Das Vermaechtnis
sich zwischen Menschen, die schon lange Teil der Vergangenheit waren, und lauschte dennoch ihren Worten und atmete ihre Luft. Er gehörte hier nicht her und hoffte, das Schicksal nicht herauszufordern, indem er sich hierherbegeben hatte.
Er leerte sein Glas und erzählte dabei seine Geschichte. Die Wahrheit ging ihm manchmal schwer, manchmal leicht über die Lippen, wie auch Sean und sein Vater mal mehr und mal weniger an seinen Worten zweifelten. Die Sonne küsste den Horizont, ehe sie rot glühend hinter den Bergen verschwand und der Nacht wich. Am Ende waren die Kerzen weit heruntergebrannt und viel Whisky ihre Kehlen hinabgeflossen, aber der Glaube an den Sohn und Bruder, der ihnen vertraut und dennoch fremd war, weil er aus einer Zeit kam, die zweihundertsiebzig Jahre vor ihnen lag, siegte.
Sean schüttelte fassungslos den Kopf.
„Payton – also … der andere Payton … wird uns das doch niemals glauben!“, stellte Sean schließlich fest. „Stellt euch nur sein … also … dein Gesicht vor!“
Payton konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Seine Anwesenheit brachte alles durcheinander.
„Ich bin nur hergekommen, weil ich sicher war, mir hier nicht selbst zu begegnen. Es könnte gefährlich sein.“
Fingal nickte.
„Das denke ich auch. Ich sehe dich – und sehe doch zugleich ihn in dir. Es scheint mir, als teiltet ihr euch eine Seele.“
„Ich spüre mein altes Ich auch. Wie eine Erinnerung. Ich spüre seine … meine Not und wünschte, ich könnte etwas tun, aber das geht nicht.“
Sean, der unserem Gespräch anscheinend nicht mehr gefolgt war, runzelte nun nachdenklich die Stirn.
„Payton, wenn du sagst, Vanoras Fluch wird in zweihundertsiebzig Jahren erst gebrochen, bedeutet das dann, dass ich erst in zweihundertsiebzig Jahren wieder … bei einer Frau liegen werde?“
Payton grinste.
„Zweihundertneunundsechzig Jahre, wenn wir es genau nehmen wollen“, gab er augenzwinkernd zurück.
Sean warf sich theatralisch in einen der Sessel vor dem Schachbrett und stieß dabei einige der Figuren um.
„Wie konnte Vanora die Damenwelt nur so grausam strafen?“
„Wenn ich dir sage, Sean, dass dein Herz in der Zeit, aus der ich komme, nur noch für eine Frau schlägt, würdest du mir glauben?“, hakte Payton nach.
Sean legte den Kopf schief und rieb sich grüblerisch das Kinn.
„Ich weiß nicht, Bruder. Ist sie hübsch?“
Payton zuckte die Schultern. Ashley war nicht sein Typ, aber wohl dennoch der Traum vieler Männer.
„Sie passt zu dir“, gab er deshalb zurück und zwinkerte verschmitzt.
Als sie bemerkten, dass Fingal sich die Augen betupfte, wurden sie wieder ernst.
„Vergib uns, Vater. Es tut so gut, hier bei euch zu sein, dass ich nicht darüber nachdachte, wie schwer das für dich sein muss“, entschuldigte sich Payton, aber Fingal winkte ab.
„Unsinn! Ich bin ein sentimentaler Narr, der sein Glück kaum fassen kann. Nicht nur, dass endlich ausgesprochen ist, was so lange zwischen uns stand, nein, nun lässt mir der Herrgott auch noch die Gnade zuteilwerden, zu erfahren, dass meine Söhne in ihrem Leben doch noch Liebe erfahren werden.“
„Darauf trinke ich“, meinte Sean und hob sein Glas. „Und dennoch, Payton, da wir schon bei dem schönen Geschlecht und der Liebe angelangt sind, was hast du nun vor, um die kleine Cameron zu finden?“
„Wie konnte mir entgehen, dass du dich in das Mädchen verschaut hast“, überlegte Fingal laut. „Sie ist ein feines, mutiges Persönchen, und sie hat mir gut gefallen. Ich hätte euch meinen Segen gegeben.“
„Du warst schwer verletzt und mit deiner Genesung und den Viehdiebstählen beschäftigt. Ich hätte einfach den Mut aufbringen und dir von meinen Gefühlen berichten müssen“, verteidigte Payton seinen Vater.
Sean schüttelte den Kopf und stellte geräuschvoll sein Glas ab.
„Hätte, hätte, hätte …“, rief er. „Unser aller Dasein wird bestimmt von hätte und was wäre ! Können wir uns nicht mit den Dingen befassen, die wir noch ändern können, als dem hinterherzuweinen, was war?“
„Vor einem Jahr hatte ich einen Traum von Frieden, Sean. Ich bin zu alt für Fehden, Schlachtengetümmel und Krieg. Ich wollte euch ein gesichertes Land hinterlassen und eine friedliche Beziehung zu unseren Nachbarn. Wir beackern dieses Land mit den gleichen Mitteln, wir ringen den Bergen, die unsere Heimat sind, unseren Lebensunterhalt ab und teilen unsere Sitten, Bräuche und unseren Glauben.“ Fingal trank einen
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