Das Vermaechtnis
Worten noch mit Taten,
etwas zu tun oder zu sagen, was nicht das Bessere ist.
Überlege vor der Tat, damit sie sich nicht als töricht erweist:
Unüberlegtes Handeln und Reden sind Sache eines unwürdigen Mannes.
Was dir aber hinterher keinen Schmerz bringt, das führe durch bis zum Ende.
Tue nichts, wovon du nichts verstehst, doch lasse dich belehren,
soviel als nötig; so wirst du das angenehmste Leben verbringen.
Auch die Gesundheit des Körpers darfst du nicht vernachlässigen:
Halte Maß im Trinken, Essen und Sport.
Maß nenne ich, was später keinen Schmerz bringt.
Gewöhne dich an eine reine Lebeweise ohne Überfluss
und hüte dich, etwas zu tun, was Neid erregt:
Treibe keinen Aufwand zur unrechten Zeit wie einer, der nicht weiß, was sich ziemt.
Doch sei auch nicht kleinlich: Maß ist in allem das Beste.
Tue, was dir keinen Nachteil bringt, und überlege vor der Tat.
Lass den Schlaf nicht zu deinen sanften Augen kommen,
ehe du jedes der Werke des Tages dreimal durchdacht hast:
‚Worin habe ich gefehlt? Was habe ich getan? Was habe ich versäumt?’
Beginne beim ersten und gehe alles durch und dann:
Hast du Schlechtes getan, so erschrecke, doch hast du Gutes getan, so freue dich.
Darin mühe dich, darin übe dich, dies musst du lieben:
Dies wird dich auf die Spuren der göttlichen Tugend bringen.
Wahrlich, bei dem, der unserer Seele die Vierheit gegeben,
Quelle der ewigen Natur!
Nun schreite zur Tat
und bete zu den Göttern, sie zu vollenden. Wenn du diese Lehren beherrschst,
erkennst du die Beziehung zwischen den unsterblichen Göttern und den sterblichen Menschen:
wie ein jedes vergeht und Bestand hat.
Du wirst erkennen, soweit es dir zusteht, dass die Natur in allem gleich ist,
sodass du nichts erhoffst, was man nicht hoffen kann, und nichts dir verborgen bleibt.
Du wirst erkennen, dass die Menschen selbstgewählte Leiden haben,
die Armen, die das Gute, das nahe ist, nicht sehen
und nicht hören; nur wenige wissen eine Befreiung aus diesen Übeln.
Dieses Schicksal schwächt ihren Sinn. Wie rollende Steine
werden sie hierhin und dorthin gestoßen, erleiden endloses Leid.
Denn ein verderblicher Begleiter, der Streit, schadet ihnen unbemerkt
und ist mit ihnen verwachsen. Diesen darf man nicht antreiben: Man muss ihm weichen und entfliehen.
Vater Zeus, wahrhaftig! Alle würdest du von vielen Übeln erlösen,
wenn du allen zeigtest, mit welchem Dämon sie leben!
Du aber sei guten Mutes, denn göttlich ist das Geschlecht der Sterblichen,
und die Natur, die das Heilige offenbart, zeigt ihnen alles.
Wenn dir davon etwas zuteil wird, wirst du das beherrschen, was ich dir verordne.
Du wirst deine Seele heilen und aus diesen Übeln retten.
Aber halte dich fern von der Nahrung, die wir in den ‚Reinigungen’
und in der ‚Erlösung der Seele’ genannt haben. Bedenke dies alles, wenn du wählst,
und stelle die beste Einsicht oben als Wagenlenkerin hin.
Wenn du den Körper verlässt und in den freien Äther gelangst,
wirst du unsterblich sein: Ein unsterblicher Gott, nicht mehr sterblich. [36]
Das sind doch Grundsätze, die des Nachdenkens lohnen! Er verehrte Zeus , doch er selbst sah sich als Priester des Apollon , dem Gott des Lichts. Ähnlich wie mein großer Lehrer Sokrates .
Ich plane, ein Grundstück zu kaufen, nordwestlich von Athen , nahe dem Hain Akademeia , nach dem attischen Heroen Akademos benannt. Diesen Ort stelle ich mir vor, um ähnlich denkenden jungen Schülern, aber auch Erwachsenen, Unterricht erteilen zu können, in der Philosophie, in der theoretischen Politik, aber auch in der Mathematik, der Physik, der Naturwissenschaft und der von mir auch sehr geschätzten Astronomie. Hier möchte ich meine Schüler zu eigenen Forschungen anregen.
Auch wenn ich einen anderen Weg als mein großer Lehrer Sokrates einschlage, so werde ich allein darum seinem Weg folgen, denn dies wollte er, dass man lernte, eigenständig und unabhängig von irgendwelcher Autorität zu denken.
Ich werde sie lehren, die Urbilder der Dinge zu erkennen, nicht nur eine richtige Definition eines Wortes zu finden, zum Beispiel ‚Was ist Schönheit?’, oder ‚Was ist Tapferkeit?’, sondern deren Natur im Sein zu ergründen, eben das, was man nicht direkt sieht. Dass sie etwas sind, das universell existiert, eben nicht an einen bestimmten Ort oder Zeit gebunden sind, also unzerstörbare und eigenständig existierende Ideale, die immer sind. Wohingegen die schönen Dinge und die
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