Das Vermächtnis der Feuerelfen
Heylon brutal das Wort ab. »Caiwen wird alt werden, sehr alt. Viel älter, als du es dir vorzustellen vermagst. In den ersten Wintern gibt es kaum einen Unterschied zwischen Menschen und Elfen. Die Kinder beider Völker entwickeln sich gleich schnell und werden etwa zur gleichen Zeit erwachsen. Aber dann …« Er schaute Heylon vielsagend an. »Du wirst ein alter Mann sein, während sie immer noch so jung aussehen und voller Lebenskraft sein wird wie
heute. Was werden die Leute vom Riff wohl sagen, wenn der Schwindel auffliegt? Was werden sie mit Caiwen und ihren Zieheltern anstellen, wenn sie erkennen, dass sie viele Winter lang belogen wurden? Wenn sie herausfinden, dass Lenval gegen die heiligste aller Regeln auf dem Riff verstoßen hat? Werden sie sie verbannen? Oder töten?« Er machte eine Pause, um seine Worte wirken zu lassen, und fügte dann hinzu: »Caiwen weiß das. Sie hat verstanden, dass sie schon bald eine Gefahr für jene darstellen wird, die sie liebt.«
»Das … das wusste ich nicht.« Betroffen kam Heylon näher an das Feuer heran. »Was bin ich doch für ein Narr. Ich habe gelesen, dass Elfen sehr alt werden können. Aber irgendwie habe ich es bisher nicht mit Caiwen in Zusammenhang gebracht.«
»Wir alle übersehen mal etwas«, lenkte Durin ein. »Besonders wenn wir selbst Probleme am Hals haben.«
»Hat Caiwen dir davon erzählt?«, fragte Heylon, aber es klang nicht so, als wäre es ihm unangenehm. »Ich meine, von der Sache mit meinem Vater und dass sie mich verbannen wollen?«
»Ja, das hat sie.« Durin nickte. Hoffnung flackerte in Heylons Blick auf, und er sagte: »Dann hat sie dir sicher auch gesagt, dass ich sie begleiten will. Dass ich es hier nicht länger aushalte und …«
»Du kannst sie nicht begleiten«, herrschte Durin ihn an, mäßigte sich dann aber und fuhr etwas sanfter fort: »Caiwen hat mich gebeten, dich mitzunehmen. Aber sie hat eingesehen, dass es nicht geht. Hat sie dir das nicht gesagt?«
Heylon antwortete nicht sofort. Abwesend starrte er zu Boden, als hätte er Durins Worte gar nicht gehört. »Doch«, sagte er schließlich kleinlaut und seufzte. »Doch, das hat sie.«
»Gut.« Durin atmete auf. Es war nicht leicht gewesen, Caiwen zu überzeugen, und er hatte keine Lust, dasselbe Gespräch noch einmal zu führen. »Solange wir nicht wissen, ob die Tamoyer sich noch an den Schwur des alten Königs gebunden fühlen, ist es für
dich viel zu gefährlich, sie zu begleiten. Sobald Caiwen sicher ist, dass man euch nicht mehr verfolgt, wird sie alles daran setzen, ein Schiff zum Riff zu schicken, das euch nach Tamoyen bringt.«
»Aber …«
»Kein Aber. Du weißt, was auf dem Spiel steht. Vertraust du Caiwen etwa nicht?«
»Ihr schon, aber …«
… dir nicht. Heylon sprach die Worte nicht aus, aber Durin las sie in seinem Gesicht. In diesem Augenblick wusste er, dass es allein seine Gefühle für Caiwen waren, die Heylon dazu drängten, die Insel zu verlassen. »Die Sorge um Caiwen ehrt dich«, sagte er und fügte hinzu: »Ich verspreche dir, ihr wird kein Leid geschehen. Jene, die mich auf die Suche nach Caiwen schickte, ist eine begüterte Schiffseignerin, die nicht zögern wird, euch von hier wegzuholen, wenn …«
Draußen waren eilige Schritte zu hören. Ein Schatten fiel in den Höhleneingang und Caiwen stürmte herein: »Durin, da kommt ein …« Sie stutzte. »Heylon? Was tust du hier?«
»Nachsehen, wie es Durin geht.«
»Das ist nicht wahr.« Caiwen schüttelte den Kopf. »Du versuchst doch nicht etwa, ihn zu überreden, dich mitzunehmen?«, fragte sie, und Durin hörte den Anflug von Verzweiflung in ihrer Stimme, als sie, ohne eine Antwort abzuwarten, fortfuhr: »Was soll das? Ich habe dir doch erklärt, warum du mich nicht begleiten kannst. Jedenfalls jetzt noch nicht. Ich wünschte auch, es wäre anders. Warum machst du uns den Abschied so schwer, Heylon?«
»Weil ich ihm nicht traue!«, stieß Heylon hervor. »Du kennst ihn doch gar nicht. Woher weißt du, dass …?«
»Ich weiß es, Heylon! Ich weiß es einfach«, unterbrach Caiwen ihn so nachdrücklich, als spräche sie mit einem störrischen Kind. »Ich würde spüren, wenn er mich belügt. Außerdem hat er recht, wenn er sagt, dass meine Abstammung hier schon bald zu einer
Gefahr werden kann.« Sie seufzte erschöpft. »Es ist besser, wenn ich gehe, Heylon - für alle hier. Und es ist sicherer für dich, wenn du bleibst.«
»Aber ich will mitkommen«, rief Heylon aus. »Ich habe nichts
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