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Das Vermächtnis der Feen (German Edition)

Das Vermächtnis der Feen (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Feen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Endres
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ehe sie recht begriff, wie ihr geschah, steckte sie fest. Shit, sie hatte sich ablenken lassen! Von Sekunde zu Sekunde wurde ihr eng und enger. Das Atmen fiel ihr schwer. Hier kam sie nicht mehr raus. Sie war verloren  – in Stein und Mörtel. Jede Faser ihres Seins  – ein Hilfeschrei.
    »Wenn Ihr das Fatale denkt, kann der Zauber nicht gelingen«, drang eine ruhige, ernste Stimme in das Chaos ihrer Gedanken. »Nur Zuversicht und fester Glaube wird Erfolg Euch bringen.«
    Ihr verzweifelter Blick traf auf ein handgroßes Geschöpf mit einem Mantel aus schwarzen Federn, das, ihr genau gegenüber, auf einem Feuerlöscher saß. Das musste der Vogelmann mit dem seltsamen Namen sein, den sie bisher nur als Amsel kannte. Urplötzlich war sie sicher, dass sie gerettet war, und ebenso urplötzlich gab die Materie, die sie gefangen hielt, ihren Körper frei. Taumelnd entstieg Amy der Wand. Das Vogelwesen verneigte sich.
    Die Reisetasche glitt zu Boden. Amy presste beide Hände an den Brustkorb und japste nach Luft.
    »Bist du  … ?«
    »Druid Dubh  – Ihr seid im Bilde«, sagte der Vogelmann ruhig. »Der Hilferuf klang durchs Gefilde. Die Fibel tat, was Ihr gedacht. Magie gehorcht der Worte Macht.«
    Amy fühlte sich so ausgelaugt, als hätte sie einen Marathonlauf hinter sich. Entgeistert drehte sie sich um. Die Wand schien unverändert. Der pastellgrüne Farbanstrich des Hausgangs war abgeblättert wie eh und je. Nichts wies darauf hin, dass soeben ein Mädchen mit einer großen Reisetasche hindurchgetreten war. Als sie sich wieder umwandte, um sich bei Druid Dubh zu bedanken, war der geheimnisvolle Bote Narrandas verschwunden.
     
    Da Amy sich nicht traute, in die Wohnung zurückzukehren, blieb sie an diesem Abend bei Josie. Weil sie ohnehin in den frühen Morgenstunden einchecken mussten, war es so auch viel einfacher, pünktlich zum Flughafen zu kommen.
    »Es ist gut, dass du endlich eine Freundin gefunden hast!«, sagte Dr. Thaddäus Stark zu seiner Tochter, als Amy im Bad war. »Sie scheint mir weitaus mehr als eine Freundin zu sein – geradezu unheimlich viel mehr.«
    Josie, die gerade ein zusätzliches Kissen und eine Decke aus einem Wandschrank zerrte, lächelte ihm glücklich zu. »Ja, das ist sie!«
    Ihr Vater drehte sich zum Fenster und blickte abwesend auf die nächtliche Straße. »Dabei habe ich das Genmaterial eigenhändig geprüft und es zur Sicherheit noch von einem meiner Studenten analysieren lassen. Mit demselben Ergebnis, einem Ergebnis, das es nach den Regeln der Wissenschaft einfach nicht geben kann.«
    Josie, die eben die Couch aufklappte, sah hoch. »Vielleicht gibt es ja Dinge, die sich wissenschaftlich noch nicht erklären lassen.«
    Taddy nickte bedächtig. »Quantenphysik«, murmelte er. »Es gibt auch in der Quantenphysik unvorhersehbare Ereignisse. Was hat Einstein gesagt? – Gott würfelt nicht!« Kopfschüttelnd zog er sich in sein Zimmer zurück.
     
    Eine halbe Stunde später lagen zwei Mädchen auf der Schlafcouch. Eines von ihnen schlief schon. Das andere lag wach. Josie stützte den Ellbogen auf. In dem spärlichen Licht, das von der Straße durch die Vorhänge sickerte, betrachtete sie Amys blasses Gesicht. Wie konnte sie nach einem derart aufwühlenden Erlebnis nur so ruhig schlafen?
    Sie kringelte behutsam eine von Amys schwarzen Locken um den Zeigefinger. Ihr Haar fühlte sich an wie ihr eigenes, fest und etwas störrisch. Morgen schon würde ihr gemeinsames Abenteuer beginnen, ein höchst beunruhigendes und ungewisses Abenteuer, das sie allein niemals wagen würde. Ein tiefes Gefühl der Dankbarkeit erfüllte sie, Dankbarkeit, dass Amy da war, in ihrem Leben war. Eine Gefährtin, eine Freundin – eine Schwester.

 
    2
Eirinn

     
     
    Arkadiens Waldungen sind tot,
    Ihr alter Frohsinn ist vorbei;
    Einst war der Welt das Träumen Brot;
    Von grauer Wahrheit blieb nur Tändelei;
    Noch fiebert sie, die niemals ruht –
    Doch o krankes Weltenkind,
    Von all den wandelbaren Dingen,
    Die müd vorbeigewirbelt sind
    Zu Chronos’ brüchigen Gesängen,
    Sind nur Worte sich’res Gut.
     
    WILLIAM BUTLER YEATS
    (1865–1939), irischer Dichter*

 
    Das Flugzeug setzte mit einem Ruck auf dem Rollfeld auf, Bremsen quietschten ohren- und nervenbetäubend wie Kreide auf einer Tafel, nur unendlich viel lauter. Unwillkürlich griff Josie nach Amys Hand.
    »Sehr geehrte Fluggäste, herzlich willkommen in Dublin. Bitte bleiben Sie noch angeschnallt sitzen, bis wir die endgültige

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