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Das Vermächtnis der Feuerelfen

Das Vermächtnis der Feuerelfen

Titel: Das Vermächtnis der Feuerelfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Heylon gemacht hatten. Die Inschrift auf dem Brett ging ihr nicht aus dem Kopf.

    Du hattest eine Schwester.
    Heylon hatte ausgesprochen, was auch sie glaubte, seit er ihr die Inschrift vorgelesen hatte. Aber warum hielten ihre Eltern das vor ihr geheim? Warum?
    Auf dem Riff war es nicht ungewöhnlich, dass Neugeborene starben. Caiwen kannte viele, die tote Kinder zu beklagen hatten. In den zwei Wintern, die sie nun schon bei Armide die Heilkunst erlernte, war Caiwen schon mehrfach Zeuge der Aussichtslosigkeit geworden, mit der sich ihre Lehrmeisterin dem Tod entgegenzustellen versuchte. Oft wachte die Heilerin von einem Sonnenaufgang zum nächsten an der Seite eines Erkrankten, um am Ende einsehen zu müssen, dass ihre Mittel wieder nicht ausgereicht hatten, sein Leben zu retten. Wenn es ihr gelang, den Tod zu überlisten, war die Freude umso größer.
    Das ewige Ringen mit Siechtum und Krankheiten bestimmte das Leben auf dem Riff, und Caiwen hatte gelernt, es als Teil ihres Schicksals anzunehmen.
    Niemand, der einen Angehörigen verloren hatte, machte daraus ein Geheimnis - niemand außer ihren Eltern.
    Warum haben sie es mir nicht gesagt?
    Caiwen wusste, außer ihren Eltern konnte ihr nur eine Antwort darauf geben: Armide.
    Sie hatte die Hütte fast erreicht, als die Tür geöffnet wurde und die Heilerin ins Freie trat. Sie trug ihren warmen Mantel und vortreffliches festes Schuhwerk, wie es nur selten angespült wurde. Das ergraute Haar wurde von einem Kopftuch bedeckt. In der Hand hielt sie zwei Körbe aus geflochtenem Nebelgras, von dem sie Caiwen einen mit den Worten »Wurde auch Zeit, dass du kommst« reichte. Caiwen öffnete den Mund, aber Armide war schon an ihr vorbei und eilte mit schnellen Schritten auf die Klippen zu, ohne sie auch nur eines Blickes zu würdigen. Caiwen schaute ihr verwundert nach, dann folgte sie ihr. Es war das erste Mal, dass sie ihre Lehrmeisterin wirklich verärgert erlebte.

    Den ganzen Weg hinunter zum Strand sprach Armide nicht ein einziges Wort. Caiwen versuchte zweimal, sie anzusprechen, erntete aber nur Schweigen. Die Stimmung war so angespannt, dass Caiwen glaubte, sie mit den Händen greifen zu können. Je länger sie darüber nachdachte, desto mehr wurde ihr bewusst, wie leichtfertig sie am Morgen gehandelt hatte. Sie hatte gewusst, wie selten die Höhle zugänglich war und wie wichtig die Algen für die Bewohner des Riffs waren. Armide hatte ihr am Abend zuvor unmissverständlich klargemacht, dass sie pünktlich sein musste, aber sie hatte ihre eigenen Interessen kurzerhand für wichtiger erklärt, obwohl sie das Grab auch noch später am Tag hätte aufsuchen können.
    Jetzt war die Heilerin von ihr enttäuscht, und Caiwen ahnte, dass es schwer sein würde, den Fehler wiedergutzumachen. Sie schämte sich und ärgerte sich über ihre Gedankenlosigkeit.
    Armide erreichte das Ende des langen Abstiegs mit seinen dreihundertdreiundvierzig Stufen als Erste, schwenkte nach rechts und setzte den Weg am Stand fort. Caiwen folgte ihr. Sie war noch nie in der Höhle gewesen und hatte sich gefreut, dass Armide sie nun auch in dieses Geheimnis ihrer Arbeit einweihen wollte. Es hätte ein harmonischer Ausflug werden können, aber nun hatte sie alles verdorben.
    Betrübt ließ Caiwen den Blick über den Strand und den Ozean schweifen, der an diesem Morgen so ruhig dalag wie sonst fast nie. Eine Handvoll Raubmöwen suchte im flachen Wasser zwischen Schiffstrümmern, Brettern und algenbewachsener Takelage nach Muscheln und Krebstieren, während weiter draußen drei Felstölpel auf den seichten Wellen schaukelten.
    »Die Felstölpel sind zurückgekehrt«, versuchte Caiwen zaghaft ein Gespräch zu beginnen. »Jetzt ist der Frühling nicht mehr fern.«
    »Ist es das, was dich heute Morgen so lange aufgehalten hat?«, fragte die Heilerin mürrisch. Caiwen antwortete nicht sofort.

    Armides Worte boten ihr die Möglichkeit für eine Entschuldigung, denn die Rückkehr der Felstölpel war immer ein Grund zur Freude und sorgte nicht selten für große Aufregung im Dorf. Es wäre ein Leichtes, die Gelegenheit zu nutzen und sich eine Ausrede auszudenken, die Armide versöhnte, aber Caiwen wollte die Heilerin nicht anlügen. »Nein«, gab sie zu. »Ich habe die Tölpel schon gestern Abend gesehen, aber noch niemandem davon erzählt.« Sie zögerte kurz. Dann nahm sie all ihren Mut zusammen und fuhr fort: »Ich bin zu spät gekommen, weil ich hinter unserer Hütte ein Grab entdeckt habe.«
    »Ein

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