Das Vermaechtnis der Drachenreiter
Weg nach Gil’ead.« Seine Stimme bebte leicht, und er blinzelte in die Sonne, um die erneut aufsteigenden Tränen zu unterdrücken. »Wir sollten sofort aufbrechen.«
»Bist du kräftig genug, um zu reisen?«, fragte Murtagh stirnrunzelnd.
»Ich muss etwas tun, sonst werde ich verrückt«, erklärte Eragon brüsk. »Magische Übungen oder den ganzen Tag herumsitzen und Däumchen drehen würden mir jetzt auch nicht weiterhelfen. Da ziehe ich es vor zu reiten.«
Sie löschten das Feuer und führten die Pferde aus der Höhle. Eragon gab Murtagh die Zügel von Cadoc und Schneefeuer und sagte: »Geh ruhig schon vor, ich komme gleich nach.« Da machte sich Murtagh an den mühseligen Abstieg.
Eragon kämpfte sich die Felswand hinauf und blieb von Zeit zu Zeit stehen, wenn ihm wegen seiner angebrochenen Rippen der Atem stockte. Oben auf dem Gipfel wartete Saphira bereits auf ihn. Gemeinsam standen sie vor Broms Grab und erwiesen ihm die letzte Ehre. Ich fasse es nicht, dass er von uns gegangen ist ... für immer . Als Eragon sich umwenden und gehen wollte, reckte Saphira ihren langen Hals nach vorn und berührte mit der Nasenspitze das Mausoleum. Ihre Flanken vibrierten, während ein tiefer Summton die Luft in Schwingungen versetzte.
Da begann der Sandstein um ihre Nase herum wie vergoldeter Tau zu schimmern und wurde dann durchscheinend, durchzogen von silbrig glitzernden Lichtreflexen. Fassungslos sah Eragon zu, wie sich ein fein verästeltes Geflecht aus weißen Diamantkristallen über die Oberfläche der Grabkammer hinweg ausbreitete. Auf den Boden fielen funkelnde Schatten, in denen sich rasend schnell wechselnde Farben spiegelten, während der Sandstein sich weiterhin verwandelte. Mit einem zufriedenen Schnaufer trat Saphira zurück und betrachtete ihr Kunstwerk.
Wo eben noch das Sandstein-Mausoleum gestanden hatte, glitzerte nun eine diamantene Gruft - unter der Broms unberührtes Gesicht zu sehen war. Eragon blickte sehnsüchtig auf den alten Mann herab, der nur zu schlafen schien. »Was hast du da gemacht? «, fragte Eragon Saphira ehrfürchtig.
Ihm das einzige Geschenk gegeben, das ich hatte. Jetzt kann die Zeit ihm nichts mehr anhaben. Er wird auf ewig in Frieden ruhen.
Ich danke dir. Eragon strich ihr zärtlich über die Seite, dann stiegen sie vom Gipfel herab.
GEFANGEN IN GIL’EAD
Das Reiten war für Eragon äußerst qualvoll - wegen seiner angebrochenen Rippen kamen sie kaum schneller voran als zu Fuß und er konnte nur unter heftigen Schmerzen tief einatmen. Trotzdem weigerte er sich beharrlich, Halt zu machen. Saphira blieb in der Nähe und hatte ihren Geist mit ihm verbunden, um ihm Trost und Kraft zu spenden.
Murtagh ritt neben Cadoc her, seine Bewegungen geschmeidig denen seines Pferdes angepasst. Eragon betrachtete das graue Streitross eine ganze Weile. »Du hast ein wunderschönes Pferd. Wie heißt es?«
»Tornac, nach dem Mann, der mir das Kämpfen beigebracht hat.« Murtagh klopfte dem Pferd auf den Hals. »Ich bekam ihn als ganz junges Fohlen. Man müsste schon lange suchen, um in Alagaësia ein mutigeres und klügeres Tier zu finden, abgesehen von Saphira natürlich.«
»Er ist ein prachtvoller Bursche«, sagte Eragon bewundernd.
Murtagh lachte. »Ja, aber von allen Pferden, die ich bisher gesehen habe, kommt ihm Schneefeuer am nächsten.«
An diesem Tag legten sie nur eine kurze Wegstrecke zurück, doch Eragon war froh, wieder unterwegs zu sein. Die Bewegung verscheuchte die düsteren Gedanken aus seinem Gemüt. Sie ritten durch unbesiedeltes Land. Die Straße nach Dras-Leona lag mehrere Meilen zu ihrer Linken. Sie hatten vor, die Stadt in großem Bogen zu umgehen und anschließend Kurs auf Gil’ead zu nehmen, das fast so hoch im Norden lag wie Carvahall.
In einem kleinen Dorf verkauften sie Cadoc. Als der neue Besitzer das Pferd wegführte, steckte Eragon wehmütig die wenigen Münzen ein, die ihm das Geschäft eingebracht hatte. Es fiel ihm schwer, das Tier fortzugeben, nachdem er halb Alagaësia auf ihm durchquert und mit seiner Hilfe die Urgals abgehängt hatte.
Die Tage reihten sich ohne besondere Begebenheiten aneinander, während der kleine Trupp über Land zog, ohne anderen Reisenden zu begegnen. Eragon freute sich, dass er und Murtagh viele gemeinsame Interessen hatten. Oft unterhielten sie sich stundenlang über die Kunst des Bogenschießens und der Jagd.
Es gab jedoch ein Thema, das sie in stillschweigender Übereinkunft ausklammerten: ihre Vergangenheit. Eragon
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