baustellenbeleuchtung einzuschalten. In diesem ungestörten Augenblick hatte er beschlossen, Peter Solomons Entführer eine kurze Textnachricht zu schicken, in der er ihn über Satos Verwicklung in die Angelegenheit informierte, ihm aber auch versicherte, dass er – Bellamy – und Langdon im Besitz der Freimaurerpyramide seien und seine Bedingungen erfüllen würden. Es war natürlich eine Lüge gewesen, doch Bellamy hatte gehofft, dies könne ihnen ein wenig Zeit verschaffen – sowohl Peter Solomon als auch Langdon und ihm –, um die Pyramide in Sicherheit zu bringen.
»Wer hat Ihnen das erzählt?«, wollte Bellamy wissen.
Sato warf Bellamys Handy auf die Bank neben ihm. »Das war technisch nicht allzu schwierig.«
Bellamy erinnerte sich nun daran, dass die Agenten ihm bei seiner Festnahme Handy und Schlüssel abgenommen hatten.
»Was den Rest meiner Insider-Informationen betrifft«, sagte Sato, »so gibt mir der Patriot Act das Recht, das Telefon einer jeden Person abzuhören, die ich als ernsthafte Bedrohung für die nationale Sicherheit einstufe. Ich betrachte Peter Solomon als eine solche Bedrohung und habe gestern Abend entsprechende Schritte eingeleitet.«
Bellamy traute seinen Ohren nicht. »Sie haben Peter Solomons Telefon abgehört?«
»Ja. Dadurch habe ich auch erfahren, dass der Entführer Sie im Restaurant kontaktiert hat. Sie haben Solomon auf dem Handy angerufen und eine besorgte Nachricht auf seiner Mailbox hinterlassen, in der Sie ihm mitgeteilt haben, was geschehen ist.«
Das erklärte natürlich einiges.
»Wir haben auch einen Anruf von Robert Langdon aus dem Kapitol abgefangen, der sehr verärgert war, dass man ihn unter Vorspiegelung falscher Tatsachen dorthin gelockt hatte. Ich habe mich sofort auf den Weg zum Kapitol gemacht und bin vor Ihnen
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