Das Vermächtnis der Feen (German Edition)
Zigarre aus dem Mund und legte den Finger auf die wulstigen Lippen. Ihre Ohren schienen sich aufzurichten, ihre Augen flackerten. Auch in den Mienen der Trollbrüder war Unbehagen zu lesen.
»Hufe«, flüsterte Arthur hoffnungsvoll.
Doch Josie hatte, ohne sagen zu können, warum, das beklemmende Gefühl, dass da draußen alles andere als Rettung auf sie wartete.
Das Trollweib musterte seine Söhne scharf. »Sie haben Lunte scheint’s gerochen, hat sich da einer wohl versprochen …?«
Tipan, Tupan und Tapan schüttelten ungestüm die Köpfe.
»Was wartet ihr?«, fuhr die Alte sie an. »Setzt euch in Trab, wir kommen schneller sonst ins Grab, als einer von euch pupsen kann!« Sie wedelte aufgescheucht mit den Händen. »Nun macht! Nun macht! Nun macht voran!«
Augenblicklich kam Bewegung in das Trio. In höchster Eile zogen behaarte Hände einen zerfetzten Flickenteppich weg. Eine Falltür wurde hochgestemmt.
Arthur schielte zur Tür, was dem aufmerksamen Blick der Trollin nicht entging.
»Da draußen harrt euer Verderben, ein jeder hier wird grausam sterben, wenn …« Sie hielt inne. Wie man deutlich hörte, sprangen draußen Reiter von ihren Pferden.
Dann ging alles blitzschnell. Hastig wurden die Gefährten über steile, schiefe Stufen nach unten gestoßen. Keiner von ihnen wehrte sich, keiner wagte, ein Wort zu sprechen. Wolf gab kein Winseln mehr von sich. Tupan, der der Älteste unter den Trollbrüdern zu sein schien, reichte Arthur eine blau flammende Fackel, die Tipan rasch am Herdfeuer entzündet hatte.
»Das ist kein Spaß, nun eilt Euch flugs!« Und mit einem besorgten Blick zur Tür raunte er ihnen noch zu: »Merkt Euch: Libertatis Lux!« Rumms, schlug die schwere Klappe über ihnen zu.
Wie versteinert blickten die drei zur Falltür hoch. Unmittelbar darauf hörten sie laute Stimmen. Wer auch immer da gekommen war, er war kein Freund der Trolle.
Josie versuchte, im matten blauen Licht der Fackel zu erkennen, wo sie gelandet waren. Wieder lag ein unterirdischer Stollen vor ihnen. Verdammt! Sie hatte allmählich genug von kalten scheußlichen Gängen, die ins Ungewisse führten.
Arthur deutete nach oben. »Besser, wir machen uns auf die Socken. Es scheint Ärger zu geben, und ehe sie den Geheimgang finden, sollten wir hier weg sein. – Libertatis Lux – hört sich an wie ein Losungswort.«
»Glaub ich auch.« Josie horchte bang auf die beunruhigenden Geräusche, die aus der Trollküche drangen. »Zuerst dachte ich ja, die Trolle wären unsere Feinde, aber jetzt …«
»Libertatis Lux – der Freiheit Licht«, mischte sich Wolf in ihre Gedanken. »Wir müssen genau hinsehen, wem zu trauen ist. Der böse Schein täuschte uns soeben. Aber aus Gründen, die uns sicher noch bekannt werden, gehören diese Trolle wohl kaum zu Dykerons Freunden.«
In dem niedrigen Gang kamen Arthur und Josie wieder nur gebückt voran, darüber hinaus erwiesen sich ihre langen Umhänge nun als hinderlich. Die Luft roch abgestanden und schimmlig. Der Stollen war grob ins Erdreich gegraben. Wie es schien, war er in aller Eile gebaut und nicht weiter befestigt worden. Von der Decke rieselten Sand und kleine Steine, wenn ihre Köpfe dagegenstießen. Den Blick auf den Boden geheftet, setzte Josie vorsichtig einen Fuß vor den anderen. Plötzlich zischte ein kleiner, länglicher Schatten an ihr vorbei. Sie schrie auf.
Arthur drehte sich erschrocken um.
»Keine Sorge, diesmal sind es wirklich nur Ratten«, hörten sie Wolf. »Bereits im Haus der Trolle habe ich welche gerochen. Sie scheinen überall zu sein.«
»Hoffen wir, dass es tatsächlich bloß Ratten sind«, sagte Arthur und setzte seinen Weg ungerührt fort, während Josie ein Ekelschauer nach dem anderen überraste.
Nach einer schwer schätzbaren Strecke trafen sie auf einen breiteren, jedoch kaum höheren Gang, in den in unregelmäßigen Abständen weitere Abzweigungen mündeten. Offenbar bewegten sie sich durch ein weit verästeltes unterirdisches Netzwerk.
Unerwartet versperrte ihnen eine aus schweren Planken grobschlächtig zurechtgezimmerte Tür den Weg.
Josie sah Arthur bang an. »Ob das eine Falle ist?«
»Was immer sich auch dahinter verbirgt«, meldete sich Wolf, »wir müssen es wagen!«
Arthur schob entschlossen das Kinn vor und tastete unter der Kutte vorsorglich nach dem Schwert. Er machte sich schon an dem rostigen Schloss zu schaffen, als von der anderen Seite eine Stimme ertönte.
»Die Losung?«
»Libertatis Lux«, antworteten
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