Das Vermächtnis der Feen (German Edition)
auffordernde Kopfbewegung. Arthur wollte eben zustoßen, als Wolf ihm Einhalt gebot. »Wartet, sie könnte uns noch nützlich sein! Sie soll uns Amys Drachenfibel beschaffen.«
Josie verzog unentschlossen den Mund. Wolf hatte recht, die Drachenfibel würde Amy vermutlich schützen.
Arthur lockerte die Klinge und herrschte die Bandraoi an: »Wenn du uns helfen willst – hilf uns, das Mädchen vor dem Drachen zu retten!«
Die Hexe verschränkte ihre dürren Finger, um ihre Erregung zu vertuschen. Unübersehbar witterte sie Morgenluft. »Die Maid, die heut zur Opfernacht dem wilden Drachen wird gebracht?« Sie blinzelte Arthur gerissen an und gab ein grunzendes Geräusch von sich, das angesichts ihrer misslichen Lage seltsam zufrieden klang. »Wenn Dykeron die Maid verliert, der Drache ihm den Bart balbiert. – Hätt’ ich durch Euer Herz die Kraft, wüsste ich gleich, was ist zu tun. Doch fehlt mir dazu nun der Saft …« Jammervoll schlug sie die Hände vors Gesicht. »Ach, ich bin ganz ohne Fortun’.«
Josie starrte sie angewidert an. Diese unselige Kreatur hätte gewiss nicht nur Arthur umgebracht, sondern auch Amy, genau, wie es die Ratten vermutet hatten. Da waren sie um Haaresbreite einem Desaster entgangen!
Arthur verlieh dem Schwert an ihrer Brust wieder mehr Nachdruck. »Antworte auf meine Frage! Wir haben nicht viel Zeit. Das Mädchen ist in höchster Gefahr.«
Die Hexe heulte auf, doch fasste sie sich rasch wieder. »Zum Glaciorum, wo sie dämmert, erstarrt vom Frost und schwer belämmert, der Meister nur den Schlüssel hat. Ich gebe Euch den guten Rat, zu warten, denn schon ganz in Bälde holt er sie aus der Eiseskälte.« Ihr kleiner Kopf wackelte erregt. »Hätt ich gewusst von Eurem Plan, ich hätt’ Euch protegiert. So lasst mich geh’n – mein Wort darauf, dass wir sind alliiert.«
Auf das Wort der Hexe gab Josie rein gar nichts. Und auf eine Allianz – wie auch immer so ein Bündnis aussehen sollte – war sie auch nicht scharf. Andererseits profitierte die Bandraoi davon, wenn Amy entkam. Also würde sie ihnen womöglich tatsächlich hilfreich sein. Arthur schien die Situation ähnlich einzuschätzen. Er zog das Schwert zurück, das sich auf der Stelle verkleinerte, und steckte es wieder an seinen Gürtel.
Mit der Geschmeidigkeit eines jungen Mädchens sprang die Bandraoi auf die Füße. Sie brach in ein bösartig keckerndes Lachen aus. »Wenn Euch misslingt das Abenteuer, die Maid heil aus der Burg zu bringen, bezahlt ihr es im Höllenfeuer. Ich höre schon die Becher klingen, wenn sie mit Spießen und mit Stangen, zuletzt auch Euch noch eingefangen. – Nun da die Schrätlein sind perdu, wär’t Ihr das rechte Festmenü.«
Verärgert griff Arthur nach seinem Gürtel, worauf die Hexe abwehrend die Hände hob und ihre Häme unter einer devoten Maske verschwinden ließ. »Ein Scherz – verzeiht, es tut mir leid! Ich wollte Euch damit nur sagen – wir müssen im Verein ihn schlagen.«
»Schluss mit langen Worten!«, herrschte Arthur die Hexe an. »Dykeron besitzt die Fibel des Mädchens. Beschaffe sie uns!«
Die Bandraoi durchzuckte ein Schauer. »An einem grauenhaften Ort bewahrt der Hornkopf seinen Hort. Die Schätze sind stets streng bewacht. Von früh bis spät, bei Tag und Nacht, von des Tyrannen Basilisken, die dort vor der Kammer nisten. Wen trifft ihr Blick, der wird verderben und stante pede elend sterben.«
Eifrig kramte sie etwas aus den Falten ihres Rocks und reichte es Josie. »Doch will ich Euch dies Glas hier geben, dass ihr erkennt mein ehrlich Streben.«
Josie blickte entgeistert auf eine alte, etwas verkratzte Leselupe, die der aus dem Schreibtisch des Professors verblüffend ähnelte. Auch Arthur starrte mit aufgerissenen Augen auf das Glas, in dem sich das blaue Licht der Kerzen spiegelte.
»Das Brennglas dient dem Spionieren, es lässt durch Wände spekulieren. Seht selbst, wie’s um das Mädchen steht! Kein Hauch von seinen Lippen weht …«
»Schön und gut«, fiel ihr Arthur ins Wort. »Aber wir brauchen diese Fibel unbedingt!«
Die Bandraoi kratzte sich mit ihrem langen Zeigefinger am Kinn. »Der Meister wird sie erst erwecken, wenn er die Maid zum Drachen führt«, murmelte sie vor sich hin, »um sich zu weiden an dem Schrecken, wenn sie Orcarrachts Atem spürt …« Nachdenklich mit dem Kopf nickend, fuhr sie fort: »Derweil muss ich es wohl riskieren, ins Nest der Bestien einzudringen, mit einem Spiegel sie bezwingen, um sie so
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