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Das Vermaechtnis

Das Vermaechtnis

Titel: Das Vermaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Scherer-Kern
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schweren Aufgaben verbunden, bis er endlich in seiner letzten Not von den Göttern auf den Olymp gehoben wurde, wo er fortan von Schmerz und Leid befreit war.
     
     
    3. Akt 1. Szene
     
    Chorführer (geht durch den Raum, während er erzählt) Ein schöner Raum mit Liegen und Tischen, die um die Mitte angeordnet sind. An den Wänden in zarten Farbtönen Blumen und Ornamente in einem Streifen um den Raum herum bis zur Höhe der Tür. Darüber sind die Wände einfarbig gestrichen in hellem Ocker. Der Raum ist hell, mit halb geöffneten, dünnen, hellblauen Vorhängen zu einem großen Balkon, von dem man einen schönen Blick über die Stadt hat, hinüber zur Akropolis . Gimraios, Jaskularias und Choi-Hippokrates sitzen oder besser liegen seitlich gestützt auf ihre Ellenbogen auf den Liegen, zwei weitere Liegen sind frei.
    Sie werden von zwei Sklavinnen und einem Sklaven bewirtet. Jeder hat seinen eigenen Tisch mit einem Krug Wasser und einem Krug Wein. Die Sklavinnen schenken ihnen ein und stehen immer in Sichtweite, wenn nachgeschenkt werden soll. Der Sklave trägt das Essen herein, frischen Fisch und Gemüse. Oliven, Käse und Brot stehen die ganze Zeit über auf den Tischen bereit. Bei einer angenehmen Temperatur lässt es sich gut speisen, besonders mit den Freunden der Weisheit, den geschätzten Philosophen. Die Gäste wechseln und die Gespräche vertiefen sich. Die Stimmung ist leicht und ernst zugleich.
    Gimraios hat, wie allgemein bei Gastmählern üblich, zur Unterhaltung und um eine Sprechpause einzulegen, zwei Auftritte anzubieten: Eine Tänzerin mit zwei Flötenspielerinnen und ein Rhapsode , einem wandernden Sänger und Dichter, der einen Auszug aus Homers Odyssee vortragen und dazu auf seiner Lyra spielen wird. Die Lyra hatte der Gott Apollon erfunden und ist nicht einfach zu spielen. Sie verzaubert durch ihre sanften Klänge und bringt eine friedliche und heitere Stimmung in jeden Raum und jede Gesellschaft.
    Wie schön, ich höre, sie haben die Rede vom Goldenen Zeitalter . Allein die Rede davon scheint alle in eine glückselige Stimmung zu versetzen. Es wird jedoch nicht von Dauer sein, so, wie einst auch das Goldene Zeitalter nicht ewig währte und eines Tages verging.
    Wenn ich ihren Gedanken so lausche, so vernehme ich, dass sie sich nicht bewusst sind, dass die einst sehr bodenständige, anspruchslose und erdbezogene Gesellschaft der Bauern deutlich näher an und mit dem Wesen der Natur lebte, als sie es heute tun. Heute, wie wir sie hier beobachten, die zivilisierten Städter, dekadent, luxusorientiert, mit einem Dahinschwinden des tiefen und innigen Glaubens an die Götter in der Natur, nein, eher die Göttlichkeit der Natur! Ja, draußen wurden damals die Götter geehrt, nicht drinnen, eingemauert und in Bilder geformt.
    Gut, ich muss zugeben, dass natürlich das Werk eines Künstlers an sich auch als göttlich zu bezeichnen ist, wenn wir die Tiefe der Verbundenheit mit seinem Werk, seine Ausdruckskraft und sein Können bestaunen. Doch verliert ein Gott nicht seine Kraft, wenn er als Mensch dargestellt wird, auch wenn die Götter der Hellenen meist sehr schöne, kraftvolle, figurative Darstellungen sind?
    Was ist die Figur des Poseidon gegen die wahre Größe des Meeres…?
    Auf der anderen Seite wollen sie durch ebensolche schönen Darstellungen der Größe der Götter huldigen, sie vom Himmel herabholen in die körperliche Welt, ihnen Denkmäler setzen, Mäler des Denkens…
    Gedanken und Bilder schränken den wahren Geist ein.
    Doch über Bild, Schrift, Sprache werden viel mehr Menschen erreicht, es gehört zur Kommunikation. Danach strebt der Mensch: denken, reden, sich austauschen, kommunizieren.
    Ihr Zuschauer, macht euch selbst eure Gedanken und ihr werdet mein Hin- und Herdenken verstehen. Lasst eure Gedanken doch einmal frei. Aber halt, wie kann ich solches vorschlagen?! Bei den alten Hellenen scheint eine Welt ohne Gedanken, ohne viele Gedanken schier unmöglich!
    Sicher, so von außen betrachtet sind die Gedanken der Menschen sehr interessant und auch wichtig für die Entwicklung der Menschen. Eine Entwicklung, die allerdings gerade wegen dieser vielen Gedanken eine große Schleife zu drehen scheint. Es wird wohl einige hundert Jahre dauern, ehe sie freikommen von all ihren Gedanken und Bildern und Deutungen und wieder an den Ursprung anknüpfen können zu einem wahrhaft vernünftigen menschlichen Leben, zurück zur Einfachheit, verbunden mit der Natur, Gaia , der Erde als

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