Das Vermaechtnis der Drachenreiter
mich bei dir bedanken, dass ich noch am Leben bin. Wären die Ra’zac nicht so sehr mit dir beschäftigt gewesen, hätten sie mich völlig unerwartet überrascht, und das wäre das Ende des Geschichtenerzählers Brom gewesen. Der einzige Grund, warum sie vor mir geflohen sind, ist der, dass ich stärker bin als sie, besonders am Tag. Wahrscheinlich hatten sie geplant, mir eine Droge zu verabreichen und mich nach dem Verbleib des Eis zu befragen.«
»Du hast den Varden eine Botschaft geschickt und ihnen von mir berichtet?«
»Ja. Sie werden bestimmt wollen, dass ich dich so schnell wie möglich zu ihnen bringe.«
»Aber das wirst du nicht tun, oder?«
Brom schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Warum nicht? Bei den Varden zu sein, ist bestimmt sicherer, als die Ra’zac zu jagen, besonders für einen so jungen Reiter wie mich.«
Brom schnaubte und sah Eragon fürsorglich an. »Die Varden sind gefährliche Leute. Wenn wir zu ihnen gehen, wird man dich in ihre politischen Machenschaften und Intrigen hineinziehen. Um ihre Stellung zu festigen oder die Gunst des Volkes zu gewinnen, könnten ihre Anführer dich auf Missionen schicken, für die deine Kräfte noch nicht reichen. Ich möchte, dass du gut vorbereitet bist, bevor du dich auch nur in die Nähe der Varden begibst. Solange wir die Ra’zac verfolgen, muss ich mir keine Sorgen machen, dass jemand dein Wasser vergiftet. Es ist das kleinere von zwei Übeln. Außerdem«, sagte er schmunzelnd, »macht es mir einfach zu viel Spaß, dich zu unterrichten ... Tuatha du Orothrim ist bloß eine Stufe in deiner Ausbildung. Ich werde dir helfen, die Ra’zac zu finden - und vielleicht sogar, sie zu töten, denn es sind ebenso sehr meine Feinde wie deine. Aber danach musst du eine Entscheidung treffen.«
»Und die wäre ...?«, fragte Eragon argwöhnisch.
»Ob du dich den Varden anschließt«, sagte Brom. »Falls du die Ra’zac tötest, kannst du Galbatorix’ Zorn nur entgehen, indem du dich unter den Schutz der Varden begibst, nach Surda fliehst oder den König um Gnade bittest und dich auf seine Seite schlägst. Selbst wenn du die Ra’zac nicht tötest, stehst du früher oder später vor dieser Entscheidung.«
Eragon wusste, dass es am besten wäre, bei den Varden Zuflucht zu suchen, aber er wollte nicht wie sie sein ganzes Leben lang gegen das Imperium kämpfen. Er wog Broms Vorschläge gegeneinander ab und versuchte, sie aus allen Blickwinkeln zu betrachten. »Du hast mir noch gar nicht erklärt, woher du so viel über Drachen weißt.«
»Stimmt, darüber habe ich noch nicht gesprochen, was?«, sagte Brom mit verschmitztem Lächeln. »Damit warten wir noch ein bisschen. «
Warum gerade ich?, fragte sich Eragon. Was war so Besonderes an ihm, dass ausgerechnet er ein Drachenreiter werden sollte? »Hast du meine Mutter gekannt?«, platzte er auf einmal heraus.
Brom blickte ernst. »Ja, das habe ich.«
»Wie war sie?«
Der alte Mann seufzte. »Sie war stolz und würdevoll wie Garrow. Letztlich ist sie daran zugrunde gegangen, aber es waren dennoch zwei ihrer besten Eigenschaften ... Sie half den Armen und weniger Glücklichen, auch wenn es ihr selbst nicht gut ging.«
»Kanntest du sie gut?«, fragte Eragon aufgewühlt.
»Gut genug, um sie zu vermissen, nachdem sie von uns gegangen war.«
Während Cadoc vor sich hin trabte, versuchte Eragon, sich an die Zeit zu erinnern, als er Brom nur für einen verschrobenen alten Geschichtenerzähler gehalten hatte. Zum ersten Mal wurde ihm richtig bewusst, wie ahnungslos er gewesen war.
Er ließ Saphira wissen, was er erfahren hatte. Sie war verblüfft über Broms Offenbarungen, erschrak aber bei der Vorstellung, sich einmal in Galbatorix’ Gewalt befunden zu haben. Am Ende sagte sie: Bist du nicht froh, Carvahall verlassen zu haben? Denk an all die interessanten Erlebnisse, die dir sonst entgangen wären. Eragon stöhnte in gespielter Erschöpfung auf.
Nachdem sie einen geeigneten Platz für ihr Nachtlager gefunden hatten, suchte Eragon nach Wasser. Brom bereitete unterdessen das Abendessen zu. Eragon rieb sich die kalten Hände, während er in weitem Bogen um das Lager herumlief und nach dem Plätschern eines Bachs oder Flusses horchte. Es war düster und feucht zwischen den Bäumen.
Nach einer Weile fand er einen Bach, hockte sich ans Ufer und sah zu, wie das Bergwasser über die Felsen sprudelte. Er tauchte die Finger in das eisige Nass. Dem Wasser ist es egal, was uns oder irgendeinem anderen widerfährt,
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