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Das Vermächtnis der Feen (German Edition)

Das Vermächtnis der Feen (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Feen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Endres
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und ich stecken längst volle Pulle drin. Und ich kapier einfach nicht, wieso.«
    Moma griff nach ihrer Hand. »Fühlst du dich schon stark genug, uns zu erzählen, was passiert ist?«
    »Ich versuch’s.« Und während die Blicke der beiden Erwachsenen gespannt auf ihr ruhten, begann sie zu erzählen. Von Anfang an. Von den mysteriösen Begegnungen mit der Amsel, von der Verwandlung des Vogels in Druid Dubh. Wie sie scheinbar zufällig Amy begegnet war, von Ednas dramatischem Verschwinden und von den Fibeln, die purpurrot leuchteten, als sie sich damit stachen. Auch was Druid Dubh zu ihr gesagt hatte, versuchte Josie, soweit sie es noch wusste, wiederzugeben.
    An dieser Stelle horchte der Professor auf. »Das Erbe, das rechte Erbe«, murmelte er.
    Als sie dann zu der Stelle kam, da Amy und sie das Taxi bestiegen hatten, raubte ihr das Grauen wieder den Atem und sie kämpfte mit den Tränen. Die noch allzu greifbaren Bilder rissen sie in die schaurige Nacht zurück. Stockend, doch so genau es ihr nur möglich war, beschrieb sie, was sie gesehen hatte.
    Ihre Großmutter war von Minute zu Minute blasser geworden. »Diese Reiter«, flüsterte sie, als wage sie es nicht, dem Schrecken einen Namen geben. »Die Todesreiter – die Wilde Jagd.«
    O’Reardon blickte sie betroffen an. »Sechsbeinige Pferde, die schwarzen Reitsäue. Zweifelsohne die Horden des Schwarzen Reichs.«
    Die offensichtliche Bestürzung ihrer Zuhörer war Öl ins Feuer Josies eigener Ängste. Amys Schrei hallte wie ein tausendfaches Echo durch ihren Schädel. Sie holte tief Luft, als könne sie die schrecklichen Bilder wegatmen, und presste mit erstickter Stimme hervor: »Werde ich Amy wiedersehen?«
    Der alte Professor registrierte das Entsetzen in Josies Augen. Sichtlich um ein tröstendes Lächeln bemüht, nickte er ihr zu. »Daran darfst du niemals zweifeln!«
    Er setzte die Brille wieder auf und beugte sich über das noch immer aufgeschlagene Buch auf seinen Knien. »Lass mal sehen, was Caliesin weiter zu sagen hat.« Mit einem kleinen Hüsteln begann er. »Was hab ich zuletzt vorgelesen …? – Ach ja, das hier: ›Und bis zum Untergang der Welten Wehklagen in den Äther steigt. – Doch ist das Glück ein Wandeltier, der Ausgang ist noch nicht entschieden. Denn menschlich’ Herz, begabt mit rechtem Erbe, vermag Errettung bringen. Dass Gut und Bös, die Mächte, die sich ewig streiten, im Gleichmaß ihrer Kräfte bleiben.‹«
    Während er las, fühlte Josie eine Hilflosigkeit, die ihr den Magen umdrehte. Mit der Schlagkraft eines Meteoriten überwältigte sie die Gewissheit, gemeint zu sein. Das unbeschreiblich beängstigende Gefühl, Teil eines nebulösen Plans zu sein, für den sie seit Urzeiten bestimmt war.
    »Das rechte Erbe«, wiederholte O’Reardon ernst und lehnte sich zurück. »Hier drin steht diese seltsame Wendung. Wortwörtlich.«
    »Das rechte Erbe?«, sagte Moma. »Hängt es vielleicht damit zusammen, dass mein Schwiegersohn anhand der Gentests herausgefunden hat, dass Edna und ich Halbschwestern sind?« Sie wippte nervös mit den Füßen. »Womit ja auch Amy und Josie verwandt sind. Es ist zwar wirklich ein unglaublicher Zufall, dass Josie ausgerechnet auf Amy getroffen ist – noch dazu in einer Stadt wie Chicago. Aber was hat das mit Narranda und Dorch…?«
    »Dorchadon«, half ihr der Professor.
    »Danke. – Was hat das alles mit Narranda und Dorchadon zu tun?«
    Aaron O’Reardon zuckte unschlüssig mit den Schultern. »Das weiß ich nicht. Noch nicht. Aber ich bin sicher, wir werden es noch erfahren.«
    Moma rieb sich die Schläfen. »Was Josie erzählt hat, hört sich an wie eine wilde Fantasie – ein fürchterlicher Traum.« Sie griff nach der Hand ihrer Enkelin. »Nicht dass ich dir nicht glauben würde, Schatz. Aber wir haben eine große Verantwortung Amy gegenüber. Ich denke, wir müssen die Polizei einschalten.«
    Josies Pupillen weiteten sich. »Was soll ich denen denn erzählen? Die schaffen mich doch sofort in die Psychiatrie. Und tun können die überhaupt nichts – ebenso wenig wie nach Ednas Verschwinden.«
    Der alte Professor strich sich nachdenklich über den Bart. »Da ist was dran. An beidem. Einerseits hast du recht, Dorothy. Andererseits – das hier ist kein Fall für weltliche Mächte.«
    Moma blickte den Professor zweifelnd an. »Oder wir sind alle auf dem besten Weg, die Wirklichkeit zu verlassen und uns in ein gemeinsames Trugbild hineinzusteigern?«
    O’Reardon hob die Augenbrauen.

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