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Das Vermaechtnis

Das Vermaechtnis

Titel: Das Vermaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Scherer-Kern
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Reimen oder mindestens einem gleichen Lautausklang. Das bedarf doch der Ruhe und Zurückgezogenheit und eines Blattes Papier, damit ich kein Wort dem Zufall überlasse. Hier genieße ich das freie, unbeschwerte Gespräch, wahrhaftig, es tut sogar gut, unbeschwert reden zu können. Doch in der gezielten Rede sind die Formen der Rhetorik sehr wirksam. Die große Kunst besteht allein darin, den Eindruck zu erwecken, etwas Wichtiges zu sagen, ist es nicht so?
    Tanobakt-Platon Die Athener hast du mit deiner Redekunst überzeugt! Es ist schön zu hören, wie erfolgreich. Ich hörte, in Olympia und in Delphi hieltest du ebenfalls Reden im Auftrag des Staates, um die Hellenen zur Einheit zu bewegen, natürlich nicht ganz ohne Hintergedanken. Doch ausgezeichnete Reden waren dies, die dir sogar den Ruhm in Form von Statuen in Delphi und Olympia eingebracht haben. Eine besondere Auszeichnung allemal, da in Delphi Denkmäler ansonsten nur den Göttern gewidmet werden. Ich bin sicher, wenn du eine Rede darüber halten würdest, dass Ameisen heilige Wesen seien, würdest du die Hellenen so sehr davon überzeugen, dass sie fortan stets mit dem Blick zu Boden gerichtet einherschreiten, um keine Ameise zu zertreten und eine Ameise sogleich zum neuen Gott erheben.
    (Alle lachen)
    Du kennst sie gut, die Menschen, triffst genau ihren Nerv und wickelst sie ein wie eine Spinne ihre Beute im Netz. Beachtlich finde ich immer wieder dein Referat über das Nicht-Seiende , in dem du tatsächlich beweist, und jeder glaubt es danach, dass – wie war es noch genau? – Dass nichts existiert, dass es selbst wenn etwas existierte, nicht erkennbar wäre, und selbst wenn etwas erkennbar wäre, es nicht mitgeteilt werden könne. Großartig, wie spielerisch du mit Worten umgehst, doch dahinter verbirgt sich eine ganz klare Struktur und Disziplin. Eine herausragende Antwort auf Parmenides Lehrgedicht Über das Seiende . Doch in deinen ernst gemeinten Gedanken, dass ‚überhaupt nichts sei, nicht einmal die Natur’ , stimme ich, wie du ja weißt nicht ganz überein.
    Nun, auch die widersprüchlichsten Gedanken bringen einem voran in der Wahrheitsfindung, auch sie sind unsere täglichen Lehrer.
    Wenn man bedenkt, wie unsere Vorgänger oder die ‚Nicht-mehr-unter-uns-Seienden’ mit ihren Überlegungen begonnen haben und wo wir heute stehen…
    Gimraios Sehr viel anders dachten sie auch nicht, nur, dass jede neue Generation von Denkern, von Freunden des Wissens, auf der Generation zuvor aufbauen kann und das Gleiche nicht erneut be- und ge- und zerdacht werden muss. Im Prinzip jedenfalls.
    Salana-Gorgias Zum Teil stimme ich dir zu. Zum anderen meine ich, dass es viele Fragen gibt, die stets erneut gestellt werden können und sogar müssen, da sich die Antworten im Zuge der Geschichte wandeln können. Durch Erfahrungen, durch neue Erkenntnisse, durch ein anderes Umfeld, durch die Politik, durch die Menschen, die Machthabenden, das Volk.
    Gimraios Doch auch sie wollten die Welt mittels ihrer Vernunft verstehen und ermutigten andere ebenso zu ihren eigenen Ideen zu Gott und der Welt. Auch sie begannen mit dem Staunen über die Dinge, bis hin zu den kleinsten Dingen. Bis hin zum Ursprung des Lebens. Thales von Milet mit seiner Frage, woraus die Welt besteht und er die Antwort in einem einzigen Element sah. Und sein Schüler Anaximander , der die Erde freischwebend sah, frei im Raum, da der Abstand zu allem gleich blieb. Für ihn war Luft der Urstoff. Und sein Schüler wiederum meinte, freischwebend ginge nicht, da sei die Luft, die alles zusammenhielte.
    Heraklit sagte, dass alles ein Zusammentreffen von Gegensätzen sei, aus Streit und Widerstreit. Das sei die Wirklichkeit. Die sei ihrem Wesen nach ständig unbeständig – Alles fließt, so sagte er, und das sagen wir immer noch. Alles ist ein Prozess und befindet sich in einem fortwährenden Übergang.
    Dann kam Pythagoras , der versuchte, alles in Zahlen und Formeln zu bringen, vom kleinsten Teilchen bis in den Kosmos, wie er das sichtbare Universum nannte, das er als geordnetes, harmonisches Ganzes erkannte. Zahlen brachten eben diese Ordnung und Harmonie. Er war es, der die Denker in Philosophen umbenannte, den Freunden der Weisheit oder Weisheitsliebenden , im Gegensatz zu dem einzig möglichen Weisen, eben Gott selbst. Heraklit konnte Pythagoras nicht ausstehen und bezeichnete ihn als Schwindler, da er ohne Verstand einfach nur Wissen anhäufe… Das kann ich nicht ganz nachvollziehen, allein bei

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