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Das Vermaechtnis

Das Vermaechtnis

Titel: Das Vermaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Bold
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einfach? Es konnte nicht so einfach sein.
    Das Boot schwankte, als die Segel eingeholt und lange Stangen in den Grund des Meeres getrieben wurden, um es am Fuße eines mächtigen Dreibeins an Ort und Stelle zu halten. Erst jetzt bemerkte er das Dutzend riesiger Dreibeine, die im Kreis im Meer errichtet waren. Auf ihnen türmte sich Holz, hoch wie Scheiterhaufen. Wie die Ziffern auf einer Uhr waren sie angeordnet, und Payton befand sich genau in der Mitte.
    „Nein, Payton. Du kannst dich selbst erlösen, wenn du es möchtest. Folge mir.“
    Sie ließ sich eine brennende Fackel reichen und erklomm trotz ihres Alters geschickt die Strickleiter, die von der Spitze des Dreibeins herabhing, und überließ es dem Schotten, ihr zu folgen – oder nicht. Die Männer im Langboot sahen ihn ausdruckslos an. Von ihnen würde er nichts weiter erfahren, also griff er sich das Tau und folgte Beathas.
    Die Plattform zitterte unter seinem Gewicht, als er sich neben Beathas auf die Bretter zog. Inmitten der in luftiger Höhe errichteten Fläche warteten zwei sich gegenüberliegende Feuerstellen darauf, entzündet zu werden.
    „Wir rufen die Kräfte der Natur an, dir deinen Wunsch zu erfüllen.“ Sie hob ihre Hände in den Himmel und schloss die Augen. Als sie sprach, klang ihre Stimme fremd, alt und so klar, dass selbst die Menschen in den Booten außerhalb des Feuerkreises sie mühelos verstehen mussten. „Elemente erhebt euch!“
    Auf jedem der Dreibeine zeigte sich nun eine einzelne Fackel. Frauen mit weißem Haar und weißen Gewändern streckten ihr Licht dem Firmament entgegen.
    Beathas nickte und flüsterte.
    „Die vier Elemente eines jeden Lebens, Feuer, Wasser, Erde und Luft. Jedes von ihnen hat drei Flammen. Das Gestern, das Heute und das Morgen. Entscheide dich für oder gegen dein Schicksal, wenn diese zwölf Flammen ihr Licht in die Nacht tragen.“
    Payton fröstelte trotz der Hitze, die von den Flammen ausging. Beathas reichte ihm die Fackel und deutete auf die Feuerstelle zu seiner Linken.
    „Entfache das linke Feuer, um deine Seele zu befreien. Vanoras Fluch wird dir dann genommen. Du wirst wie ein Blatt im Wind sein. Frei, aber ohne den Halt der Schicksalsfäden, die Vanora mit ihrem Fluch neu verwoben hat. Du verlierst dadurch all das, was deine Bestimmung ist … oder war.“
    Sie lächelte traurig, als wünschte sie, er würde davon absehen.
    „Entzündest du jedoch das Feuer deines Schicksals …“, sie deutete auf die rechte Feuerstelle, „… welches alle anderen Flammen zu löschen vermag, wirst du unwiderruflich den Weg deiner Bestimmung weitergehen. Vanoras Fluch wird dann dein Leben weiter beherrschen, bis sich euer aller Schicksal so erfüllt, wie Vanora es vorherbestimmt hat. Aber dein Schicksal wird sich erfüllen – was immer dies sein mag.“
    Ihre Hand berührte Paytons, als sie ihm die Fackel übergab. Sie sah ihm in die Augen und lächelte dieses uralte wissende Lächeln.
    „Wenn du die Wahrheit erkennst, wird dich die Dunkelheit verschlingen – aber du wirst dabei glücklich sein.“

Kapitel 22
    Duncansborough, Grenzland, 1741
     
    „Du riechst gut, Herzchen“, raunte mir der stinkende Kerl ins Ohr und rieb seine Nase an meinen Hals. Ich schauderte vor Ekel, als mich seine Bartstoppeln kratzten und seine feuchten Lippen streiften.
    Adrenalin pumpte wie eine Droge durch meine Adern und machte mich zittrig. Mein Versuch, an mein Messer zu gelangen, scheiterte aufgrund des unnachgiebigen Griffs, mit dem mich der Mann gepackt hielt.
    „Lass mich!“, rief ich und versuchte, mich loszureißen, aber er lachte nur und drückte mir seine Klinge weiter in die Seite.
    „Schhht, keine Sorge, ich lass dich“, versprach er mit besänftigender Stimme und zerrte mich rückwärts mit sich. „Ich lass dich gehen, wenn …“
    Wir erreichten den Schein eines Feuers, und ich stolperte gegen ihn, was ihm ein hartes Lachen entlockte. Er drehte mich zu sich um und riss mir meinen Dolch aus dem Gürtel. Ich war frei, sah mich aber zwei Klingen gegenüber – und einem Kerl, der nicht zögern würde, sie zu benutzen.
    „Du lässt mich gehen, wenn …?“, fragte ich atemlos und versuchte, meine Panik niederzuringen, ehe sie die Kontrolle über mich übernehmen würde.
    „Wenn ich mit dir fertig bin, Schätzchen“, antwortete er mit einem lüsternen Grinsen und deutete auf das Feuer, von wo plötzlich weitere Männer auf uns zukamen.
    „Ob die dich allerdings gehen lassen, wenn sie erst zugesehen

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