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Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05

Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05

Titel: Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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hatte er die Ereignisse des vergangenen
Tages noch nicht vergessen.
Die junge Frau lachte, ein erleichtertes und freimütig
lautes Lachen, das die Stille des Raumes plötzlich
erfüllte. »Vater lebt, mein Schatz! Und Euer Bruder und
Eure Schwester sind nun endlich bei uns.« Sie warf einen
Blick hinüber zu den beiden Wiegen, die man in sicherem Abstand zum Feuer vor dem Kamin aufgestellt hatte,
und rang mit sich, ob sie sich zu ihnen begeben sollte.
Der kleine Junge verrenkte den Kopf und suchte nach
seinen Geschwistern. »Wo sind sie denn?«
Aschure lächelte, streichelte ihm über die Wange und
zögerte so hinaus, nach den Zwillingen zu sehen. »Ich
habe eine lange Nacht hinter mir, Caelum, und in der
habe ich seltsame Dinge gesehen und zu hören bekommen.«
Caelum drehte den Kopf wieder zu ihr und sah sie mit
großen Augen an. Vorsichtig hob er eine Hand, getraute
sich dann aber wohl doch nicht, sie zu berühren.
Seltsame Dinge strahlen auch in Euren Augen, Mutter.
»Und eines Tages erzähle ich Euch vielleicht von
ihnen«, flüsterte sie an seine Wange. »Sollen wir jetzt
Euren Bruder und Eure Schwester im Haus der Sterne
willkommen heißen?«
Langsam schritt sie mit Caelum zu den beiden Wiegen. Die junge Mutter spürte, daß die beiden wach waren
und warteten. Sie atmete tief durch und erinnerte sich
voll Abneigung an die Schmerzen und die Qualen, die sie
ihr bereitet hatten. Aschure hatte die Zwillinge nicht
geboren, sie hatten sich von ihrem Leib losgerissen.
Aber inzwischen ging es ihr wieder besser, und vielleicht rechneten die beiden ja nicht mit ihrer neuen
Stärke. Sie war jetzt mehr als nur Aschure, aber keiner
der Zwillinge konnte wissen, daß sie die Mondgöttin war.
Die junge Frau erreichte die erste Wiege und beugte
sich darüber. Mit ausdrucksloser Miene und gefaßtem
Blick.
Das Mädchen lag auf dem Rücken. Es hatte sich von
der Decke freigestrampelt und ruderte mit Ärmchen und
Beinchen. Als es seine Mutter entdeckte, hörte es sofort
damit auf.
Ihre Tochter.
Aschure hatte immer ein Mädchen haben wollen und
gehofft, mit ihm etwas von der wunderbaren Beziehung
herstellen zu können, die sie mit ihrer Mutter gehabt
hatte. Aber mit diesem Kind würde das wohl nicht
möglich sein. Niemals.
Sie setzte sich Caelum auf die Hüfte, streckte eine
Hand aus und strich der neuen Erdenbewohnerin über die
Wange.
Das Mädchen folgte den Bewegungen der Hand mit
seinen violetten Augen. Selbst schon im Alter von zwölf
Stunden konnte ein Ikarierkind den Blick fest auf etwas
richten. Die Mutter bezweifelte nicht, daß sich hinter den
scharfen Augen ein ebenso wacher Verstand befand.
Trotz allem, was Aschure mit den beiden durchgemacht hatte, lächelte sie jetzt. Die Haut des Säuglings
fühlte sich weicher als Daunen an, und auf dem Haupt
ringelten sich kleine goldene Löckchen. Sie hat das Haar
von Abendlied, erkannte die junge Frau und fuhr mit den
Fingern über den seidigen Kopf.
Aber dann drehte das Mädchen den Kopf von ihr weg,
und Aschures Blick wurde hart. Sie versuchte sich zu
fassen, legte die Finger kurz an die Lippen und gab
diesen Kuß dann der Stirn des Kindes.
»Willkommen, Flußstern Sonnenflieger, im Haus der
Sterne. Ich heiße Aschure und bin Eure Mutter.« Sie
schwieg kurz, um die harten Worte hinunterzuschlucken,
die sich ihr wie von selbst auf die Lippen drängen wollten.
»Und ich hoffe, daß wir eines Tages lernen können,
einander zu lieben.« Viel mehr konnte sie nicht sagen.
Flußstern. Ihr Schwiegervater hatte diesen wunderschönen Namen ausgesucht. Was für ein eigentümlich
friedvoller Name für ein Mädchen, das ihren Eltern so
viel Kummer bereitet hatte. Aber vielleicht hatte
Sternenströmer etwas in dem Mädchen gespürt, das ihr
selbst noch verborgen war. »Ich hoffe, Flußstern, Ihr
werdet Eurem Namen alle Ehre machen«, fügte die
Mutter noch hinzu und ließ dann Caelum zu dem Kind
hinab, damit er es ebenfalls berühren und willkommen
heißen konnte.
»Nun kommt«, sagte sie, als sie ihn wieder hochhob,
»Ihr habt auch noch ein Brüderchen.«
Aschure mußte sich erst zusammenreißen, ehe sie es
wagte, in die zweite Wiege zu schauen. Der Junge hatte
mit den Feindseligkeit seinen Eltern gegenüber als erster
angefangen, und er hatte sich auch als erster die Geburt
erzwungen. Dieser kleine Bursche hatte mit dem Bösen
begonnen und seine Schwester mitgezogen. Die junge
Mutter fragte sich, ob sie ihm überhaupt mit Gleichmut

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