Das Vermächtnis der Jedi
Dookus Lektionen gewesen, die er nicht befolgt hatte. Qui-Gon hatte im Laufe der Jahre gelernt, dass Lebewesen komplizierter waren, als es eine solch einfache Formel zu umschreiben vermochte. Und er hatte gelernt, dass ein Leben ohne Freundschaft und ohne Vertrauen ein Leben in einer Galaxis bedeutete, in der er nicht leben wollte.
Aber hatten die Ereignisse seinem Meister nicht doch Recht gegeben?
Qui-Gon spürte die harte Bank, auf der er saß. Obi-Wan und er waren auf einem dicht besetzten Raumkreuzer unterwegs. Er hatte die Augen geschlossen. Obi-Wan lag neben ihm und nahm zweifellos an, dass Qui-Gon schlief. Er stellte sich hinter seinen geschlossenen Lidern vor, dass er die Geschwindigkeit des Schiffes spürte, mit der es zwischen den Sternen dahinschoss. Jeder Kilometer, der in einem Blitz vorbeihuschte, brachte ihn einer unbestimmten Zukunft näher.
Verrat sollte dich niemals überraschen.
Doch das tat es. Jedes Mal wieder.
Sein erster Padawan, den er so sehr gefördert hatte, hatte ihn verraten. Xanatos hatte sich der Dunklen Seite zugewandt, war sogar in den Tempel eingedrungen und hatte versucht, Yoda zu töten. Jetzt war Xanatos tot. Er hatte den Tod der Kapitulation vorgezogen, indem er von festem Boden in einen giftigen Tümpel auf seinem Heimatplaneten Telos gesprungen war. Qui-Gon war hinterhergesprungen, um ihn zu retten, obwohl er in seinem tiefsten Innern gewusst hatte, dass es bereits zu spät war. Er hatte den Mann Xanatos sterben sehen, dessen stechend blaue Augen voller Hass gewesen waren, doch gleichzeitig hatte er auch den Jungen gesehen, den er einst gekannt hatte, dessen blaue Augen voller Wissbegier gewesen waren, ein so viel versprechendes Wesen. Das hatte ihn verletzt, ihn mit Trauer erfüllt. Seit dem Zwischenfall waren Monate vergangen, doch für Qui-Gon war die Erinnerung noch so frisch, als wäre alles erst gestern geschehen. Hatte sein einstiger Padawan seine Ausbildung vergessen? Oder war Qui-Gon derjenige, der versagt hatte?
Sein zweiter Padawan, den er ebenfalls liebte, hatte ihn ebenfalls verraten. Obi-Wan saß jetzt neben ihm, doch Qui-Gon spürte nicht mehr die alte Harmonie zwischen ihnen. Obi-Wan hatte vor nicht allzu langer Zeit den Jedi-Orden verlassen, um sich einer Sache auf einem Planeten zu widmen, den sie zu retten versucht hatten. Qui-Gon erinnerte sich daran, wie er auf dem felsigen Boden von Melida/Daan gestanden und in den Augen seines Padawans etwas gesehen hatte, was er noch nie zuvor gesehen hatte: Trotz. Obi-Wan hatte sich Qui-Gons Anweisung zum Aufbruch widersetzt. Er war geblieben.
Obi-Wan hatte schließlich erkannt, dass er sich geirrt hatte. Er hatte alles daran gesetzt, um das wieder aufzubauen, was zwischen ihnen existiert hatte. Sie hatten sich auf einen langen Weg gemacht. Und das Ziel hieß Vertrauen.
Tahls missbilligendes Stirnrunzeln erschien vor seinem geistigen Auge. Ihr seid immer so dramatisch, Qui-Gon. Obi-Wan
ist ein Junge, der einen Fehler begangen hat. Macht ihn nicht für Euer Versagen bei Xanatos verantwortlich.
Tat er das?
Zeit Ihr braucht, hatte Yoda ihm geraten. Das ist alles.
Qui-Gon akzeptierte das. Aber wie viel Zeit war angemessen? Wann würde er es wissen? Und würde Obi-Wan seinen inneren Kampf spüren und ihn wegen seiner zögernden Haltung hassen?
Deine Schwäche ist dein Bedürfnis, dich mit der lebendigen Macht zu verbinden.
Qui-Gon erkannte die Wahrheit hinter diesen Worten. Er hatte Dookus Urteil nicht unberücksichtigt gelassen. Er versuchte, im täglichen Leben diese Verbindung im Gleichgewicht mit dem Weg der Jedi zu halten. Keine Bindungen. Er sah darin keinen Konflikt. Er sah es als eine großartige Wahrheit - dass er lieben, aber keinen Wunsch nach Besitztum haben durfte. Dass er vertrauen, denen aber nicht böse sein durfte, die ihn enttäuschten.
Vor allem Letzteres war seit kurzem etwas schwierig geworden.
»Wir machen einen Tankstopp«, sagte Obi-Wan und unterbrach damit seine Gedanken. Sie kehrten gerade von einer routinemäßigen Trainingsmission zurück und hatten keine Eile. »Es tut mir Leid, dass ich Euch störe, Meister, aber wollt Ihr aussteigen? Wir werden uns hier einige Stunden aufhalten.«
Qui-Gon öffnete die Augen. »Wo sind wir?«
»Auf einem Planeten namens Junction 5. Kennt Ihr ihn?«
Qui-Gon schüttelte den Kopf. »Lass uns aussteigen«, beschloss er. »Es wird uns gut tun, die Beine zu vertreten. Und ich wette, du könntest etwas Anständiges zu essen vertragen.«
»Mir geht
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