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Das Vermächtnis der Feuerelfen

Das Vermächtnis der Feuerelfen

Titel: Das Vermächtnis der Feuerelfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Ausguck der erlösende Ruf: »Straße voraus! Sie öffnet sich!«
    Sofort waren Wut und Furcht vergessen. Alle reckten die Hälse und liefen an die Reling, um das Wunder mit eigenen Augen zu sehen.
    Auch Caiwen spähte voraus. Und wirklich: Unmittelbar vor ihnen schien der Rauch dünner zu werden. Kleine Wellen kräuselten das Wasser und schoben die Flammen nach rechts und links, bis ein breiter Korridor entstand. Es war eine beeindruckende Demonstration der Macht, die ihre Großmutter besaß, und ein weiterer Grund dafür, dass Caiwen sich fürchtete.
    Wie soll ich gegen eine Magierin bestehen, die so mächtig ist, dass ihr sogar das Feuer gehorcht? Was habe ich ihr entgegenzusetzen, jetzt, da ich weiß, dass ich mit einer Weigerung Heylons Leben aufs Spiel setze?
    Caiwen biss sich auf die Unterlippe, während sie beobachtete, wie sich hinter der Wand aus Rauch die Umrisse einer Insel abzeichneten, die aus drei Bergen zu bestehen schien. Alle drei waren schwarz und kahl.Aus den Flanken stieg gelblicher Qualm auf, an anderen Stellen trat in dünnen glühenden Strömen Gesteinsmasse aus, die langsam talwärts floss und dabei allmählich erkaltete. Der höchste Berg in der Mitte besaß einen gewaltigen Krater, aus dem Unmengen weißen Dampfes in den Himmel stiegen.
    Die Annaha passierte die Straße des Feuers ohne Schaden und hielt auf eine natürliche Mole zu, die wie ein gewaltiger schwarzer Arm vom Fuß des größten Berges in den Ozean hineinreichte. Im ersten Moment glaubte Caiwen, die Mole sei verlassen, dann erkannte sie ihren Irrtum. Ganz vorn am Kopf der Pier stand einsam eine verhüllte Gestalt.
    »Ich wusste, dass sie unsere kostbare Fracht nicht verbrennen lässt, nachdem sie fünfzehn Winter darauf gewartet hat.« Der Kapitän
hatte seine Haltung wiedergefunden und tat, als hätte er zu keiner Zeit an Nimeyes Zuverlässigkeit gezweifelt. Mit selbstzufriedenem Lächeln gab er dem Steuermann den Befehl, beizudrehen und die Pier in einem Bogen anzulaufen.
    Schweigend verfolgte Caiwen, wie die Mole näher kam. Bei genauerem Hinsehen war gut zu erkennen, dass die Pier einst ein Lavastrom gewesen sein musste, der im Meer erkaltet und von den Elfen bearbeitet worden war. Eine senkrecht behauene Fläche an der Spitze der Mole erlaubte es der Annaha, mit der Breitseite anzulegen und das Schiff an den dicken Felsnasen zu vertäuen, die zu diesem Zweck aus dem Vulkangestein herausgeschlagen worden waren.
    Die ganze Zeit über stand Nimeye auf der Pier und rührte sich nicht. Caiwen spürte, dass sie sie anschaute, erwiderte den Blick aber nicht. Sie wusste nicht, was geschehen würde, wenn sie der fremden Frau in die Augen sah, und zögerte den Moment so lange wie möglich heraus.
    Dann war es so weit. Die Matrosen legten die Planke vom Schiff zur Pier und der Kapitän packte sie am Arm. »Wir sind da«, sagte er knapp. »Komm mit.«
    Caiwen folgte ihm wie ein Lamm zur Schlachtbank. Was hätte sie auch tun sollen? Ringsum gab es nichts als Wasser und Feuer. An Flucht war nicht zu denken. Für sie gab es nur einen Weg und diesen hatte das Schicksal fünfzehn Winter zuvor für sie bestimmt …
     
    Als sie den Fuß auf das Vulkangestein setzte und Nimeye gegenübertrat, stellte sich eine erwartungsvolle Stille ein, die nur durch das leise Plätschern der Wellen gebrochen wurde. Unter dem von gelben Wolken verhangenen Himmel standen sich das Mädchen vom Riff und die verbannte Hohepriesterin wie Schatten aus verschiedenen Welten gegenüber.
    »Da bist du ja endlich.« Nimeye machte einen Schritt auf Caiwen
zu, strich ihr sanft über das Haar und lächelte. »Nach all den Wintern...« Sie stockte, als würde sie erst jetzt bemerken, dass Caiwen gefesselt war. »Was soll das?«, herrschte sie den Kapitän an. »Sie ist die Tochter meiner Tochter und ihr behandelt sie wie eine Gefangene? Bindet sie los. Sofort.«
    »Verzeiht, aber sie weigerte sich mitzukommen.« Der Kapitän gab einem der Männer ein Zeichen, die Stricke zu lösen.
    Was immer Caiwen von Nimeye erwartet hatte, das gewiss nicht. Sie spürte, wie das Blut prickelnd in ihre Hände zurückfloss, und knetete die Finger, um den Schmerz zu lindern.
    »Na also.« Nimeye zeigte wieder ihr strahlendes Lächeln. »Es geht doch. Wie fühlst du dich, mein Kind? Sie waren doch gut zu dir - oder?«
    Caiwen antwortete nicht. Die Art, wie ihre Großmutter sie begrüßte, verwirrte sie und wollte so gar nicht zu dem Bild der herrschsüchtigen und skrupellosen Frau passen,

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