Das Vermaechtnis
Blatt dieses Baumes und der kleine Vogel und die Feder, alles.
Natürlich ist das Leben unter solchen Herrschern sehr, sehr schwer. Ich glaube aber fest, dass Unrecht nicht ewig gelten kann, dass irgendwann die, die Unrecht walten lassen, auch daran scheitern. Sie haben sich zu weit entfernt. Ihre göttliche Verbindung ist oft sogar komplett getrennt. Solche Menschen scheinen nur durch eine sonderbare Verbindung von Lono , Verstand, und Ku , Gefühl, zu funktionieren. Sie können ihre eigenen wahren Gefühle bei dem, was sie tun, nicht mehr wahrnehmen und haben die Verbindung zu ihnen komplett verdrängt, vielleicht sogar ebenso unterbrochen. Ihr ganzes Leben ist im Ungleichgewicht. Welch ein Leben ohne die göttliche Liebe, die alles verbindet! Und das lassen sie andere spüren.“
„Ich bin so froh, dass ich hier bin und hier sein und bleiben darf. Und dass ich hier langsam heilen kann. Ich habe sogar das Gefühl, dass viel mehr in mir heilen kann als das, das ich bis jetzt erlebt habe, etwas, das noch viel weiter weg liegt. Vielen von euch fühle ich mich so nah, fast näher als zu meinen Eltern. Ganz, ganz tief in mir wusste ich, dass das, was ich gesehen habe, alles Unrecht war. Ich hoffte so sehr, dass es irgendwo Menschen gibt, die gerecht sind. Ich habe gebetet, viele Tage auf dem Meer.
Hier bin ich. Hier fühle ich mich dem Göttlichen so nahe und allen Menschen so nahe, einfach allem. Die freie Weite des Meeres spüre ich auch hier mitten unter euch!
Ich bete, dass ich niemals anders leben werde und niemals meine Macht missbrauchen werde. Eher möchte ich dafür sterben.“
Sie steht auf und öffnet ihre Arme gen Himmel, lächelt und atmet ganz tief durch.
Kahuna - Koī lässt sie eine Weile in diesem starken Gefühl, in dieser starken Verbindung, dann sagt er: „ Mahalo – danke. – Komm. Lass uns weitergehen.“
Sie stehen auf und gehen einen kleinen Pfad durch dichtes Grün , voller wunderbar duftender Blüten, mit hohen und niederen Farnen, Bäumen, Pflanzen mit den unterschiedlichsten Früchten und Nüssen. Hier und da huschen ein paar Vögel durch das Gebüsch, manche von stattlicher Größe, die meckern, da sie in ihrer Ruhe gestört werden. Andere bleiben einfach sitzen, fressen unbeirrt Gras oder picken fröhlich in der Erde und lassen sich nicht stören. Alēi’na liebt es über alles. Sie atmet tief ein und mag nicht ausatmen, da sie den süßen Duft nicht verlieren will. Im Vorbeigehen pflückt sie hier und da eine Beere, von der sie weiß, dass sie reif und essbar ist.
Dann pflückt sie sich eine wunderschöne rote Blüte, will innigst daran riechen und erschrickt, als ein Schmetterling sich löst und wohl ebenso erschrocken davonfliegt, um sich woanders eine freie Blüte ohne Nase zu suchen. Der Kahuna bleibt hier und da stehen, um ihr etwas zu dieser und jener Pflanze zu erzählen.
Farne gibt es, winzig kleine bis zu stattlichen Bäumen, der hapupulu , der iwaiwa , kikawaio und der kupukupu lau lii , der hapu ii , der Mädchenhaarfarn und viele mehr. Er nennt ihr all die Namen der unzähligen Blütenpflanzen, von deren reicher Pracht die Mädchen aus dem Dorf mit Freude die Blüten pflücken, um die leis zu binden. Sobald die Fischer einen Blumenkranz umgelegt bekommen und sie die Farbenpracht und den sinnlichen Duft der Blüten vernehmen, wissen sie, dass sie zu Hause sind, willkommen und geliebt. Bei keinem Fest fehlen die Blüten, deren Anwesenheit allein schon für eine frohe Stimmung sorgt.
„Ich könnte in jede einzelne Blüte hineinkriechen, so schön sind sie! Die Schmetterlinge haben es gut! Und die Vögel mit den gebogenen Schnäbeln, als wären sie extra für diese Blüten gewachsen“, schwärmt Alēi’na und bleibt wieder an einer Blüte stehen und versenkt ihre spitze Nase in deren gelben Trichter.
„Du meinst die akepa , die Honigsuchervögel.“ Der Kahuna lächelt sie liebevoll an.
„Das ist es, was ich meine. Für die meisten hier ist all das selbstverständlich. Nur, weil ich sie immer wieder daran erinnere, durch Gebete, durch Riten, vergessen sie nicht, dieses Geschenk zu ehren und zu hüten. Doch du, du hast selbst leidvoll erlebt, dass nichts selbstverständlich ist. Dass wir jeden Tag daran denken zu danken, dass es so schön ist, wie es ist und bitten, dass es so weiter sein möge und selbst dafür Sorge tragen, dass es so bleibt.
Es ist eine Freude zu sehen, mit welch tiefer Dankbarkeit du immer wieder an den Pflanzen vorbeigehst, obwohl auch
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