Das Vermaechtnis
Sprechgesängen, Klangrhythmiken, Tönen, Chakrenarbeit, Energiearbeit und Schweigen. Durch die Art zu lernen, in völlige Ruhe zu kommen, sich zu öffnen und Informationen fließen zu lassen, war dies nicht so schwierig, das kannten sie von klein an.
Ungewohnt war die Länge, die Ausdauer, die Geduld, welches sie nun als Grundlage der Geistesbeherrschung erlernten.
Im zweiten Novizen-Lehrjahr konnten sie lernen, ihr neues Wissen nun in den normalen Ablauf in Familie und Gesellschaft zu integrieren. Dazu kamen der Umgang mit den Heilsteinen und die Verfeinerung der Geistesbeherrschung bis zur Beherrschung des Denkens sowie der Körpertemperaturen. Viel Spaß bereitete das Erlernen der Teleportation, also Dinge hin und her zu verschieben, egal wie schwer diese waren. Sie erlernten hier die Basis zur Materialisation und die Kontaktaufnahme zu Geistwesen. Sie trainierten ihre übersinnlichen Fähigkeiten, dem eigentlichen Schwerpunkt ihrer priesterlichen Ausbildung. Sie erlernten das zielorientierte Arbeiten, das Fokussieren auf eine Idee und das Finden des optimalen Wegs dorthin. Dies alles stets im Einklang mit sich und der Umwelt, den Mitschülern, der Familie, der Gemeinschaft, der Natur.
Sie alle hatten sich zur Ausbildung zum Meister entschieden und verbrachten auch hier wieder das erste Jahr ausschließlich im Tempel. Nun kamen die Grundzüge der Überwindung der Schwerkraft hinzu, das Planen und Leiten von Zeremonien und das Heilen sowie die Wirkung der Energien drinnen wie draußen.
Hier fanden Spezialisierungen statt und jetzt, im dritten Lehrjahr der Ausbildung zum Meister, sie sind im Alter von etwa 17 Jahren, können alle bereits ihre ersten Erfahrungen in dem jeweiligen Fachgebiet sammeln. Die Priesterlehrer stehen ihnen zur Seite, lassen ihnen jedoch früh freie Hand und schreiten nur ein, wenn Bedarf ist. Erfahrungen sind die besten Lehrer.
Heute Morgen haben sie sich bereits einige Zeit vor dem Sonnenaufgang getroffen. Heute waren Aleyna und Burgon an der Reihe, das Sonnenaufgangsritual durchzuführen. Das waren genau die richtigen – sie lieben die Rituale, die Zeremonien. Alle konnten sicher sein, dass die beiden eine Klitzekleinigkeit im Ablauf ändern würden, obgleich die meisten Abläufe bereits seit vielen Jahren die gleichen sind. Zum Sonnenaufgangsritual stellen sich bislang alle ans Meer, jeder dem Meer zugewandt, Richtung Osten, wo die Sonne bald aufgehen würde. Die Ritualsleiter stehen gewöhnlich mit etwas Abstand dahinter und beginnen mit einer Räucherung und dem anschließenden Sprechgesang zur Begrüßung des neuen Tages.
Heute baten Burgon und Aleyna alle, sich etwas weiter hinten am Strand im Halbkreis Richtung Meer aufzustellen und sich dort in die Ruhe zu begeben. Die beiden standen vor ihren Freunden und den beiden Lehrern und eröffneten das Ritual mit der Räucherung. Angenehm war das Umschmeicheln der Nasen mit dem wohligen Duft des Räucherwerks. Ein schönes gemeinschaftliches Gefühl kam auf. Aleyna begann mit dem Sprechgesang von zunächst unbekannten Silben kurz bevor die Sonnenscheibe zu sehen war. Burgon begleitete sie leise auf der Trommel. Als die ersten Strahlen der Sonne sie berührten, gab Aleyna allen ein Zeichen, nun in den Begrüßungssprechgesang einzustimmen:
„Kraft der Sonne, des Feuers,
schenke diesem unseren Tag deine Energie;
auch ihr Kräfte der Erde, der Luft, des Wassers,
damit alles wachsen und gedeihen kann,
so wir auf dieser wunderschönen Erde
unsere Erfahrungen sammeln können und
in Glück und Freude leben und lernen.
Frieden und Harmonie seien unsere steten Begleiter.“
Ein kurzes Nicken war das Zeichen zum Verstummen. Aleyna lies die Begrüßung mit unbekannten Silben ausklingen. Burgons Trommel verstummte ebenfalls. Nach einer Weile der Ruhe drehten die beiden sich um und begrüßten alle mit den Worten:
„Habt einen schönen und erfüllten Tag. Gesegnet sei dieser Tag.“
So begann dieser Tag. So oder ähnlich beginnen für die Priester alle Tage auf Cambolia und für all diejenigen, die es mögen, ob am Meer oder im Inland, im Tempelgarten, am Wald. Auf jeden Fall beginnt jeder Bewohner Cambolia s den Tag mit einer ruhigen Zeit der Besinnung und Einstimmung auf den Tag, wenn nicht über die Morgenrituale draußen im Freien in der Gemeinschaft, so im kleineren Kreis in der Familie oder Freunden oder vielleicht auch nur für sich. Dafür gibt es keine Regeln, die einzige Regel ist, den Tag in Ruhe zu beginnen
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