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Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05

Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05

Titel: Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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durfte als erste dorthin, und die anderen beneideten
sie, fürchteten um sie und trauerten mit ihr. Aber Yr war
am jüngsten, stärksten und lebendigsten von ihnen, und
so erschien es nur richtig, daß sie als erste ging. Ihr stand
die weiteste Reise bevor, aber dennoch waren ihre
Aussichten am günstigsten, ihr Ziel zu erreichen.
Die Wächter stellten sich in einer Reihe auf und griffen auf eine von ihnen selten genutzte Macht zurück, um
ihre Handlungen vor allen Störungen abzuschirmen.
Jack wartete, bis der Mond voll und hell strahlend
über ihnen schwamm. »Die Zeit ist gekommen«, erklärte
er, und die anderen seufzten.
»Die Zeit ist reif«, wiederholte Yr leise.
»Es ist an der Zeit«, echote eine melodiöse Stimme
hinter ihnen, und die fünf drehten sich um, um zu sehen,
wer da sprach.
Yrs Augen füllten sich mit Tränen. Sie fühlte sich
geehrt und gesegnet, da der Prophet bei ihrem Opfer
zugegen sein würde.
Er zeigte sich ihnen in all seiner Pracht. Keiner von
den fünfen – nicht einmal Jack – hatte ihn jemals zuvor
so zu Gesicht bekommen. Der Prophet trug seine
Ikarierflügel, und die Wächter begriffen, daß er ein
Ikarierzauberer von ungeheurer Macht und Größe sein
mußte, der alle in die Schranken zu verweisen vermochte, die sich ihm in den Weg zu stellen wagten.
Im Licht des Mondes erkannten sie ihn kaum, denn er
trug ein eng geschnittenes silbernes Gewand, daß ihm
wie angegossen saß. Es bestand aus einem Material,
welches die fünf noch nie zuvor gesehen hatten, ein
dichtes Gewebe in Silbergrau mit Spuren von Blau in den
Falten, das schimmerte und leuchtete, wenn er sich
bewegte.
Die Wächter verbeugten sich zum Zeichen ihrer Ergebenheit vor ihm. Sie hatten ihre Aufgabe mit großem
Geschick erledigt und seine kühnsten Erwartungen
übertroffen. In seinen violetten Augen glitzerten Tränen
der Dankbarkeit.
Kaum merklich nickte er Jack zu – es war nun an der
Zeit zu beginnen.
»Freundin und Schwester Yr«, begann Jack, und seine
Stimme klang so sanft wie das leichte Plätschern der
Wellen, die ihre Füße netzten. Er faltete die Hände vor
der Brust. »Ein paar Worte müssen zu dieser Stunde
ausgesprochen werden. Unser ganzer Dienst lief auf
diesen Augenblick hinaus, und nun werden wir zu der
endgültigen Feuersbrunst geführt. Alle führten wir den
Dienst nach bestem Wissen und Gewissen aus. Wir
haben beobachtet und gewartet und seit der Zeit, da sich
die Prophezeiung auf den Weg machte, andere auch
geführt. So bewirkten wir unser Möglichstes, um unsere
Aufgabe zu erfüllen.«
Eine Weile schwiegen alle, während der Prophet still
hinter ihnen stand.
»Ich möchte ein paar Worte sagen«, erklärte Yr
schließlich. »Tief in meinem Inneren verspüre ich
unendliches Bedauern«, begann sie, und ihr Blick ruhte
auf dem Mondlicht, das über die Wellen des Gralsees
strich. »Unendliches.«
Niemand, schon gar nicht der Prophet, verübelte der
Katzenfrau ihre Gefühle.
»Unendlich«, wiederholte sie fast unhörbar. »Ich
genoß das Leben in der Oberwelt, obwohl es manchmal
kleinlich und verstörend auf mich wirkte. Aber ich
gewann Freunde, die ich nun verlassen muß. Freunde,
denen ich nicht mehr Lebewohl sagen kann, obgleich sie
es verdient hätten. Freunde, die ich genauso vermissen
werde wie sie mich.«
Die anderen schauten die junge Wächterin an, und in
ihren Augen glitzerten ungeweinte Tränen. Sie teilten
Yrs Gefühle. Nie im Leben hätten sie damit gerechnet,
während ihrer Reise Freundschaften schließen zu dürfen.
»Ich habe sogar ein wenig Liebe kennengelernt«, fuhr
die Katzenfrau fort. »So werde ich Hesketh vermissen,
und es tut mir leid, daß er morgen früh aufwacht und ich
nicht mehr da bin, ohne daß er je erfährt, wohin ich
gegangen bin. Ich fürchte, daß er sehr lange um mich
trauern und sich für den Rest seines Lebens fragen wird,
warum ich ihn so schmählich verließ. Der Ärmste wird
nie erfahren, ob ich wohlauf bin oder vielleicht Hilfe
brauche.«
Ihr Mund bebte. »Unsere Beziehung auf diese Weise
zu beenden, ist ihm gegenüber ungerecht, so ganz ohne
Erklärungen und ohne Lebewohl.«
Vor Erregung und Furcht zitternd holte Yr tief Luft.
»Mein Aussehen werde ich am meisten vermissen«,
flüsterte sie.
Jack küßte die Freundin sanft. »Beruhigt Euch,
Schwester Yr. Ihr werdet als erste von uns fünfen der
Geheimnisse der uralten Sternengötter teilhaftig.«
Die anderen drei traten jetzt vor, küßten die Katzenfrau

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