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Das Vermächtnis der Feen (German Edition)

Das Vermächtnis der Feen (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Feen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Endres
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schloss Josie schicksalsergeben die Augen. Sie spürte, wie sich Arthurs Muskeln anspannten.
    »Jetzt!« Damit stieß er sich ab und riss Josie mit sich.

 
    Manchmal, in ihren Träumen war Josie gefallen, endlos, ewig gefallen, gefallen, gefallen, ins Nichts. Immer war sie mit einem Schrei aufgewacht. Auch jetzt schoss die rote Fontäne eines verzweifelten Schreis aus ihrer Kehle. Ein Schrei, der von den klammen Wänden des Brunnenschachts schrecklich widerhallte. Warum wachte sie nicht auf? Warum wachte sie bloß nicht auf? Sie öffnete für einen Moment die Augen, doch da war nichts. Nichts als Schwärze. Und während das letzte Echo versank, wurde sie sich Arthurs wieder bewusst. Sie presste seine kalte, blutleere Hand. Ihr Leidensgefährte blieb stumm. Das Entsetzen schien ihm die Stimme geraubt zu haben. Sie fielen kerzengerade nach unten, da war kein Wirbeln, kein Drehen. Es war wie ein Sprung vom Zehnmeterbrett, den Josie nie gewagt hatte, selbst nicht mit den Füßen zuerst, so wie jetzt. Ihr Zeitgefühl hatte sie längst verlassen, sie fühlte sich, als stürzte sie durch ein Loch in der Welt in die Unendlichkeit.
    Dann jedoch schien sich etwas zu verändern. Der unangenehme Geruch nach faulen Eiern, der Josie, schon seit sie das Klostergelände betreten hatten, zu schaffen machte, wurde intensiver. Gerade als sie sich die Nase zuhalten wollte, schoss ein warnendes Aufjaulen durch ihren Kopf. Einen Wimpernschlag später landete sie in etwas, das sich wie ein Netz anfühlte. Wie ein hilfloser Käfer in einem Spinnennetz schwang sie, ein Stück weit von Arthur entfernt, in einem lockeren Gewebe aus klebrigen Fäden auf und nieder.
    »Ich fürchte, unser Abenteuer beginnt in der Falle einer Riesenspinne«, teilte ihnen Wolf beklommen mit. »Hoffen wir, dass es nicht dort endet.«
    Ehe sie noch richtig begriffen, wie ihnen geschehen war, entdeckten Josie und Arthur die kohlschwarze Weberin des Maschenwerks: eine Spinne von der Größe eines Monsterkraken, die sie aus acht blau glühenden Augen anvisierte und auf ebenso vielen widerlich langen Borstenbeinen auf sie zukroch.
    Lautlos näherte sich das gewaltige Tier. Josie sah sich panisch nach einem Fluchtweg um. Angstschweiß brach aus all ihren Poren. Das Netz schien eine nassglänzende Höhle, deren Maße Josie nicht einschätzen konnte, komplett zu überspannen. Unter ihnen drohte ein unbekannter Abgrund, über ihnen gähnte der Brunnenschacht. Mit jeder Bewegung verhedderte sie sich mehr und mehr in den heimtückisch klebenden Fäden. Die Überreste zahlloser Opfer zeugten von der Tödlichkeit der Falle.
    Dann hörten sie eine Stimme, die aus einer Kanne Öl zu fließen schien, glatt und zuckersüß: »Damhánalla bewacht die Pforte. Willkommen hier in meinem Horte. Welch Freude, frisches Schepselblut! Ein hochwillkommen Speisegut!«
    Mit einem schnalzenden Geräusch, das ihren Appetit überdeutlich machte, kroch Damhánalla trotz ihrer sagenhaften Größe geschickt über ihr Gespinst.
    Josie fürchtete, jeden Moment das Bewusstsein zu verlieren. Sie war unfähig, sich zu rühren. Arthur versuchte, an sein Schwert zu gelangen, verstrickte sich dabei jedoch immer weiter in den fatalen Fäden.
    Das achtbeinige Borstenvieh war Josie inzwischen bedrohlich nah gekommen. Wie in Zeitlupe beugte sich sein abstoßender Kopf über ihren wehrlosen Körper. Josie fühlte sich vollkommen ausgeliefert, in ihrer Kehle steckte ein stummer Schrei, an dem sie zu ersticken drohte. Wie gelähmt sah sie dem Schrecken des Todes ins Auge, als Damhánalla völlig unerwartet den Kopf abwendete. Enttäuscht vor sich hin brabbelnd, zog sich die Spinne zurück. »So jung die Maid, so stinkt sie mir, Lavendel tötet die Begier. Ich lass sie besser etwas lüften von den degoutanten Düften, und nehm das Tier da neben ihr.«
    Josie atmete auf. Rochen ihre Haare immer noch nach Rosalindes Lavendel? Die Spinne musste eine verdammt feine Nase haben! Doch war ihre Erleichterung nicht von langer Dauer. Denn nun richtete das borstige Scheusal seine Aufmerksamkeit auf Wolf. Ganz in sein sing-sang-ähnliches Selbstgespräch vertieft, zupfte es ihn mit seinen Gifthauern am Ohr. »Ein Hund, nun ja, es ist kein junger. Doch wenn der Magen knurrt vor Hunger, wird sein Saft wohl dennoch schmecken, ich werd ihn fein mit Gift belecken.«
    Aus dem Spinnenmaul tropfte es begehrlich, während sich Wolf in Todesangst wand und wild nach allen Seiten schnappte, wobei er sich immer mehr in die klebrigen

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