Das Vermaechtnis
Erinnerung zu verblassen schien, und wie ein Traum, der sich in Luft auflöste, wenn die Sonne die Nacht in ihrem unendlichen Kampf um den Tag besiegte.
Payton erklomm den Damm und sah hinab auf die wenigen verstreuten Katen. Vanoras Wurzeln waren hier zu finden. Wenn nicht hier, wo sonst konnte man ihm dabei helfen, seine Seele zu befreien?
Kapitel 19
Galthair, heute
Die beinahe heruntergebrannte Kerze auf dem Altar flackerte in der ansonsten kalten und finsteren Kapelle. Ihr schwaches Leuchten erreichte den Mann in der ersten Bankreihe kaum, aber das war auch nicht nötig. Er hatte seit Stunden die Augen geschlossen, als wäre er tief in sein Gebet versunken.
Aber Alasdair Buchanan betete nicht zu Gott. Er, ein Mann, der so oft die Gebote eines Gottes gebrochen hatte, an den er ohnehin nicht glaubte, erhoffte sich keine Ewigkeit im Himmelreich. Von der Ewigkeit hatte er für den Rest seines Lebens genug – sei es im Himmel oder in der Hölle. Für ihn gab es nur eines, wonach er strebte, und das konnte ihm kein Gott geben. Nein, was er wollte, hatte er sich selbst genommen.
Seine Würfel waren gefallen.
Er öffnete für einen Moment die Augen und beobachtete die tanzende Flamme. Sie brannte für ihn, wie die Frau in seinen neu gewonnenen Erinnerungen, die ihm das zeigten, was er sich so viele Jahre erträumt hatte.
Solange Samantha in der Vergangenheit war und in seiner und Nathairas Nähe blieb, würden sie glücklich sein. Sie durften sie nur nicht mehr gehen lassen.
Er griff sich an die Brust und fühlte sein Herz schlagen. Schnell, ja freudig schlug es und feierte mit ihm das längst vergangene Glück. Die Kerze erlosch, aber Alasdairs Erinnerungen leuchteten heller als jedes Feuer. Er sah genau vor sich, was sich 1741 zugetragen hatte.
Nathairas Kuss hatte nach süßen Trauben geschmeckt, und wie der aus solch süßen Trauben gewonnene Wein hatte ihr Kuss Alasdair trunken gemacht. Er umschlang ihre Taille mit seinen Händen und genoss ihre Schenkel um seine Hüften. Ihr Leibchen bauschte sich wie eine weiße Schaumkrone um ihre Mitte und verbarg den Blick auf ihre intime Vereinigung. Matt lehnte Nathairas Kopf an seiner Schulter, und er fühlte, ihr Herz schlug im Einklang mit seinem.
„Du hast mich verhext, Weib. Dich an Imbolc dort im glänzenden Schnee zu sehen, war eine Offenbarung. Ich wusste es sofort, als die Diamanten aus Eis neben dir wie graue Ascheflocken wirkten … als sich die Sonne in deinen Augen tausendfach brach und mich blendete, bis ich meinte, blind zu werden, wenn ich nicht den Blick von dir löste. Und der einzige Grund, mein Augenlicht zu bewahren, warst du. Es sollte keinen Tag meines Lebens mehr geben, an dem ich dich nicht ansehen, ehren und dir meine Liebe schenken würde.“
Alasdair strich über die pechschwarzen Strähnen und ließ zärtlich die Finger hindurchgleiten. Ihr warmer Atem streichelte seinen Hals, und ihr trauriges Lachen verursachte ihm Gänsehaut.
„Kannst du mir je vergeben?“, murmelte sie gegen seine Kehle. Alasdair spürte ihr Zittern, aber trotz seiner unermesslichen Liebe vermochte er es nicht, sie anzulügen.
„Ich wünschte, du hättest damals anders entschieden“, wich er aus und küsste ihren Scheitel.
Sie hob ihm ihr tränennasses Gesicht entgegen und öffnete ihre Lippen für seinen hungrigen Kuss. Diese Dämonen würden sie nie besiegen, und Alasdair wusste, dass auch sie sich den Mord an ihrem eigenen ungeborenen Kind niemals vergeben konnte. Stattdessen hatten sie Trost in der Umarmung des anderen gesucht, und aus Verzweiflung und Schmerz war heißes Verlangen erwachsen. Sie hatten vergessen können, was gewesen war – und was kommen würde, solange sie sich nahe gewesen waren.
Kapitel 20
Duncansborough, Grenzland, 1741
Guter Gott! Ich hatte schon geglaubt, die beiden hätten ihre Wiedervereinigung ausgiebig genug gefeiert, als es in der Dunkelheit hinter mir erneut anfing, verdächtig zu plätschern und zu schwappen.
Na toll, ich hatte zwar in meiner Not schon Wasser getrunken, in dem zuvor Hunde gebadet hatten, aber mich in Wasser zu waschen, in dem zuvor Alasdair und Nathaira … Würg! Nein danke! Ich würde also die dritte Nacht in Folge ungewaschen einschlafen. Und einschlafen würde ich garantiert, wenn die beiden noch lange so weitermachen würden, überlegte ich, als Nathairas Keuchen immer lauter wurde. Wenn ich ihren spitzen Schreien glauben durfte, war Alasdair also nicht nur nett anzusehen, sondern
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