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Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05

Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05

Titel: Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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Tage hatte sie noch nicht einmal etwas zu sich
nehmen wollen, und nur aus einem einzigen Grund hatte
sie sich aufrechthalten können. Sie wußte genau, daß sie
niemals mehr eine Morgendämmerung erleben würde,
wenn sie sich in ihre Decken einwickeln und zum
Schlafen hinlegen würde.
    Etwa fünfzig Meter vom dunklen Saum des Waldrandes entfernt, stand Faraday haltsuchend an einen der Esel
gelehnt und starrte leeren Blickes auf die Bäume. Der
kalte Wind drang beißend durch ihren Mantel, aber
Faraday spürte ihn kaum. Sie fühlte sich müde, so
schrecklich müde und versuchte zu entscheiden, ob sie
ihr Lager außerhalb des Waldes aufschlagen und ihn erst
am Morgen betreten oder das Wagnis eingehen sollte,
sich in der Dunkelheit zwischen den Stämmen zu
bewegen. Die Sonne schickte sich bereits an, hinter den
Wolken am westlichen Horizont zu versinken.
    Schließlich trafen die Esel an ihrer Stelle die Entscheidung. Das Tier, an das sie sich gelehnt hatte, setzte
einen Huf nach vorne, dann noch einen, und zwang
Faraday auf diese Weise, ebenfalls einen Schritt zu
machen. Das hinter ihr stehende Tier stieß ihr den Kopf
in den Rücken und drängte sie weiter vorwärts. Ganz
allmählich zogen, stießen und schubsten die Tiere
Faraday in den Wald der Schweigenden Frau.
    Die Bäume umfingen Faraday mit ihrem Trost, sobald
sie einen Schritt unter ihre schützenden Kronen gemacht
hatte. Als Jack sie vor langer Zeit hierhergebracht hatte,
zeigten ihr die Bäume eine Vision dessen, was sie, von
Schrecken erfüllt, für Axis’ Tod gehalten hatte. Aber das
Lied, das die Bäume jetzt für sie sangen, während sie den
Pfad zur Burg entlangging, klang wie ein Gesang der
Freude und der Anteilnahme, schwermütig in seiner
Schönheit und auch leidenschaftlich und vollblütig.
    Sobald Faraday die Weise vernahm, erhellte ein Lächeln ihr Gesicht, und Einsamkeit und Verzweiflung
fielen von ihr ab. Ihr wurde wieder leicht ums Herz, und
sie ließ die Mähne des Esels los, an die sie sich geklammert hatte.
    »Ihr seid wunderschön!« rief sie, klatschte in die
Hände und drehte sich vor Entzücken einmal um sich
selbst. »Wunderschön seid Ihr!«
    Eines Tages, so dachte sie froh, wird ein großer Teil
von Tencendor auf eben diese Weise singen!
Seinerzeit, als Axis in seiner Eigenschaft als Axtherr
mitsamt seinen Axtschwingern und Bruder Gilbert durch
diese Wälder geritten war, erschienen sie den Männern
dunkel und beinahe undurchdringlich. Äste versperrten
ihnen den Weg und zerkratzten ihnen Gesichter und
Hände, Wurzeln wölbten sich aus dem Boden und
schienen die Hufe der Pferde umschlingen zu wollen. Axis
mochte heute der Sternenmann sein, aber damals umfing
ihn noch immer das Lügengewebe des Seneschalls.
Außerdem begleitete ihn der abscheuliche Gilbert, der sich
nie von den Lügen befreien würde, die seine Seele
verzehrten. Der Wald der Schweigenden Frau gab den vier
Männern den Weg erst frei, nachdem er ihnen ihre Äxte,
die Symbole der Zerstörung, genommen hatte.
Aber die Frau, die nun den Weg zur Burg beschritt,
war Faraday, Baumfreundin, geliebt von der Mutter und
allen Kreaturen und Wesen des Heiligen Hains. Voller
Freude sangen die Bäume für sie, und die Wälder hier
schienen genauso geräumig, lichtdurchflutet und
geheimnisvoll einladend zu sein wie der Zauberwald
selbst.
Axis und seine Begleiter brauchten damals beinahe
einen ganzen Tag, um die Burg zu erreichen, aber
Faradays Einschätzung nach verging kaum mehr als eine
Stunde, bis sie den Kesselsee golden zwischen den
Bäumen hindurchschimmern sah.
Überwältigt von seinem Anblick hielt sie am Ufer des
Sees inne und ging in die Hocke, um die Finger durch
sein magisches goldenes Wasser gleiten zu lassen. Ihre
Hand blieb dabei jedoch so trocken wie zuvor. Ein
Viertel des Weges rund um den See herum entfernt erhob
sich die helle, aus gelblichen Steinen errichtete Burg, und
Faraday lächelte, als sie das einladend geöffnete Tor und
den warmen Schein sah, der durch die Fenster fiel. Sogar
aus der Entfernung spürte sie, daß die Burg sie nicht nur
erwartete, sondern sich geradezu nach ihrer Gesellschaft
sehnte.
An dem Gemäuer angelangt, nahm Faraday den Eseln
ihre Last ab und befreite sie von den Sätteln. Die Tiere
trotteten zur Rückseite der uralten Festung, wo ohne
Zweifel ein warmer Stall und Hafer auf sie warteten.
Faraday betrat nun die Burg und blieb erst einmal
atemlos vor Staunen stehen.
Sowohl

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