Das Vermächtnis der Feuerelfen
gewütet hatte. Der Himmel war blau, die dunklen Wolken hatten sich in nichts aufgelöst. Nur vereinzelte Trümmer auf dem ruhigen Wasser kündeten noch von dem Fischerboot, das hier vor wenigen Augenblicken zerschmettert worden war.
»Na, also.« Auf dem Gesicht der Hohepriesterin zeigte sich ein zufriedenes Lächeln. »Der alte Narr und seine törichten Begleiter werden uns nicht mehr stören.«
Im Höhleneingang waren Schritte zu hören, die abrupt innehielten. »Was zum...?«
Nimeye drehte sich um und erkannte den Befehlshaber der Wache, der erschüttert vor dem getöteten Elfen stand. »Lorcann, du kommst gerade recht. Lass ihn fortschaffen, der Gestank ist unerträglich«, befahl sie mit einer knappen Handbewegung.
Lorcann fühlte sich sichtlich unwohl. »Er... er sollte Euch ausrichten, dass die Annaha auf den Feuergürtel zutreibt und auf Einlass wartet«, versuchte er sich an einer Erklärung. »Er hatte den strikten Befehl, sich nicht abweisen zu lassen, da die Zeit drängt und der Wind das Schiff in die Flammen zu treiben droht.«
»So?« Nimeye zog erstaunt eine Augenbraue in die Höhe. »Davon hat er nichts gesagt.« Ohne den Toten auch nur eines Blickes zu würdigen, verließ sie die Höhle und eilte zum Hafen.
BRENNENDES WASSER
M an hatte Caiwen wieder gefesselt und an Deck geschafft, weil es im Innern des Schiffes unerträglich heiß wurde. Nun stand sie zwischen dem Kapitän und dem Ersten Offizier auf der Brücke der Annaha und schaute gebannt auf die Flammen und den schwarz-gelben Rauch, der nur eine Pfeilschussweite von dem Schiff entfernt über dem Wasser aufstieg.
Hier war es, das brennende Wasser, das die Feuerinsel wie eine Schutzmauer umschloss, die kein Schiff überwinden konnte, ohne in Flammen aufzugehen. In Gesprächen mit den Matrosen hatte Caiwen erfahren, dass die Annaha trotz dieser Barriere schon oft vor der Feuerinsel vor Anker gegangen war. Es hieß, dass Nimeye in der Lage sei, dem Feuer zu gebieten und einen Korridor zu schaffen, den das Schiff gefahrlos passieren konnte. Von so einer Straße war allerdings noch nichts zu sehen.
Schon früh hatte die Mannschaft die Segel gerefft. Der durchdringende Ton eines Signalhorns hatte den Elfen auf der anderen Seite ihre Ankunft verkündet und der dumpfe Laut eines Muschelhorns hatte ihnen geantwortet. Seitdem glitt die Annaha in gemächlicher Fahrt auf das brennende Wasser zu.
Dennoch schien nicht alles so zu laufen, wie der Kapitän es sich erhoffte. Je weiter sie sich dem lodernden Ring näherten,
desto nervöser wurde er. Caiwen spürte seine Anspannung und sah, wie sich seine Hände um die Reling krampften, während er den Blick so starr auf das Inferno vor ihm gerichtet hielt, als genüge allein die Kraft seiner Gedanken, um das ersehnte Tor zu öffnen.
»Hätte die Straße des Feuers nicht längst auftauchen müssen?« Der Erste Offizier sprach aus, was alle an Bord bewegte. Obwohl von der Wintersonne gebräunt, war sein Gesicht blass und von tiefer Sorge gezeichnet.
»Sie wird sich jeden Augenblick zeigen.« Der Kapitän gab sich zuversichtlich, aber es klang nicht wirklich überzeugt. Wie Caiwen musste auch er das erregte Gemurmel der Mannschaft hören, die sich an Deck drängte und immer unruhiger wurde.
Die Annaha war dem brennenden Wasser schon sehr nahe, aber noch immer erschien keine Lücke in der Feuerwand.
»Kapitän!« Auf der Stirn des Ersten Offiziers standen Schweißperlen, die nicht von der Hitze stammten. »Wir sollten das Ruder...«
»Wir sollten gar nichts«, schnitt der Kapitän ihm barsch das Wort ab. »Sie wissen, dass wir kommen, und werden uns einlassen.«
»Aber...« Der Erste Offizier keuchte.
»Kein Aber! Wir halten den Kurs!«
Das Feuer war jetzt so nahe, dass Caiwen das Fauchen der Flammen hören konnte.
»Ihr Götter steht uns bei. Wir werden alle verbrennen!« Der Aufschrei eines Matrosen ließ Panik unter der Mannschaft ausbrechen. Alle riefen durcheinander und forderten einen sofortigen Kurswechsel. Einige versuchten, auf die Brücke zu gelangen, aber die Wachtposten zückten ihre Schwerter und versperrten ihnen den Weg.
Caiwen spürte, wie die Stimmung umschlug. Das bange Entsetzen der Mannschaft, die bis eben noch auf eine Wendung zum
Guten gehofft hatte, entlud sich in zornigem Geschrei und wilder Raserei. Ein Messer kam aus der Menge geflogen und bohrte sich unmittelbar neben dem Kapitän in die Reling, doch gerade als die Lage außer Kontrolle zu geraten drohte, ertönte vom
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