Das Vermächtnis der Feuerelfen
allein die Hoffnung auf ein Wunder...
Finearfin wusste, dass sie zu Heylon und Durin hinuntergehen und die Luke hinter sich schließen musste, zögerte den Augenblick aber noch ein paar Atemzüge hinaus. Sie hatte in ihrem Leben schon viele Schrecken gesehen und so manches Abenteuer durchgestanden, aber dieser Sturm übertraf alles. Finearfin hatte keine Worte für das, was sie empfand. Sie wusste nur, dass sie noch niemals eine solche Todesangst ausgestanden hatte.
Mit einer Mischung aus Furcht und Bewunderung beobachtete sie, wie zwischen den Händen des Schwarzen ein Licht entflammte, das rasch größer wurde und schließlich zu einer riesigen leuchtenden Kugel anschwoll, die das ganze Schiff umschloss.
Magie!
Zuckende Blitze, die von den Händen des Elfen in alle Richtungen zum äußeren Rand der Kugel züngelten, hielten den Zauber aufrecht und verhinderten, dass Wind und Wellen das Boot erreichten.
»Finearfin, schnell!« Durins Kopf erschien in der Öffnung. Sein Gesicht war von Furcht und Sorge gezeichnet. »Wir müssen die Luke von innen verriegeln.«
»Vielleicht nicht. Sieh nur.« Finearfin deutete zum Bug, wo der Schwarze unerschütterlich die Stellung hielt.
»Unglaublich.« Durin trat neben sie. »Er ist so wenig ein Elf wie Saphrax eine Raubmöwe - hab ich re…?«
»Bei den Göttern! Festhalten!« Finearfins Ruf schnitt ihm das Wort ab. Beide stürzten vor und klammerten sich am Steuerrad fest. Keinen Wimpernschlag zu früh, denn im gleichen Moment donnerten die Wassermassen mit einem furchtbaren Krachen gegen das Fischerboot. Der Schwarze wankte, die Blitze wurden schwächer, aber die Kugel hielt. Das Wasser war nun überall. Neben, unter und über ihnen. Es gab keinen Ozean mehr und keinen
Himmel, nur finsteres Wasser und einen Sturm, der die Magie mit wütender Urgewalt zu durchbrechen versuchte.
»Halte durch!« Über das Tosen und Heulen des Sturms hinweg hörte Finearfin Durins Stimme. Sie spürte seine Furcht und das bange Hoffen, dass alles glimpflich ausgehen möge.Aber noch war nichts überstanden. Dies war kein Sturm, der kam und vorüberzog. Dieses Unwetter, dieser Willkommensgruß von Nimeye, hatte es auf sie abgesehen wie ein blutrünstiger Nachtmahr auf seine Beute.
Die Wassersäule hatte das Schiff in sich aufgenommen und tobte nun wie ein zorniges Kind, weil sie es nicht zerstören konnte. Wie ein Ball wurde die Kugel mit dem Schiff hin und her geschleudert, wurden Regen und Hagelstürme gegen die magische Barriere geworfen und brandeten turmhohe Wellen darüber - vergeblich.
Im Innern der Kugel war das Wasser ruhig. Sturm und Regen erreichten das Fischerboot nicht. Was auch immer geschah, zu keiner Zeit drohte das Schiff zu kentern. Sie waren in Sicherheit, solange die magische Hülle hielt.
»Es... es hält!« Ein vorsichtiges Lächeln zeigte sich auf Durins Gesicht. »Wir schaffen es.«
Finearfin dachte dasselbe, wagte aber nicht, es laut auszusprechen. Zu groß war die Sorge um das Wohl des Schwarzen, der ihr gestanden hatte, dass seine Kräfte schwanden, und zu stark das Gefühl, dass dies noch nicht alles war.
»Was ist los?« Zögernd traute sich auch Heylon wieder an Deck.
»Der Schwarze ist ein Magier«, erklärte Durin ehrfürchtig. »Unglaublich, wie er den Sturm von unserem Schiff fernhält.«
»Wirklich?« Heylon schloss die Luke hinter sich und trat neben Durin. »Das ist ja wunderbar. Ich dachte schon, wir müssen alle...« Weiter kam er nicht. Ein gleißender roter Blitz schlug wie ein tödliches Fallbeil mitten in die Kugel ein und ließ das Boot
erzittern. Die Wucht des Einschlags schleuderte den Schwarzen zu Boden. Die Verbindung zwischen ihm und der Kugel wurde unterbrochen. Das Licht erlosch.
»Unter Deck, schnell!« Durins Warnung kam zu spät. Noch während er sich bückte und nach der Luke griff, stürzten die Wassermassen von allen Seiten auf das Schiff ein, zerschmetterten Masten und Aufbauten und rissen alles mit sich, was nicht festgezurrt war. Finearfin sah den Bug zersplittern und den Schwarzen in der schäumenden Gischt verschwinden. Dann wurde sie selbst Teil des tosenden Wassers. Sie verlor den Boden unter den Füßen und spürte, wie das Wasser mit ihr spielte wie mit einer Puppe. Die ungeheure Strömung zerrte an ihrem Gewand. Eisiges Wasser durchnässte sie und nahm ihr den Atem. Hoch hinauf wurde sie getragen, immer höher und höher, inmitten von Hunderten Trümmern, die einmal das Fischerboot gewesen sein mussten.
Einmal sah sie
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