Das Vermächtnis der Feen (German Edition)
unheimliches Auge flirrte in konzentrischen Kreisen, deren Frequenz Josie nicht zu deuten vermochte.
Dykeron verbeugte sich. Er verbeugte sich so tief, dass seine Hörner den Boden berührten. »Mein Herr, seht Euren treuen Knecht, der Euch nach Satans heil’gem Recht erbringt den Preis, der Euch gebührt. Es sei nach alter Tradition Euch eine Jungfrau zugeführt. Als Geste der Admiration, von Eurem untertän’gen Sohn.« Dann richtete er sich wieder auf, um beflissen auf den Sarg zu deuten. Seine Stimme zerfloss in falschem Honig, als er nun weitersprach. »Sie ist ein ganz besond’rer Bissen. Man hätt’ die Maid uns schier entrissen. Sie stand unter Narrandas Schutz. Doch boten wir den Gold’nen Trutz. Fein, zart und rein das Mägdlein ist, ganz unberührt und ungeküsst …«
Das unheimliche Auge Orcarrachts verengte sich. Unmissverständlich verdross ihn die lange Vorrede. Ein leises Fauchen schnitt dem Gehörnten das Wort ab und verursachte eine so heftige Bö, dass er und seine Begleiter ein ganzes Stück weggepustet wurden. Die schwarzen Umhänge der Todestrommler flatterten wie Rabenflügel. Wellen schäumten hoch und ließen die Boote der Festgäste wild auf- und niederschaukeln. Höllisches Gekreische brach los, ein bezechter Hellc stürzte ins Wasser, ohne, dass sich jemand die Mühe machte, ihn wieder aufzufischen. Alle waren vollkommen mit sich beschäftigt. Und so bemerkte nur Josie, im Windschatten des Felsblocks gut geschützt, wie sich ein schwarzer verhüllter Mann über den Sarg beugte, als wolle er ihn vor dem Sturm bewahren.
Als endlich wieder Ruhe herrschte, trat Dykeron vor und hob beschwichtigend die Hände. »Verzeiht das lange Fabulieren, ich werd’ die Maid vitalisieren und …«
Paralysiert starrte Josie auf die schaurige Bühne. Der Drache, dem schon Speichel aus dem Maul tropfte, schob drohend den Hals vor, was seinen geschwätzigen Diener jäh verstummen ließ. Eilfertig wandte sich der Statthalter Dorchadons dem Glassarg zu. Ein teuflischer Zug, die sadistische Lust, jemandem Schmerz zuzufügen, verzerrte sein ohnehin abstoßendes Gesicht zu einer furchterregenden Grimasse, während das Publikum in den Booten mit stummer Häme verfolgte, was als Nächstes geschehen würde.
Nun beugte sich Dykeron nieder, wobei die Quaste seines räudigen Schwanzes schaurig aus dem Umhang ragte, und zog mit einem Ruck den Eiszapfen aus Amys Brust. Für einen endlosen Augenblick schien die Zeit in Blei gegossen.
Dann schlug Amy die Augen auf.
Josie musste an sich halten, um nicht zu ihr hinzulaufen. Ihr gefror der Atem, als Dykeron Amy jetzt grob bei den Händen packte und mit grausamem Spott in der Stimme flötete: »Wach auf, du schöne, süße Maid! Es ist nun Zeit, mach dich bereit!«
Amy, noch ganz benommen vom eisigen Schlaf, drehte angeekelt den Kopf weg – und blickte in das begierig funkelnde Auge des Drachen. Ein markerschütternder Schrei platzte aus ihrer Kehle. Josies Stirnader klopfte wie ein Presslufthammer. Was, wenn die Kussnummer nicht funktionierte? Hatte Arthur Amy die Drachenfibel anstecken können? Und würde die Fibel das gar nicht Auszudenkende verhindern können? Sie presste die Hände zu stählernen Fäusten. Glücksdrache, verlass uns nicht!
Amys Schrei beschwor ein sardonisches Lächeln auf Dykerons Gesicht. Die langen Finger wie Eisenfesseln um Amys zarte Handgelenke gelegt, zerrte er sie gewaltsam hoch. Ihre verzweifelte Gegenwehr beantwortete er mit höllischem Gelächter. Der Widerstand seines Opfers schien seine Freude an dem barbarischen Akt nur anzuheizen. Rüde riss er Amy aus dem Sarg und präsentierte sie dem Drachen mit dem Stolz eines Metzgers, der sein bestes Stück Fleisch anpreist.
»Sie ist ein wahrer Teufelsbraten, schlank an Gestalt und wohlgeraten. Ich offerier’ Euch als Tribut dies ganz besonders süße Blut.«
Die Ringe in dem Drachenauge rotierten in fiebernder Begierde. Eimerweise floss Sabber aus dem breiten Maul des Scheusals und bildete ekelhafte Schleimpfützen auf dem Felsboden. Dykeron, der das Leid seines Opfers gern noch länger ausgekostet hätte, wagte es nicht, Orcarracht noch länger hinzuhalten. In einer überraschenden Bewegung warf er Amy dem Drachen vor, wie man einem gefährlichen Raubtier seine Mahlzeit hinschleudert. Amy knallte hart auf und blieb leblos liegen. Josie ließ einen Schrei des Entsetzens los, der in den begeisterten Zurufen der Zuschauer unterging.
Der Drache beugte den scheußlichen Kopf über
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