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Das Vermaechtnis

Das Vermaechtnis

Titel: Das Vermaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Scherer-Kern
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du sie mittlerweile kennst und weißt, dass die Insel reich ist an ihnen. Wir beide werden bald die Insel durchwandern, die, wie ich erwähnte, so unterschiedliche Gesichter hat. Diesen Weg werden wir mehrere Male im Jahr gehen, damit du siehst, wie die Pflanzen sich verändern und damit du dir langsam merkst, wo du welche Pflanze finden kannst, die wir zu Heilzwecken benutzen. Bald wirst du allein losgehen, um die Pflanzen zu suchen, die du brauchst, und um sie bis zu ihrer Ernte mit deinen Gebeten und deiner Liebe zu begleiten. Damit zeigst du der Pflanze deinen Respekt und sie wird dir alle Kraft geben, die du von ihr brauchst.“
    Gerade will der Kahuna weitergehen, als sie plötzlich sagt:
    „Halt, ich glaube, ich habe eben etwas vergessen – ich komme gleich wieder!“ Sie verschwindet den Weg zurück. Nur kurze Zeit später taucht sie wieder auf und lächelt zufrieden: „Ich hatte vergessen, mich mit einem mahalo bei der Pflanze zu bedanken, von der ich die Blüte und bei den anderen, von denen ich die Beeren abgepflückt habe.“
    Kahuna - Koī lächelt zufrieden. Sie gehen weiter.
    Jetzt kommen eine Reihe von Namen hintereinander, wobei der Kahuna abwechselnd nach links und nach rechts, dann mal nach unten und nach oben deutet. Alēi’na hat alle Mühe zu folgen.
    „Dies ist die ohia lehua . Hier die rosa blühende koolaula . Ist sie nicht wunderschön? Dort hinten siehst du einen wiliwili -Baum, den man schon von weitem an seinen orangefarbenen Blüten erkennt und daran, dass zuerst seine Blüten wachsen und nach dem Verblühen erst seine Blätter.“
    „Wir haben doch auch die roten großen Samen aus den langen Hülsen manchmal in den lei -Kränzen.“
    „Genau, die sind von dem wiliwili -Baum.“
    „Und die Ausleger der Kanus sind aus seinem Holz. Auch an Fischernetzen befestigt man dieses wiliwili -Holz. Weil es sehr leicht ist können die Netze nicht einfach untergehen und die Fischer erkennen von weitem, wo sie sind“, ergänzt sie weiter. Kahuna - Koī holt gerade Luft, um weiter zu erklären, da zupft wieder etwas hinter ihm:
    „Sieh mal hier, großer Kahuna , diese Pflanze, die mōhihi . Ich kenne sie von meiner Reise. Aber dort hat sie viel mehr gerochen. Und – ich wollte dort süße Beeren pflücken und ich stach mich an deren Ästen. Bei dieser hier daneben, die wollte ich dort pflücken und sie hat mich verbrannt, an der Hand, wie Feuer. Deswegen heißt sie für mich Feuer-Pflanze, aber hier, sieh, sie tut mir nichts! Ich war erst erschrocken, denn ich stand mit den Füßen mitten in vielen von ihrer Art, da ich auf die andere Seite schaute. Doch sie sind zart und liebevoll, sie tun mir nichts! Wie ihr! Die Pflanzen sind wie ihr seid! Und dort waren die Menschen bösartiger, und einige der Tiere auch. Also wehrten sich einige Pflanzen.“
    „Ich glaube, die Pflanzen haben tatsächlich zur Abwehr Dinge entwickelt, die sie schützen, die ihre Art schützen. Wie auch Tiere. Wie auch die Menschen irgendwann reagieren, wenn sie sich bedroht fühlen. Es gibt zwei Möglichkeiten, entweder sie werden gefressen oder sie setzen sich zur Wehr.“
    „Was ist mit den Menschen hier? Werden sie auch irgendwann gefressen?“ Alēi’na sieht ihn mit großen traurigen und ängstlichen Augen an.
    „Wir sind so wie wir sind, wir haben die wahre Seele unserer Ahnen übernommen und geben diese wahre Seele weiter. Du siehst an unserem Leben, wie schön es ist, so harmonisch und friedvoll zu leben. Die Menschen sind glücklich, mitten in all den Göttern um sie herum. Sie wollen nichts und niemandem wehtun. Weshalb sollen wir das ändern? Wir würden gegen die Götter um uns herum handeln und gegen das, was unsere Vorfahren uns gelehrt haben. Wir geben unser Wissen und unsere Art zu leben weiter, so lange es geht, denn es ist vom wahren Kern und daher gut.“
    Das sagt der Kahuna so ruhig und so tief überzeugt und fest, dass Alēi’na in seinen Worten den Halt findet, den sie gesucht hat.
    Der Kahuna fährt fort: „Hier wieder ein kokio , in gelb…“
    Wieder unterbricht ihn Alēi’na : „Ja, die nehmen wir auch gern für den lei . Auf der anderen Seite des Dorfes gibt es viele Büsche und einige Bäume in rot. Die meisten mögen rot am liebsten. Ich eher die orangefarbenen oder die gelben, aber auch die weißen, nun ich mag sie alle… Ich bin gerade dabei, mit Elieano’o eine kapa zu schlagen, weil ich mir daraus einen Umhang arbeiten will. Das ist sehr anstrengend, aber zu zweit arbeitet es

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